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Erich Moechel

Landwirtschaftsministerium reagiert auf Kritik von Glasfaserbetreibern

Derweil wird der bisherige Glasfaserausbau in Österreich zum erstenmal in einer großen internationalen Statistik sichtbar.

Von Erich Moechel

Das für Breitband zuständige Landwirtschaftsministerium (BLMRT) hat auf die Kritik der Glasfaserbetreiber reagiert. Dass nur mit weniger als 100 Mbit/sec versorgte Gebiete förderungswürdig sind, ergebe sich zwingend aus den beihilfenrechtlichen Leitlinien" der EU-Kommission, heißt es dazu in einer Stellungnahme des Ministeriums gegenüber ORF.at.

Die Konsultationsfrist für zwei diesbezügliche Richtlinien endete am 21. Mai. Die Eingaben werden derzeit gesichtet, ein Termin für das Gesetz steht noch nicht fest. In einer gleichzeitig erschienenen europaweiten Studie des Branchenverbandes FTTH-Council zeichnet sich der laufende Glasfaserausbau in den Bundesländern erstmals in einer internationalen Statistik ab.

Auszug aus dem Entwurf des Landwirtschaftsministeriums

BLMRT

Das ist die Definition des Landwirtschaftsministeriums für Fördergebiete entlang der Vorgaben der EU-Kommission. Auf der Website des BMLRT wird neben den Ausschreibungsunterlagen auch eine fein gerasterte Karte mit Geodaten angeboten. Aus formaljuristischen Gründen wurde der geplante Text in zwei Richtlinien verpackt, die ineinandergreifen.

Das sagt das Landwirtschaftsministerium

Die Kritik der Glasfaserbranche an den zu niedrigen „bis zu“ Grenzwerten und die nur theoretisch gegebene Verfügbarkeit von 100 Mbit/sec

Der aktuelle Entwurf der neuen Förderrichtlinien reize diese europarechtlichen Möglichkeiten aus, heißt es aus dem Landwirtschaftsministerium dazu, damit seien nun auch Förderungen in vielen Gebieten möglich, die mit max. 100 Mbit/sec versorgt seien. „Die jüngste Notifizierungspraxis hat sich dahingehend verändert, dass die EU-Kommission nun auch Beihilfen für Gebiete erlaubt, die mit max. 100 Mbit/sec versorgt sind, sofern es dort nur einen Netzbetreiber und damit keinen Infrastrukturwettbewerb gibt.“

Bis vor kurzem seien von der Kommission ja nur Gebiete notifiziert worden, die mit weniger als 30 Mbit/sec versorgt wurden. Die Glasfaserbetreiber hatten heftig kritisiert, dass solche Zahlen überhaupt noch in Förderrichtlinien, vorkämen. Das sagt das Landwirtschaftsministerium dazu: „Die formelle Nennung der Grenze in den Richtlinien entspringt der formellen Notwendigkeit der Referenzierung der Definition von weißen und grauen Flecken in den Leitlinien der EU-Kommission“. Will heißen: Da diese Leitlinien nun einmal diese Grenzwerte enthalten, müssen sich die beiden nationalen Förderungsrichtlinien auch darauf beziehen, zumal sie ja von diesem EU-Rahmenwerk abgeleitet sind.

Glasfaserausbau

FTTH Council Europe

Diese Statistik des Branchenverbands FTTH-Council zeigt das unterste Drittel der Tabelle. Der Parameter sind hier nicht aktive Internetanschlüsse über Glasfaser, sondern die Anzahl der anschlussfertigen Wohneinheiten, vor deren Haustür bereits dafür gewidmete Glasfaserleitungen liegen.

„Homes passed“ alias „Flächenausbau“

Glasfasernetze stehen inzwischen bei Großanlegern wie Versicherungen, Pensions- und Rentenfonds hich im Kurs. Ziel sind dabei langfristig sichere Renditen.

Das der Statistik zugrundeliegende Zahlenmaterial stammt zwar noch vom September 2020, aktuell wurden aber nun neben der bekannten Liste der bereits aktivierten Anschlüsse weitere Statistiken heruntergebrochen. Die obige Liste bezieht sich auf „Homes passed“, also auf Haushalte, an denen eine Glasfaserleitung vorbeiführt, die für künftige Hausanschlüsse vorgesehen ist. Diese Art von Statistik ist gerade für die im Aufbau befindlichen Glasfasernetze besonders aussagekräftig. Zuerst werden nämlich überall die sogenannten Backhaul-Leitungen verlegt, die das lokale Datenaufkommen abtransportieren.

Der enorm aufwändige Anschluss der einzelnen Wohnobjekte, Firmen und Behörden erfolgt dann erst im nächsten Ausbauschritt, wie man der Grafik unten entnehmen kann. Während Österreich nach aktiven Breitband-Internetanschlüssen noch immer unter allen 39 europäischen Staaten den vorletzten Platz vor Belgien einnimmt, sieht es in der Kategorie „Homes passed“ schon deutlich besser aus. Die Statistik zeigt nämlich, wie viele Backhaul-Strecken in den Bundesländern bis September 2020 bereits verlegt waren. Hier liegt Österreich bereits vier Plätze weiter vorn.

Landkarte

BIK

In diesen ersten, sechs Ausbaugebieten hat die Kärntner BIK den Backhaul bereits verlegt, der die Datenströme aus den bereits verglasten Inseln an die Übergabepunkte in großen Datencenters wie etwa der Vienna Internet Exchange abtransportieren wird, wo alle Service-Provider Präsenzen unterhalten. In der Grafik wird dafür der Begriff „Flächenausbau“ verwendet.

Nur noch symmetrisch Gigabit

An den Rahmenbedingungen war also nichts zu machen, aber immerhin eine Sorge der Glasfaserbetreiber kann das Landwirtschaftsministerium kalmieren. Nämlich dass - wie auch bei früheren Breitbandförderungen - durch die notwendigerweise technologieneutrale Formulierung der Richtlinien erst wieder Teile davon in den Ausbau veralteter DSl-Anbindungen gehen. Seitens des BLMRT wurde das so ausgedrückt:

„Auch der Förderungsgegenstand wurde angepasst. Die geförderten Zugangsnetze müssen in Zukunft ohne weitere Investitionen in die passive Infrastruktur auf symmetrische Gigabit-Geschwindigkeiten aufgerüstet werden können.“ Wie bereits in den Förderungen davor werde „ausschließlich die passive physische Infrastruktur Gegenstand der Förderung sein“ Damit werde „sichergestellt, dass die getätigten Investitionen zukunftsfähig sind und es zu keinen ‚stranded investments‘ kommt.“

Glasfaserausbau

FTTH Council Europe

Hier zählt das FTTH-Council die Haupthindernisse für den Glasfaserausbau auf. Der wirtschaftlich weitaus wichtigste davon ist nicht der erste, sondern Punkt zwei. Glasfaserinvestitionen würden vielfach verschoben, heißt es da, weil im Zielgebiet „alternative Technologien“, namentlich Kabel-TV und G.Fast-Netze betrieben werden. G.Fast ist nichts anderes als auftoupiertes DSL.

Was weiters in Erfahrung gebracht werden konnte

Diese inzwischen elfteilige Serie gibt einen Überblick über den Stand des Glasfaserausbaus in Österreich Letztstand Juli 2020. Drei der angezeigten Artikel gehören nicht dazu.

Die Rückmeldungen der „Stakeholder“ an das BLMRT sind bei dieser Evaluation zwar nicht öffentlich einzusehen. Wie dennoch in Erfahrung gebracht werden konnte, wurde von mehreren Breitband-Landesgesellschaften wenigstens eine stichprobenartige Überprüfung dieser Angaben angemahnt. Bis jetzt melden die Provider - in praktisch allen Fällen ist das die A1 Telekom - die bis jetzt möglichen Bandbreiten in den jeweiligen Versorgungsgebieten selber ein. Dadurch wird eine große Zahl an Gemeinden als nicht förderbar vom Glasfaserausbau ausgeschlossen, weil an einem DSL-Konzentrator im Gemeindegebiet 150 Mbit/sec zur Verfügung stehen.

Angesichts des vielfach desolaten Zustands der örtlichen Telefonleitungen verfügen dort allerdings nur ein, zwei Dutzend Wohngebäude rund um den DSL-Verteiler über Bandbreiten von etwas über 100 Mbit/sec. Der überwiegende Teil der Gemeinde liegt mit steigender Entfernung vom Konzentrator weit unter dieser Fördergrenze, ausbaubar wurden solche Gebiete bis jetzt trotzdem nicht.

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