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Thees Uhlmann

Andreas Wörister / subtext.at

Stream Festival

„Dieser Auftritt bedeutet uns die Welt!“

Trappiger RnB, exklusive Sommerhit-Premieren und eine deutsche Indie-Poprock-Legende: Der letzte Tag am virtuellen Stream Festival lockte mit Thees Uhlmann, Anger, Lou Asril, Eli Preiss und Naked Cameo.

Von Michaela Pichler

In Linz beginnt’s und manchmal endet es auch sogar dort. Ein dreitägiges Festival zum Beispiel. Das Stream Festival hat seit Donnerstag mit Live-Performances, Lectures und Talks den Posthof Linz bespielt. Zum ersten Mal in seiner Festivalgeschichte ist das per Livestream für das Publikum zu Hause passiert. Am Freitagabend haben bereits My Ugly Clementine, Inner, Soia und Miss BunPun mit ersten Auftritten nach langen Monaten der Pandemie auf der FM4 Bühne überzeugt. Am Samstag dominierten dann aktuelle Newcomer der österreichischen Musikszene das Line-up, mit einer Ausnahme, die für den Auftritt in Linz sogar eine Ländergrenze überschritten hat.

100 Prozent Eli Preiss

Seit Anfang des Jahres ist Eli Preiss im FM4 Radar: Im Januar war die RnB-Sängerin und Rapperin unser Soundpark Act des Monats. Ihre Skills als Livestream-Entertainerin hat sie dann Anfang April bei der allerersten FM4 Blockparty im ORF RadioKulturhaus unter Beweis gestellt. Als die Musikkollegin Keke, die eigentlich am Stream Festival spielen hätte sollen, leider absagen muss, springt Eli Preiss ein. Eine gute Entscheidung der Veranstalter*innen. „Ich kann gar nicht anders, ich bin automatisch immer ich selbst auf der Bühne. Manche sagen auch, dass die Lieder live besser klingen, was natürlich voll das Kompliment für mich ist. Ich bin auch kein Fan von Autotune und zu gestellten Sachen, deshalb kriegt man auf der Bühne immer 100 Prozent the real me.“

„Jeder, der mich kennt, der weiß, meine Mum ist mein +1, jede Show, die erste Reihe, ist reserviert für Mrs Preiss“, flowte Eli Preiss Samstagabend während ihrem Live-Set. Diese Zeilen stammen aus ihrer neuesten Single „Danke Mami“, ein hartnäckiger Ohrwurm und vor allem ein Liebeslied an ihre Mutter, die gleichzeitig größter Fan und größte Supporterin ist. Diesmal ist die von den frühen 2000er RnB-Jahren inspirierte Newcomerin ausnahmsweise ohne ihre Mum angereist, stattdessen hat sie Tschickgott mitgebracht, der schon öfter bei ihrem Sound als Producer mitgemischt hat. Wie wichtig das Umfeld für die Songwriterin ist, erzählt sie vorab im Interview. „Ich würde schon sagen, dass ich in der Wiener - und mittlerweile auch Berliner - Hip-Hop-Undergroundszene unterwegs bin. Man muss einfach zusammenhalten und sich gegenseitig supporten!“ Der Vibe muss stimmen und diesen Vibe beschwört Eli Preiss als selbstbewusster Eröffnungsact auch live am letzten Tag des Stream Festivals 2021 hervorragend herauf.

Anger küssen uns wach

„Wir waren ewig in einem Dornröschenschlaf, jetzt sind wir aber wieder ready! Wir haben plötzlich auch wieder Ultra-FOMO, wir wollen überall dabei sein und am besten nur noch zwei Stunden schlafen“, erzählt der strahlende Julian Angerer im FM4 Interview. Als Anger haben Nora Pider und Angerer eine Extraportion Motivation eingepackt und sind damit nach Linz gefahren, um endlich wieder aufzudrehen. Auf den Bühnen dieses Landes geschieht das bei Anger auch immer mit einem besonderen Anspruch an die Inszenierung. Zwei Personen als Band, zwei Personen in den Songs, so entfaltet sich der dramaturgische Dialog im Repertoire von Anger, der für die beiden Musiker*innen auch immer einen Überraschungspart im Live-Set bereit hält. Überraschen lassen durften sich auch diesmal die Online-Zuschauer*innen beim Set von Anger.

Es war ein langer Winter. Sogar ein langer Mai, mit all dem Regen. Während das Wetter zwischen strömendem Regen und Sonnenschein wechselt, singen Anger in ihrer Live-Show ein exklusives, noch unveröffentlichtes Lied auf den (kommenden) „Sommer in Wien“: In den Straßen der Wahlheimatstadt riecht es nach Manner-Schokolade, die Hitze steckt in allen Ritzen und mit der 44er Bim geht’s ab zum Lieblingsmenschen. Musikalisch haben Anger auch schon eine wilde Fahrt hinter sich. Kennengelernt hat FM4 das Südtiroler Duo als hauchende Dreampop-Formation, später wurde es lauter und selbstbewusster. Mittlerweile fließen deutsche, englische und italienische Zeilen in die Texte ein und fügen sich in den eklektischen Popsound, der gerne auch mal mit ordentlich viel Autotune gepitcht wird. „Wir sind gerade mitten in diesem Diskurs, wo wir uns fragen, wo verorten wir uns eigentlich!? Wir gehören überall ein bisschen dazu, aber nirgends so ganz. Und das ist dann einfach unser Future Pop!“

Weird und gut - Naked Cameo im Ohr

Von den sommerlich-futuristischen Wien-Vibes geht es mit Naked Cameo weiter - Oberösterreich representing. Das Quartett ist schon gut eingespielt, hatten Naked Cameo doch nach langer Pause gerade am Vorabend ihr erstes Konzert vor Publikum. „Das war in Kufstein, in der Perle Tirols, vor 250 Menschen, die auf Paletten verteilt im Publikum gesessen sind“, erinnert sich Sänger und Gitarrist Lukas Maletzky an den surrealen Moment. In letzter Zeit hat der Musiker auf seine Best-of-Playlist zurückgegriffen und wieder einmal viel Beatles und Beach Boys gehört. Vielleicht kommt daher auch das Händchen für eingängige Popmelodien, die sich in den Gehörgängen festnageln und auch am Stream Festival nicht fehlen dürfen.

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Für das Live-Set im Posthof Linz haben Naked Cameo eine besondere Songperle mitgebracht: Die Single „Broken Water“ ist gerade erschienen, als Vorbote für die kommende „Nostalgia“-EP, die wir im Herbst erwarten dürfen. Live hört sich das nach einem heulenden Synthesizer und unruhigen Füßen an, die am Dancefloor schaben. Naked Cameo wissen aber auch, wie man den E-Gitarrenverstärker aufdreht. Seit ihrer letzten EP „Insomnia“ haben sie ihren Weird-Indie-Pop um rockigere Zwischentöne erweitert. Die stehen Naked Cameo auch live sehr gut.

Lou Asril und seine Shades of Cool

Das Stream Festival hat in seiner digitalen Edition 2021 schon einigen sehr talentierten jungen Künstler*innen eine Livebühne geboten. Mit Lou Asril setzt sich dieser rote Faden im Line-up als vorletzter Programmpunkt fort. Zuletzt veröffentlichte der Neo-Soul-Sänger mit Musikkollegin AVEC die Single „When The Lights Go Off“, auf der sich eine balladeske Nummer in einen Powersong verwandelt. Beim Songwriting hat Lou Asril an Alicia Keys „No One“ gedacht: „Dieser Song war unsere Energy-Referenz!“

Auch diesmal gab es diese popaffine und doch soulige Energie live zu spüren. Die Sonnenbrille sitzt, das Outfit knallt, mit seinen neongelb-schwarzen Streifen. Ein schönes Spektakel tut sich auf der Stream Festival Bühne mit dem niederösterreichischen Solo-Artist auf. Lou Asril hat seine Band mitgebracht, Backing Vocals, Drums, Bass und Keys. Das Livespielen als Band hat sich der Musiker hart erarbeitet, nämlich in seiner frühen Jugend auf Hochzeiten und Bällen. Der schlimmste Song, den er jemals gecovert hat? „Viele! Aber so in der Kategorie Robbie Williams und Angels“, lacht Lou Asril im Interview. Im Posthof Linz haut er seine eigenen Hits raus: Die Love-is-Love-Hymne „Friek“ zum Beispiel und die vielfach geschätzte, erste Single „Divine Goldmine“. „Viel zu schnell vorbei“, mit diesen Worten verabschiedet Moderatorin Conny Lee den Solokünstler mit der goldenen Stimme nach seinem Set.

Wie Thees Uhlmann das erste Mal in Linz geknutscht hat

„Wilhelm, das war nichts“ war vor über 20 Jahren der erste Song aus Thees Uhlmanns Feder, den er in Österreich im Radio gehört hat. Damals waren Tomte mit Element of Crime auf Tour und sind gerade in Wien eingefahren, am Ring taucht ein Schild Richtung „Schnapsmuseum“ auf. "Da haben wir FM4 gehört. Das war ein Moment, von dem man immer geträumt hat als Teenager. Ich habe die Fensterscheibe runtergekurbelt und gerufen: „Das bin ich! Das bin ich! Das bin ich!“, erzählt Thees Uhlmann kurz vor seinem Auftritt. Es ist eine von den Geschichten aus seinem Musikleben, die sich auch in den Auftritt am Stream Festival schleichen. Denn sein Programm heißt „Songs & Stories II“.

Auch Linz hat sich in Thees Uhlmanns Herz geschrieben. Denn hier hat er zum ersten Mal geknutscht. Geschuldet dem Rock’n’Roll, wie der Ex-Tomte-Frontman meint: „An diesem Abend habe ich das Getränk Vodka-Bull entdeckt und stand mit einer Marie vor der Kapu Linz. Es war 9 Uhr morgens, die Leute sind gerade in die Kirche nebenan gegangen. Als sie irgendwann wieder rausgekommen sind, haben wir uns noch immer geküsst.“ Passend zu dieser Mood spielt Thees Uhlmann nicht nur seine neuen Songs aus dem aktuellen Album „Junkies und Scientologen“, sondern natürlich auch die Songs, die sich einst in viele Teenagerleben der Nuller Jahre geschrieben haben. „Ich sang die ganze Zeit von dir“ funktioniert auch noch 15 Jahre später über die Internetleitung. Von Berlin nach Linz zu fahren bedeutet in diesen Zeiten schon eine kleine Weltreise. Dem Stream Festival sei Dank. „Das bedeutet uns die Welt, dass wir heute hier spielen durften!“ Die Welt des World Wide Webs hat sich ebenso gefreut.

Auch am Freitag gab es gute Live-Musik und besondere Bühnenmomente am Stream Festival zu entdecken: Hier sind alle Videos zu den Performances von My Ugly Clementine, Soia, Miss BunPun und Co.

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