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Der Song zum Sonntag: Island - „Young Days“

Wo ist nur unsere gute Zeit hin, fragen sich Island aus London in „Young Days“, dem neuen Song von ihrer Ende Juni erscheinenden Platte „Yesterday Park“.

Von Christoph Sepin

Geht’s nur mir so, oder sind alle Menschen, also alle, in den letzten zwölf Monaten um fünf Jahre gealtert? Oder ist das Einbildung? Aber wenn man sich die „alten“ Fotos anschaut, aus dem Jahr 2019, da schauen alle noch so jung aus, vielleicht naiv, idealistisch, noch nicht von Monaten des Lockdowns und Physical Distancings zermürbt.

Ob das auch die Grundidee von „Young Days“ von der Gruppe Island ist, weiß man nicht. „Where did my young days go?“, singt da zumindest Vokalist Rollo Doherty und geht dann schwermütig auf Entdeckungsreise an all die Orte, Momente und Konzepte, in denen seine Jugend vielleicht irgendwie verloren ging. Und vielleicht lässt sich das auch alles wiederfinden.

Oder auch nicht, denn Doherty gibt sich gleich einmal fatalistisch: „This world is for the kids now“, singt er nämlich und zählt sich da wohl nicht dazu. „Where did my young days go? I’m just trying to work it out“. Und dann wird es ganz schnell sehr introspektiv: Man habe ihm erzählt, die Welt sei untergegangen („They’re telling me the world has caught on fire“), aber trotzdem scheinen alle Leute fröhliche Gesichter zu tragen („But I can’t see a single frown outside“). Offensichtlich fühlt sich hier der Protagonist ordentlich getrennt von der restlichen Welt und blickt von drinnen nach draußen, von den eigenen schweren Emotionen auf die Unbeschwertheit der Jugend, die seine Melancholie offenbar nicht teilt.

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  • Auch die geschätzten Wissenschafts- und Popjournalist*innen Thomas Kramar und Heide Rampetzreiter machen sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song ihre Gedanken.

Ganz schön viel Retrospektive, auch im Albumtitel der aus London stammenden Island: „Yesterday Park“ wird Platte Nummer 2 der Gruppe heißen und am 25. Juni erscheinen. „Erinnerungen an die totale Harmonie, an die Jugend und sorglose Zeiten verändern sich mit der Zeit“, so Island laut Pressetext. „Einerseits fühlen sie sich immer weiter weg an und verblassen, andererseits romantisiert man sie immer mehr, wodurch sie irgendwie zu neuen Erinnerungen werden“.

Romantisiert wird auch jede Note, jeder Akkord in diesem Song - so wie sich Rollo Doherty nach den alten Zeiten sehnt, so lehnt sich auch die Instrumentierung am Klang vergangener Tage an: Das klingt nach Keanes „Somewhere Only We Know“ oder Jets „Look What You’ve Done“, Lieder, die mittlerweile auch schon fast zwanzig Jahre alt sind.

Der Blick zurück also auf eine Zeit, die es wahrscheinlich so eh nie gegeben hat. Nostalgie ist in „Young Days“ großgeschrieben, auch im Musikvideo, wenn da in schwarz-weiß Optik sorglos herumgeskatet wird - und dann im Kontrast dazu mit besorgtem Gesichtsausdruck in der U-Bahn die Maske aufgesetzt wird. Vielleicht ist das auch der Grund, warum Rollo Doherty keine „frowns“, keine nach unten gezogenen Mundwinkel sehen kann. Und damit wird dieses rückblickende Lied doch noch zum aktuellen Zeitzeugnis.

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