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Mountainbiker*innen fahren einen kurvigen Trail

MTBInnsbruck, Carlos Blanchard

Ist Innsbruck wirklich eine Mountainbike-City?

Als vor vier Jahren zum ersten Mal das Crankworx Mountainbike Festival in Innsbruck stattgefunden hat, wurden große Investitionen in die Bike-Infrastruktur versprochen, die Innsbruck zur „Bike-City“ machen sollten. Was ist aus diesen Versprechen geworden?

Von Simon Welebil

Mit viel Aufwand, vor allem aber mit viel Geld haben die Stadt Innsbruck, der Tourismusverband und das Land Tirol 2017 die Crankworx-Franchise nach Innsbruck geholt, eine der größten Mountainbike-Veranstaltungen der Welt im Gravity-Bereich, die 2004 in Whistler in Kanada ihren Ausgang genommen hat.

In Mutters, im Süden von Innsbruck, wurde dafür ein Bikepark gebaut, unter anderem mit einem Slopestyle-Kurs im XXL-Format und einem Schotterpumptrack. Doch damit sollte noch lange nicht Schluss sein, weitere Investitionen in die Infrastruktur sollten Innsbruck zu einer „Bike-City“ machen.

Mountainbiker beim Crankworx Festival

Simon Welebil

Die lokale Gravity-Szene war schon damals recht überrascht vom Crankworx-Projekt, weil es für ihre Projekte über Jahre hinweg kaum Förderungen gegeben hatte und ihnen im Gegenteil viele Steine in den Wege gelegt wurden.

Crankworx als Initialzündung für Trails? Fehlanzeige!

Dennoch haben viele aus der Szene gehofft, dass Crankworx eine Initialzündung sein könnte, durch die neue Trails und Bikeparks rund um Innsbruck entstehen könnten. „Die Hoffnung war da. Jetzt, vier, fünf Jahre später ist es ein wenig ernüchternd“, sagt Patrick Meraner von MTB-Innsbruck, dem Sprachrohr aller Mountainbikevereine und -athlet*innen rund um Innsbruck.

Zwar sei der Bikepark Mutters im Süden von Innsbruck, wo das Crankworx Festival stattfindet, mittlerweile zu einem Vorzeigebikepark geworden, mit lässigen Strecken, aber unmittelbar in Innsbruck sei nicht viel weitergegangen. Das einstige Downhill-Aushängeschild der Stadt, der herausfordernde Nordkette-Singletrail, ist seit über einem Jahr gesperrt, weil sich Stadt Innsbruck und die Nordkettenbahn nicht über die Zuständigkeit für die Strecke einigen können. Und der einzige legale Trail, der Arzler Alm Trail, ist mit über 40.000 Fahrten im Jahr komplett überlaufen.

Zwei Personen graben einen Trail mit Hammer und Spitzhacke

MTBInnsbruck, Thomas Grüner

Wartung des Arzler Alm Trails, die unter dem Jahr immer schwieriger wird.

Illegale Trails boomen

So wundert es nicht, dass die Tausenden Mountainbiker*innen in Innsbruck nach Alternativen suchen. Überall um Innsbruck sind in den letzten Jahren illegale Routen entstanden, einige durch häufiges Befahren, andere wurden aber auch mit Schaufel und Pickel eigens gegraben. Hier überrascht vor allem das Ausmaß.

Bei einer Studie, die letztes Jahr in Auftrag gegeben worden ist, hat man mittlerweile über 100 Kilometer illegale Varianten kartiert, erzählt Lars Lotze, Fachbearbeiter Mountainbike beim Tiroler Landschaftsdienst: „Da sieht man einerseits die enorme Nachfrage, aber auch die Diskrepanz zum offiziellen legalen Angebot mit vier Kilometern.“

Man habe es in den letzten Jahren verschlafen, neue Angebote zu schaffen, meint Lotze, und jetzt seien die Fronten sehr verhärtet, vor allem zwischen den Grundbesitzer*innen und der Bikeszene. Für eine Lösung brauche es aber nicht nur mehr legale Angebote, sondern auch Bewusstseinsbildung bei den Biker*innen, dass man nicht einfach so im Wald neue Strecken und selbst Sprünge graben dürfe.

Neue Trails braucht die Stadt

Die Voraussetzungen, um in und rund um Innsbruck neue legale Trails anzulegen, sind allerdings kompliziert, darüber sind sich alle, die sich mit der Materie auseinandersetzen, recht einig: Mit der Stadt, dem Tourismusverband, den Umlandgemeinden und den Seilbahnbetreibern müssen sich viele verantwortliche Stellen abstimmen. Außerdem sind die Grundbesitzverhältnisse um Innsbruck oft sehr kleinstrukturiert, mögliche Trails verlaufen über viele unterschiedliche Grundstücke, was Verhandlungen mit deren Besitzer*innen auch nicht einfacher macht.

„Es müssen offizielle Angebote her, ist leicht gesagt, im Detail ist das aber doch oft schwierig.“ (Lars Lotze)

Seit etwas mehr als einem Jahr ist Johannes Anzengruber von der ÖVP Vizebürgermeister in Innsbruck. Die Forst- und Mountainbikeagenden fallen in sein Ressort. Er ist selbst leidenschaftlicher Mountainbiker und hat Mountainbike-Projekte zu einer seiner Prioritäten erklärt. „Gerade jetzt haben wir viele Projekte vertraglich abgesichert“, sagt Anzengruber, „im guten Miteinander mit allen Beteiligten“.

Bereits diesen Sommer wird auf stadteigenen Grundstücken der Stadtwald-Trail für Einsteiger gebaut, 2,3 Kilometer von der Innsbrucker Hungerburg nach Mühlau. Ein weiterer, 3,4 Kilometer langer Trail soll im Nordwesten kommen und einer im Süden vom Plateau Lans-Aldrans bis in die Stadt hinunter, inklusive einer Uphill-Variante, weiters ein Pumptrack-Areal mit einigen kleinen Lines im Bereich der Innsbrucker Rossau und auch der Nordkette-Singletrail soll bald wieder öffnen, betrieben von der Stadt selbst.

Es sind genau solche Trails, die sich für eine Feierabendrunde von Innsbruck aus eignen, wie sie von Patrick Meraner und MTB-Innsbruck auch gewünscht werden. Durch solche Trails könnten einige der illegal errichteten wieder verschwinden und zuwachsen, meint er, jedoch bei weitem nicht alle, dafür seien es noch zu wenige legale Trailkilometer.

Auf die angekündigten Projekte blickt Meraner zumindest vorsichtig optimistisch: „Für die Sachen, die jetzt in der Planung sind, schaut es gut aus, dass sie realisiert werden, aber ich glaub’s erst, wenn der Bagger steht oder der erste Mann mit der Schaufel zu graben beginnt.“

Noch ist Innsbruck also keine Bike-City zum Vorzeigen, doch wenn man in die Community hineinhorcht, entdeckt man viele, die hart daran arbeiten, dass es passiert.

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