Die Geschichte der Welt: Die Erfindung von Gott
Von Leopold Toriser von Das magische Auge
Was wäre die Welt ohne Freunde? Imaginäre Freunde. Sie sind immer für uns da, trösten uns, wenn wir nicht mehr weiterwissen und helfen auch schon mal aus der Patsche, wenn unser Verhalten nicht mehr logisch argumentierbar ist. Den besten dieser Freunde aber hat sich der kleine Friedolin ausgedacht, als ihm in seinem kindlichen Tatendrang ein schwarzer Edding 500 beinahe zum Verhängnis geworden wäre.
Mama: „Ja sag einmal - das gibt’s ja nicht! Junger Mann, wer hat denn unser Klavier mit Filzstift angeschmiert?!“
Friedolin: „Das war ich nicht!”
Mama: “Nicht?!”
Friedolin: “Nein. Das war … äh … G...ott.“
Mama: „Gott?!“
Friedolin: „Ja, Gott. So heißt der. Ein Bekannter von mir. Der ist bei der Tür hereingekommen und hat den Filzstift genommen und einfach das Klavier angemalt.“
Mama: „Was?“
Friedolin: „Ja. Und ich noch zu ihm so: He, Gott – nein! Mama wird schimpfen! Aber er so: Hahaha! Ich darf das! Ich darf alles! Ich bin Gott!“
Mama: „Warum darf der alles, dein Freund, dieser Gott?“
Friedolin: „Weil … er … die Welt er...schaffen hat.“
Mama: „Die Welt “erschaffen”?“
Friedolin: „Ja. Der hat das gemacht.“
Mama: „Ganz alleine?“
Friedolin: „Ja. Das war easy für den. Der ist nämlich … all…mächtig.“
Mama: „Allmächtig?“
Friedolin: „Ja. Der ist ur stark und alles. Und der hat auch uns erschaffen. Wie mit Plastilin, aber in lebendig. Ohne Gott wären wir … nicht … da.“
Mama: „Aha … Ja wo wohnt denn dieser Gott, damit ich ihn fragen kann, warum er unser Klavier angemalt hat?“
Friedolin: „Äh … Das geht leider nicht … weil … der wohnt im Himmel.“
Mama: „Im Himmel? Blödsinn!“
Friedolin: „Nein, schwöre. Der wohnt da.“
Mama: „Aha. Na dann zeig ihn mir einmal. Wo genau ist er denn, hm? Da? Oder da?“
Friedolin: „Äh … Den kann man nicht sehen. Der ist … unsichtbar.“
Mama: “Unsichtbar. Mhm. Ja und warum hat er unser Klavier angekritzelt?”
Friedolin: “Das weiß ich nicht. Aber es wird schon irgendwas gebracht haben. Gottes Wege sind nämlich un...ergründlich.”
Mama: “Unergründlich?”
Friedolin: “Ja. Whatever that means.”
Mama: “Na simma froh, dass er dich nicht angeschmiert hat, dieser unergründliche Gott.”
Friedolin: “Nein, der tut mir nix. Weil ich … glaub ja an ihn. Der tut nur Leuten was, die nicht an ihn glauben.”
Mama: “Was tut der denen?”
Friedolin: “Arge Sachen.”
Mama: “Na seawas. Ja zum Glück kann man noch spielen auf dem Klavier. Hast du schon geübt heute?”
Friedolin: “Ui, nein … Da kann man jetzt nicht mehr spielen drauf. Das ist nämlich jetzt … äh … hei...lig.”
Mama: “Hei-lig?”
Friedolin: “Ja, das ist heilsbringend. Aber nur, wenn wir es schmücken und anbeten und so.”
Mama: “Anbeten?”
Friedolin: “Ja. Da redet man mit sich selber und sagt, wie schlecht man nicht wieder die Zähne geputzt hat und dass man nicht würdig ist und so und dann … darf man sich was wünschen. So geht das.”
Mama: “Aja. Und wie schau ma mit der Hausübung aus?”
Friedolin: “Äh … die … muss warten! Wir müssen jetzt erst einmal eine Kirche bauen. Für Gott. Zum Wohnen. Und da können wir ihn dann drin besuchen.”
Mama: “Aber ich hab gedacht, der wohnt im Himmel?”
Friedolin: “Ja, auch. Aber dann hat er einen Zweitwohnsitz bei uns in der Nähe.”
Mama: “Na das wär aber praktisch, hm?”
Friedolin: “Ja?”
Wenig später ...
Friedolin: „Na bumm Gott, die hat das echt geglaubt. Was machma jetzt?“
Gott: „Ur geil, na dann gib den Filzstift noch einmal her.“
Friedolin: „Pfau, Gott - du bist so badass!“
Gott: „Say my name …“
Friedolin: „Gott.“
Gott: „Damn right.“

Radio FM4
Das Magische Auge als Podcast
Surreale Comedy und paranormale Reportagen aus dem Paralleluniversum von und mit Berni Wagner, Leopold Toriser, Elias Hirschl und Antonia Stabinger gibt es auch hier als Podcast.
Publiziert am 07.06.2021