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Schneemann, Sepiafilter

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das magische auge

Der Schneemann-Crash von 1983

Tausende Kleinanleger mussten 1983 hilflos dabei zuschauen, wie sich ihr fest angelegtes Kapital verflüssigte. Banker fielen von den Dächern wie Eiszapfen im Frühjahr. Was man über Investitionen in schmelzbare Güter wissen sollte.

Von Elias Hirschl von Das magische Auge

Viele erinnern sich noch heute an die Finanzkrise von 2008, als der eine reiche Onkel in der Familie plötzlich anfing, einen per Mail um Geld anzubetteln. Völlig vergessen scheint darüber heute jedoch ein weiterer, nicht minder destruktiver Finanzcrash: Die große Schneemann-Krise von 1983. Die Wallstreet war bester Dinge, die Broker sneeften sich die Karriereleiter rauf, alles schien wie am Schnürchen zu flutschen. Doch jede Blase, ob Seifen-, Housing-, oder Krypto- muss früher oder später platzen. Und als schließlich im Frühjahr ‘83 das Tauwetter anbrach, herrschte an den Börsen plötzlich frostige Stimmung.

Hordon Hekko, seines Zeichens Mitbegründer des Marktes für Hochzinsanleihen und Hyperderivatenschwubsdiwubs - nur ein Jahr vor seiner Pensionierung und nur zwei Jahre vor seiner Verhaftung wegen Steuerhinterziehung - löste sich gerade wie jeden Morgen drei Aspirin in einem Espresso auf, als sich seine Kollegin Barbara Blankenshein plötzlich zur Tür reinschnupfte.

“Na Barbs, alter Sportsfreund, was sagst du, wie stehen die Kurse, wie läuft der Hase?”

“Hordon, du alter Betonscheißer, wie rollt der Rubel, wie flockt die Line, wie steht die Frau, wie kackt das Kind?”

Bevor sich beide Finanzhaie noch tiefer in ihr tägliches Aktiengespräch versenken konnten, unterbrach sie unfreundlicherweise eine Person, die sich vor wenigen Sekunden dazu entschlossen hatte, vom Dach des Bank of Manhattan-Buildings zu stürzen und nun schreiend an ihrem Panoramafenster ihrer Zukunft in einem offenen New Yorker Kanaldeckel entgegen stürzte.

“Hergott Hordon, was war das denn, verkackt noch mal?”, rief Barbara aus, während Sie zwei Packungen Parkemed in ihren Cappuccino bröselte.

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Noch bevor Hordon antworten konnte, fiel eine weitere Person am Fenster vorbei, hielt kurz inne, um die beiden zu begrüßen und stürzte dann weiter.

“Ich glaub wir haben schon wieder eine Finanzkrise”, sagte Hordon, während er drei Schachteln Marlboro mit einem Stabmixer in einem Eimer Milchkaffee auflöste und eine dritte Person vertikal am Fenster entlang raste.

“Was macht ihr denn noch hier?!”, rief Jeffrey Moneygun, ein weiterer authentischer Amerikaner, der auf Nikotinpflastern zur Tür hereinschwebte. “Habt ihr den Wetterbericht nicht gesehen?!”

“Nein wieso?”, fragte Barbara und exte ihren Parkemeduccino 500.

“Verkauft eure Schneemänner! Schnell!”

“Was, alle?”, fragte Hordon Hekko irritiert, während er seinen Marlboro Latte mit einer kubanischen Zigarre umrührte.

“Alle!”, schrie Moneygun. “Die Blase ist geplatzt, all unsere Schneemann-Aktien sind wertlos!”

“Was?!”, prustete Hordon seinen Tabakaffee über den ganzen Teppich. “Aber Sie haben gesagt, Schneemänner sind eine absolut sichere Anlage!”

“Ja ich weiß…”

“Sie haben gesagt, alle Vorstadt-Familien würden jetzt in den Bau von billigen Schneemännern investieren! Sie haben gsagt, der Schneemann-Bedarf steigt ab jetzt stabil jeden Winter an!”

“Ja ich weiß”, sagte Moneygun, “aber das war im Winter und jetzt ist Frühling! Die Trends ändern sich so schnell heutzutage!”

“Frühling? Was soll das heißen, Frühling? Sowas hab ich ja noch nie gehört!”, rief Hordon und nuckelte die Milch aus seiner Zigarre.

“Frühling!”, rief Moneygun. “Da wird es warm und alle Schneemänner schmelzen, einer nach dem anderen, wie in so einem, naja, einem Schneeballeffekt!”

“Davon stand aber nix im Portfolio! Oh Gott, da muss ich zur Beruhigung gleich eine Line Pulverschnee schnupfen… ja aber was? Neeeeeeeein!

“Haha, ihr Deppen”, rief Barbara, als das Parkemed endlich kickte. “Gott sei Dank hab ich mein Geld in langlebige Eisdublonen-Festanlage-Bonds investiert, gleich hier in meinem Tresor neben der Hei.. zung… Neeeeeeeeeeein!”

“Schnell! Friert alle Konten ein! Friert alle Konten ein!”

Doch es ging schief. Tausende Kleinanleger schauten hilflos dabei zu wie sich ihr fest angelegtes Kapital verflüssigte. Banker fielen von den Dächern wie Eiszapfen im Frühjahr. So hatten sie sich ihre finanzielle Liquidität nicht vorgestellt.

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