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Raja Feather Kelly

Kate Enman

impulstanz

(K)ein Tanzsommer wie damals

Das ImPulsTanz-Festival feiert seine Rückkehr auf die Bühnen und in die Tanzstudios Wiens, mit einigen Ungewissheiten. Unter welchen Bedingungen das Festival gelingen soll, plus eine Handvoll Empfehlungen fürs Programm.

Von Claudia Unterweger

So unbeschwert funktioniert das mit dem Umarmen ja noch nicht. Mehr als ein Jahr Abstandsregeln und Zurückhaltung sitzen uns noch in den Knochen. Doch Körper und Körperlichkeit halten wieder Einzug im Alltag, in der Kunst. Das „Physical Dis-dancing“ ist vorbei, der ImPulsTanz-Sommer ist zurück. Der Vorverkauf für alle Aufführungen startet heute am 15. Juni.

Die 38. Ausgabe des ImPulsTanz – Vienna International Dance Festival präsentiert von 15. Juli bis 15. August 2021 mehr als 60 Produktionen in zwölf Spielstätten – vom Volkstheater über das Odeon bis zum ehemaligen Gustinus-Ambrosi-Museum im Wiener Augarten. Darüber hinaus gibt es ein Film- und Musikvideoprogramm, Ausstellungen und Buchpräsentationen.

Nach der auf ein Minimum heruntergeschraubten Coronasommer-Festivalausgabe 2020 geht heuer wieder so einiges. Mehr als 60 Produktionen aus 20 Ländern, darunter 15 Uraufführungen und 34 Österreich-Premieren. Einiges im Programm ist noch in Schwebe, solange etwa das Landeverbot für Flüge aus Großbritannien gilt. On hold sind dadurch möglicherweise Artists aus anderen Kontinenten mit Transitflügen via London. Aber gefühlt sei nichts schlimmer gewesen für die Festivalmacher*innen als die luftleere Zeit rund um den ersten Lockdown, als die Zukunft von ImPulsTanz in den Sternen stand.

So weltumspannend wie eben möglich

Luftigere Locations, verkleinertes Kartenkontingent, strenge Registrierung und 3G-Checks, Bodenmarkierungen für ausreichend Abstand: ja, dieser Tanzsommer soll so sicher wie möglich sein. Und zugleich mitreißend und weltumspannend, voller Einblicke und Ausblicke über den Tellerrand des engen Alltags hinaus. Das sei auch im Sinne des ImPulsTanz-Mitbegründers Ismael Ivo. Der Weltklasse-Tänzer und Choreograf ist im April an Covid-19 gestorben. Ihm sei es zu verdanken, dass sich Wien seit der Festival-Gründung 1984 zu einer der wichtigsten Tanzmetropolen weltweit gemausert hat. Diese Internationalität spiegelt sich auch heuer im Programm wider.

Raja Feather Kelly

Maria Baranova

Raja Feather Kelly (s. auch Coverbild)

Was vermeintliche Hässlichkeit auslöst

Erstmals in Österreich zu sehen ist die knallige, farbenprächtige Trilogie mit dem Übertitel „Ugly“ von Raja Feather Kelly, dem Leiter des New Brooklyn Theater. „Ich bin ein hässlicher Mann“, sagt der Tänzer und Choreograf von sich. Er sei keiner der auserwählten New Yorker Darlings. „Queer in Substanz, Farbe und Tiefe, in Gedanken und Ausdruck.“ Warum behauptet er, hässlich zu sein? „Einfach, weil du dich weigerst, mich zu sehen.“ Kellys Arbeiten kreisen um afroamerikanische Subjektivitäten, die aus der Popkultur verdrängt werden. Teils Tanzperformance, teils Popkultur-Collage in Knallpink, mit viel Musik und einem untrüglichen Gespür für Ausgrenzung.

Voguing als Befreiung

Zu den langjährigen ImPulsTanz-Stars zählt der preisgekrönte Choreograf und Performer Trajal Harrell. Im Akademietheater zeigt Harrell heuer die Österreich-Premiere seiner Performance „Maggie The Cat“. Eine für ihn typisch fashion-orientierte Performance mit opulenten Pölstern und luxuriösen Stoffen, ein Spiel mit Verkleidung und Identität. Maggie The Cat beruht auf dem Südstaatendrama „Die Katze auf dem heißen Blechdach“, verfilmt in den 1950er Jahren mit den (weißen) Hollywood-Feschaks Liz Taylor und Paul Newman. Harrell rückt jedoch die im Filmklassiker meist stummen Schwarzen Bediensteten ins Rampenlicht und verleiht ihren Stimmen erstmals Gehör – durch Voguing und Rap.

Trajal Harrell (US): Maggie The Cat

Tristram Kenton

Trajal Harrell

Alle Infos zum Bühnen-Programm und zu den Workshops, plus Tickets im Vorverkauf gibt’s online auf impulstanz.com

Blicke locken, Zeitblasen platzen

More Bühnenhighlights? Da wäre etwa die Kunstfigur PRICE, hinter der sich der brasilianisch-schweizerische Performancekünstler Mathias Ringgenberg verbirgt. Unter dem Titel „Melodies are so far my best friend“ zelebriert PRICE das Scheitern, Konventionen werden gnadenlos demaskiert. Prekäre Identitäten werden in einer Welt der Hetero-Normen verhandelt. Mit üppigen Kleidern, dramatischem Faltenwurf und lasziven Blicken. Für den Sound sorgt dabei Cecile Believe, auch bekannt für ihre Zusammenarbeit mit der im Jänner verstorbenen Hyperpop-Musikikone Sophie.

PRICE

Reto Schmid

PRICE

Mit einer Weltpremiere ist auch Choreografie-Ikone Meg Stuart zu Gast bei ImPulsTanz. Stuart, deren künstlerische Handschrift seit den 1990er Jahren den zeitgenössischen Tanz weltweit prägt, lässt im Stück „Cascade“ ihre Tanzcompagnie DAMAGED GOODS durch aufplatzende, kollabierende, sich dehnende Zeitblasen jagen. Für die futuristische Bühnenlandschaft wird Wiener Festwochen-Star Philippe Quesne aufgeboten, einer der bekanntesten Bühnenkünstler Frankreichs.

Meg Stuart / Damaged Goods (DE/BE/US)

Martin Argyroglo

Meg Stuart / Damaged Goods

Sitzkonzerte statt Tanzpartys

Wermutstropfen für alle Festivalbesucher*innen, die sich nach den legendären ImPulsTanz Soçial Clubnächten sehnen: Ab wann auf dem Dancefloor wieder bis in die frühen Morgenstunden gefeiert und geschwitzt werden darf, ist derzeit nicht absehbar. Gut zwar, dass mit 1. Juli die gesetzlich vorgeschriebene Sperrstunde fällt. Das ausgelassene Tanzen im Club und Trinken an der Bar - Stichwort Nachtgastronomie - bleibt aber bis in den Sommer hinein verboten.

Jeden Abend lädt die ImPulsTanz Festivallounge in den Kursalon Wien im Stadtpark. Das komplette Line-Up für ImPulsTanz Soçial online ab 6. Juli.

Entspanntes Abhängen zu Live-Acts und DJ-Auflegerei wird’s beim Impulstanz trotzdem geben, dank neuer luftigerer Location. Bye bye Burgtheater Vestibül, hallo Kursalon im Wiener Stadtpark! Sonntags bis Mittwochs gibt’s dort Abend für Abend gratis Zutritt zur ImPulsTanz-Lounge. Auch die FM4 Fridays kehren zurück, jeden Freitag mit FM4’s very own DJ-Elite an den Decks. An zwei speziellen Abenden öffnet dann die Festivallounge Extended ihre Pforten für internationale Pop-Prominenz: Rapperin und Pop-Performerin GNUČČI (Ex-Yu/Schweden) schlägt am 30. Juli bei der A-Side auf. Es folgt der slowakische Producer FVLCRVM auf der B-Side am 13. August. Angefragt sind auch Lou Asril, Maraskino und einige mehr.

Tamara Alegre (CI/CH), Lydia Östberg Diakité (NO/SE), Nunu Flashdem (UK/CH), Marie Ursin (NO), Célia Lutangu (BE/CH)

Nelly Rodriguez

Tamara Alegre / [8:tension] Young Choreographers’ Series

Aber was wäre das ImPulsTanz-Festival ohne selbst zu tanzen? 200 Workshops und zahlreiche gratis Public Moves-Kurse stehen zur Auswahl. Von klassischem Voguing, Breakdance und akrobatisch anmutendem Aerial Silk Dance über weniger Offensichtliches wie die Kunst des Love Song Writings mit entsprechend herzzereißenden Moves.

Mit Maske tanzen ist nicht vorgeschrieben. Doch zur Sicherheit finden die Kurse im Freien oder in großen Studios statt, die quergelüftet werden können. Beim Tanzen selbst wird auf ausreichend Abstand mithilfe von Bodenmarkierungen geachtet. Alle 2 Tage ist ein frisches Testergebnis Voraussetzung für die weitere Teilnahme an länger andauernden Kursen. Für dringende Fälle ist am Festivalgelände im Arsenal in Wien sogar eine eigene Teststraße vorgesehen.

Locking Workshop bei Impulstanz von Storm

yako.one

Locking-Workshop / Public Moves

ImPulsTanz auf Radio FM4

Ab Mitte Juli geben wir euch regelmäßig Einblick in das Festivalgeschehen auf der Bühne und hinter den Kulissen, Interviews mit den Stars und den spannendsten Neuentdeckungen der Tanz- und Performance-Szene. Und immer wieder wird es auch Tickets für Bühnenshows und ausgewählte Tanzworkshops zu gewinnen geben. Große Vorfreude auf einen bewegten Sommer!

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