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bernhard aichner mit notizen auf der terrasse

Bernhard Aichner

fm4 bücherei

FM4 Bücherei mit Bernhard Aichner

Bernhard Aichner, Bestsellerkrimiautor und heuer auch Wortlautjuror, liebt und braucht Bücher. Drei seiner liebsten Krimis stellt er in der FM4 Bücherei vor. Dort erzählt er auch vom harten Weg des Fotografen, der nachts noch schreibt und dafür belächelt wird, der aber konsequent seinen Traum verfolgt.

Von Zita Bereuter

„Ich sage jeden Tag in der Früh: ‚Danke, Blum.‘ Die hat mir den Traum erfüllt und ich bin überglücklich.“ Blum ist die Totengräberin aus seiner Trilogie, mit der Bernhard Aichner 2014 den großen Durchbruch erlangte. Bis dahin war es ein harter, steiniger Weg, erzählt er in der FM4 Bücherei.

verschiedene FM4 Büchereiausweise

Zita Bereuter

Bernhard Aichner besucht die FM4 Bücherei am Sonntag, 30. April, zu hören von 16 bis 17 Uhr auf Radio FM4 und nschließend für 7 Tage im FM4 Player.

Die FM4 Bücherei ist keine herkömmliche Bücherei, in der man Bücher ausleiht, sondern eine, in der Bücher vorgestellt werden.

Der oder die Besucher*in der FM4 Bücherei stellt seine oder ihre drei Lieblingsbücher vor bzw. Bücher, die man lesen sollte.

Im Schnelldurchlauf erklärt Bernhard Aichner: „Schule abgebrochen mit 17, dann Abendschule und untertags in einem Fotolabor gearbeitet. Im Fotolabor die Liebe zur Fotografie entdeckt. Dann Germanistik studiert und parallel bei einer Zeitung als Pressefotograf begonnen. Studium abgebrochen. In die Fotografie völlig eingetaucht und parallel am Abend geschrieben. Also das Schreiben und das Fotografieren war immer gleichzeitig. Und dann 2014 mit ‚Totenfrau‘ Durchbruch. Jetzt kann ich vom Schreiben leben und die Fotografie kommt jetzt in dem Roman ‚Dunkelkammer‘ mit der Reihe David Bronski wieder in mein Leben zurück. Und jetzt darf beides sein und das ist super. Fühlt sich gut an.“

„Also, dass der Autor, der Fotograf ist, einen Helden hat, der Fotograf ist, das taugt mir.“ Mehr zum neuen Roman „Dunkelkammer“

Der Pressefotograf David Bronski ist der Protagonist in der neuen Krimireihe, deren erster Teil „Dunkelkammer“ umgehend zum Bestseller wurde. Das Ausfallen der Lesetermine im vergangenen Jahr hat Bernhard Aichner zum Schreiben genutzt: Im Juli erscheint bereits der zweite Band aus der Reihe „Gegenlicht“.

Bernhard Aichner im Arbeitszimmer

Bernhard Aichner

Der Inhalt der FM4 Bücherei in einem Bild: Der Autor. Die Bücherwand im Arbeitszimmer. Die handschriftlichen Notizen. Ein Plakat vom Krimifest.

Fotografieren und Schreiben

Bernhard Aichner klingt zufrieden und glücklich, wenn er aus seinem Leben erzählt. Er wollte immer beides, fotografieren und schreiben. Der Weg dahin war allerdings hart und steinig. „Ich hab das Geld verdient mit dem Fotografieren und hab mir meinen Traum erfüllt, abends, nach einer 70-Stunden-Woche, meine Romane zu schreiben.“ Fünfzehn, sechzehn Jahre lang hat er das durchgezogen, auch wenn er oft belächelt wurde und Sachen hören musste wie: „Ja, jetzt hat er halt wieder so ein kleines Büchlein geschrieben, der Fotograf Aichner.“ Bernhard Aichner blieb dran. Er hätte auch weitergeschrieben, wenn das mit der Totenfrau nichts geworden wäre. „Ich wollte das einfach.“

„Die Totenfrau“ rezensiert von Simon Welebil.

Das Vorbild für die Totengräberin war Christine Pernlochner- Kügler - vorgestellt von Boris Jordan.

Und zwar überall. Ob in der Sauna oder im Klo: Wenn er eine Idee ausformulieren will, dann macht er das. Folglich hat er auch immer ein Notizbuch dabei. Übrigens plant er vor dem Schreiben den Plot genau durch und schreibt die Erstfassung von jedem Buch gänzlich mit der Hand.

In 17 Sprachen wurden seine Bücher bis jetzt übersetzt. Zuletzt ins Türkische. Es könnten bald noch mehr Sprachen sein, wird „Die Totenfrau“ ja derzeit von Netflix verfilmt. Für Bernhard Aichner immer wieder unbegreiflich. „Ein Tripel-Wunder! Also, dass das alles passiert. Ja, ich bin happy!“

Der Worlautjuror

Heuer ist Bernhard Aichner auch in der Jury von Wortlaut, dem FM4 Kurzgeschichtenwettbewerb. Er freut sich auf die Texte und findet es faszinierend, wie viele Leute jährlich einreichen. „Das ist grandios, macht total Hoffnung. Auch wenn es ein Beruf ist, der eben nicht so große Aussichten hat, dass man davon leben kann. Aber dass die Leute es einfach tun, dass die da mitmachen, dass die schreiben.“ Generell empfiehlt er, sich auf das Bauchgefühl zu verlassen und auf die Sprache zu schauen. Wenn sich das gut anfühlt, fühlt es sich auch für die Jury gut an. „Wenn das zu gebaut ist, zu konstruiert ist, zu gewollt, dann ist es immer schwierig.“

Gerade das Thema „Aussicht“ gibt sehr viel her: „Ob es eine Aussicht ist nach innen oder nach draußen.“

Zum Plotten der Geschichte hat er allerdings einen wichtigen Rat, den er auch in Schreibwerkstätten immer wieder gibt: „Bitte überlegt euch vorher, was ihr da schreibt. Also, das wird euch viel Mühe und viel Kopfweh ersparen. Je genauer man das vorher plant und wenn man das Ende vorher weiß, dann kann man sich wirklich auf das Schreiben und auf die Sprache konzentrieren. Nicht, dass man während dem Schreiben noch überlegen muss, wie die Geschichte funktioniert.“

In diesem Sinn: Überlegen. Schreiben. Einsenden.
Und immer dranbleiben. Auch an den Träumen.

fm4büchereiausweis von bernhard aichner

FM4/Aichner/Bereuter

Ragnar Jónasson: „Dunkel“. „Insel“. „Nebel“

Bernhard Aichner: "Der Isländer Ragnar Jónasson ist ein Verlagskollege bei btb. In diesem Jahr ist seine Trilogie erschienen. Ich war begeistert, weil es ist toll erzählt, total still erzählt - in dieser Krimi- und Thrillerflut, in der es oft laut ist und poltert, und es spritzt das Blut. Das passiert eben in dieser Trilogie nicht. Und Ragnar Jónasson schafft es, Atmosphäre aufzubauen und so still und auch langsam zu erzählen, aber trotzdem die Spannung extrem hoch zu halten.

Es geht um eine Kommissarin, Hulda Hermannsdóttir. Und, das ist auch noch interessant, diese Trilogie ist rückwärts erzählt. Also das Buch beginnt, da ist sie Mitte 60 und im letzten Buch, da ist sie dann jung. Es wird von hinten nach vorne erzählt. Und die hat eben auch, was mir natürlich sehr entgegenkommt, ein privates Schicksal, das so berührend ist. Also es geht um Missbrauch am eigenen Kind und das ist so brutal, dass es mir dann teilweise - brrrr - alles zug’schnürt hat beim Lesen. Das macht es natürlich, wenn das Private da reinkommt, verquickt mit der jeweiligen Krimihandlung des jeweiligen Romans extrem stark.

Also ich kann es nur jedem ans Herz legen: Wer es ein bisschen stiller und nicht ganz so blutig will, der soll diese Trilogie von Ragnar Jónasson lesen. Die Emotionalität ist wichtig und dass man die Leserinnen und Leser auf der Gefühlsebene packt und nicht mit der 17. Vergewaltigung im dunklen Keller und so. Dass es eben auch was gibt, was ein bisschen subtiler funktioniert als jetzt die reine rohe Gewalt, bei der man zuschaut. Sondern, dass Beklemmung entsteht. Wenn das gelingt, dann ist für mich ein Buch toll. Das gelingt in dieser Trilogie."

Tisch mit verschiedenen Krimis

Bernhard Aichner

Die Hulda-Trilogie („Dunkel“, „Insel“, „Nebel“) von Ragnar Jónasson ist bei btb erschienen. „Die F*ck-it-Liste“ und „Kill ’em all“ von John Niven sind bei Heyne Hardcore erschienen. Die Chastity-Riley-Reihe („Blaue Nacht“, „Mexikoring“, „Hotel Cartagena“, „Beton Rouge“ und „River Clyde“) von Simone Buchholz ist bei Suhrkamp Nova erschienen.

John Niven: „Die F*ck-it-Liste“

Bernhard Aichner: "Es gibt diesen Weltklasse-Schotten, John Niven, und der hat vor Jahren schon einmal ein Buch geschrieben, ‚Kill your Friends‘. Da geht es um den Musikmanager Steven Steelfox. Krasses Buch! Und da hat er vor vier Jahren die Fortsetzung geschrieben: ’Kill ‚em all‘. Das hat mich schon damals so begeistert, weil der Typ so skurril schreibt und so direkt und so mitten rein, ohne Umwege und krass. Krass! Krass! Krass! Also, ’Kill ‚em all‘ soll man unbedingt lesen. Weltklasse-Buch.

Krimifeste in Österreich im Oktober

Simone Buchholz wird übrigens John Nivens Lesungen moderieren.

Dieser Niven hat 2020 ein neues Buch rausgebracht, ‚Die F*ck-it-Liste‘. Das ist ein bisschen angelehnt an diese Bucket-List, diese Liste, die Leute sich schreiben, die eine Krebsdiagnose kriegen, zum Beispiel. Man kennt bestimmte Romane, auch Verfilmungen, und da sagen die: Jetzt gibt’s noch ein paar Sachen in meinem Leben, die möchte ich unbedingt noch gerne tun, bevor ich sterbe. Das ist diese Bucket-List, und John Niven hat eine F*ck-it-Liste draus gemacht. Weil der Held in diesem Buch, Frank Brill, der ist Zeitungsredakteur, bekommt die Diagnose und hat wirklich wilde Schicksalsschläge erlitten in seinem Leben. Er erstellt diese Liste von Menschen, die er verantwortlich macht für diese Schicksalsschläge, und diese Menschen bringt er um. Man ahnt und weiß, es wird gelingen. Der letzte auf dieser Liste mit fünf Leuten ist Donald Trump.

Das Buch ist wirklich lustig, absolut schräg und geht mitten rein. Also ich kann es nur jedem empfehlen. Es ist ganz etwas anderes als der Isländer Ragnar Jónasson. Es ist schön laut, sehr trashig, rabenschwarzer Humor. Also das muss man probieren und muss man mögen. Man weiß es gleich, wenn man 30 Seiten liest, dann ist man entweder drauf und angefixt und man will nicht mehr runter vom John Niven. Er kommt auch in diesem Jahr zu den Krimifesten nach Österreich und wird drei Mal lesen."

Simone Buchholz: „River Clyde“

Bernhard Aichner: "Das ist auch eine Reihe, von Simone Buchholz, einer Autorenkollegin aus Hamburg, um die Staatsanwältin Chastity Riley. Diese Frau lebt in Hamburg und ist auch so ein bisschen unkonventionell, weil sie ... ja, so sehr männlich agiert. Sie kommt hin und scheißt sich einfach nichts. Das ist so eine richtig coole Heldin. Die schrammt manchmal an der Legalität vorbei, die spricht offen über ihre Sexualität. (...) Die hab ich lieben gelernt. (...)

‚Blaue Nacht‘ war der erste Band bei Suhrkamp. Dann kam ‚Beton Rouge‘, dann ‚Mexiko Ring‘, dann ‚Hotel Cartagena‘ und das aktuelle Buch ist ‚River Clyde‘. Die Frau kann einfach schreiben! Das ist literarisch ein Supertopkrimi. Ich sag ja immer: Niemand kann so schön Wetter beschreiben, zum Beispiel, wie Simone Buchholz. Sie macht es in zwei Sätzen und die sind so schön! Die kann mit Sprache umgehen und verpackt dann auch noch einen Krimi in das Buch. Aber eigentlich geht’s vielleicht gar nicht mal so um die Krimihandlung. Die gibt’s natürlich und das ist auch spannend, aber da geht’s wirklich viel, viel um Sprache, um Formulierungen, um die Freude der Autorin daran, einen literarisch geilen Krimi zu schreiben."

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