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„Fuchs im Bau“: Fuchs muss tun, was Fuchs tun muss

Interviews über „Fuchs im Bau“ spoilerfrei zu führen, kommt einem verbalen Parcourslauf gleich, selbst für die Schauspieler*innen. Denn Arman T. Riahis neuer Kinofilm ist so spannend! Maria Hofstätter, Aleksandar Petrović und Luna Jordan brillieren in den Hauptrollen.

Von Maria Motter

Wenn einer im Gefängnis seinen Dienst antritt, aber noch keinen Schlüssel hat, weil ihm noch die Sicherheitseinschulung fehlt, ist das blöd. Da tritt ein Hannes Fuchs, verkörpert von Aleksandar Petrović, zu spät in der Schulklasse einer Haftanstalt an, hört als Erstes eine lapidare Feststellung zu seiner Unpünktlichkeit und dann noch: „Der schaut aus wie ein Opfer!“.

Dabei soll Fuchs die langdienende Lehrerin ablösen. Aber die bestellt erst einmal Espresso für sich und die „Zauberbären“, wie sie die straffällig gewordenen Jugendlichen gelegentlich liebevoll nennt. Doch Fuchs ist nicht gekommen, um als Assistent zu dienen.

Maria Hofstätter und Aleksandar Petrović in einem Klassenzimmer in einer Haftanstalt im Film "Fuchs im Bau".

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„Fuchs im Bau“ ist spannungsgeladen

Maria Hofstätter und Aleksandar Petrović sind als Lehrende in einer Haftanstalt zu allererst ihren eigenen Haltungen treu. Im Bau ist jeder sich selbst der Nächste, nur der Gefängnislehrer nicht, heißt es an einer Stelle. Diese Lehrerin setzt auf einen umfassenden Bildungsbegriff. Dem neuen Kollegen zeigt sie Zeichnungen der Jugendlichen. „Was sehen’S da, Fuchsl?“ Sie setzt auf Malen als Weg zur Selbsterkenntnis und Selbstheilung. In der letzten Bankreihe der Klasse sitzt eine Jugendliche, die nicht spricht. Auf Selbstüberschätzung folgt Eskalation. Und bald ist der Teenager in Einzelhaft weggesperrt. Doch auch Fuchs muss schließlich tun, was Fuchs tun muss.

Das Milieu der Justizwachebeamt*innen hat Arman T. Riahi genau studiert. Und er nahm mehrere Kunstgriffe vor. Denn über diesen Fuchs weiß das Publikum wenig, aber in der ersten Szene verhandelt er mit einem Schwarzen Buben über Schlagzeugsticks, kurz bevor er zu einem Konzert aufbricht.

"Fuchs im Bau" Filmstill

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Luna Jordan in „Fuchs im Bau“

Aleksandar Petrović ist als Fuchs ein wortkarger Mann, der selbst mit der Vergangenheit und einer Schuldfrage ringt, ein Konkurrent auf Augenhöhe. Luna Jordan überzeugt als Jugendliche mit bedrohlichen Aggressionen. Maria Hofstätter bewirkt mit ihrer Darstellungsgabe einen Atmosphärenwechsel um 180 Grad in 30 Sekunden.

„Fuchs im Bau“ ist großartiges, kluges und packendes Mainstream-Kino – im allerbesten Sinn. Das Drama kann man auch als Manifest für die Wirkmacht der Kunst und für einen allumfassenden Lehrstil sehen.

Regisseur Arman T. Riahi spielt in diesem Klassenraum im Gefängnis viele gesellschaftspolitische Themen an. Er hat in seinem spannenden Drama zwei Krimiebenen eingezogen, arbeitet großartig mit Stress Relief. Und die Spannung hält bis zum Schluss.

Ein ausgeblendeter Ort der Gesellschaft

In „Fuchs im Bau“ schaut man auf ein Gefängnis und auf einen Fleck, einen Ort, den man in der Gesellschaft sonst nur wahrnimmt, wenn es zu extremen Spitzen kommt. Wenn Umstände zu Zuständen werden, die unerträglich sind.

Wer in die Gefängnispädagogik geht, komme schon aus der Sonderpädagogik, sagt Arman T. Riahi. „Als ich zum ersten Mal in einer Gefängnisschule gesessen bin für eine Recherche, wusste ich schon, dass ich diesen Film machen möchte. Weil es für mich so ein paradoxer Ort war. Wie eine Oase in der Wüste.“ Er spräche nicht davon, dass die Jugendlichen dort zu Gandhi würden, sondern evidenzbasiert sich dort beruhigen und andere Wege finden würden, ihre Aggressionen zu kanalisieren.

Arman T. Riahi mit Luna Jordan und Aleksandar Petrović.

Maria Motter

Arman T. Riahi, Luna Jordan und Aleksandar Petrović in Graz während der Diagonale.

In einem alten Gefängnis, das vor wenigen Jahren noch in Betrieb war, wurde „Fuchs im Bau“ gedreht. So düster wie im Film schaut es noch in den meisten Strafanstalten in Österreich aus, sagt Arman T. Riahi im FM4-Interview. Gestrichen sind die Wände in zwei Farben, für gewöhnlich ist unten die dunklere und oben die hellere. „Und wir haben das umgedreht. Aber die ganz modernen Gefängnisse in Eisenstadt oder Korneuburg sind super steril und sehr weiß und hell. Da haben sie versucht, das, was sie hundert Jahre lang falsch gemacht haben, nämlich Leute in den Kerker zu stecken, ein bisschen auf den Kopf zu stellen“.

Lauter unberechenbare Charaktere in einem Raum

Im Film ist man mit lauter unberechenbaren Charakteren konfrontiert. Luna Jordan, die auch in der Serie „Wild Republic“ zu sehen ist und gerade die nächste Serie dreht, war vom Drehbuch weg begeistert. „Es war eine sehr anspruchsvolle Rolle und es waren auch sehr harte Dreharbeiten. Es war urwichtig, dass wir dieses solide, respektvolle Team hatten und dass alle immer sensibel am Set miteinander umgegangen sind. Es war immer so eine konstante Ruhe und das kenne ich kaum von Sets, dass immer diese absolute Anspannungsruhe ist“, erzählt Luna Jordan. „Das hat so geholfen beim Spielen und auch Arman, der mich aufgefangen hat nach schwierigen Szenen.“

Zur Vorbereitung auf die psychischen Anfälle und Zusammenbrüche in der Rolle hat Luna Jordan Gespräche in einer Beratungsinstitution geführt, um innere Konflikte, ständigen Druck und Unsicherheit mit ins Spiel zu bringen.

„Fuchs geht mit einer Verletzung ins Gefängnis, er sucht dort etwas, aber das ist ihm alles so nicht bewusst“, sagt Aleksandar Petrović über seinen Filmcharakter. In der Vorbereitung hat er versucht, einen Bogen zu schaffen, um am Anfang all das nicht herzugeben. Mit Maria Hofstätter als Kollegin ging es ihm wunderbar.

„Maria Hofstätter ist so eine wunderbare, herzenswarme Kollegin. Arman hat irgendwann gesagt, du spielst mir den Lehrer. Und als der Cast klar war, dachte ich, die Hofstätter! Unser Beruf ist einfach mit Zweifel und Ängsten verbunden. Die Maria hat mir das genommen. Sie hat sich mit uns getroffen, für uns gekocht. Sie hat sich geöffnet und gezeigt, sie hat genau dieselben Gefühle und Zweifel. Ab da begegnet man sich auf Augenhöhe und erarbeitet sich etwas.“

„Fuchs im Bau“ startet am 18. Juni in den österreichischen Kinos.

Arman T. Riahi gewann bereits den Max Ophüls Preis für die beste Regie und den Fritz-Raff-Drehbuchpreis. Die Jugendjury des Festivals Max Ophüls Preis zeichnete „Fuchs im Bau“ ebenso aus. Noch vor dem Kino-Start in Österreich ist der Film im Pandemiejahr auf zwei internationalen Festivals gelaufen, doch erst auf der Diagonale in Graz feierte er Premiere auf einer richtigen Leinwand und gewann den Preis für den besten Schnitt (an die Editorinnen Karina Ressler und Joana Scrinzi). Online-Angebote können nie mit Applaus in einem Kinosaal mithalten.

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