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Jung und queer in Österreich

In der Gleichberechtigung von LGBTIQ+* hat es in den letzten Jahren sichtbare Fortschritte gegeben, doch eine aktuelle Sitzung im Nationalrat zeigt, wie viel noch zu tun ist. Es fehlt an Safe Spaces für junge Menschen.

Von Ali Cem Deniz

Wenn es um Rechte von LGBTIQ*+ geht, entstehen derzeit immer mehr Parallelwelten. Während die ungarische Regierungspartei an einem Gesetz arbeitet, dass die Rechte von queeren Jugendlichen einschränken und LGBTIQ*+-„Propaganda“ verbieten soll, hissen in Wien 50 Schulen die Regenbogenfahne.

Nicht nur Fortschritte

Dass auch in Österreich in Bezug auf LGBTIQ*+-Gleichberechtigung noch viel zu tun ist, hat eine Sitzung im Nationalrat gezeigt. So wurden zwar letzte Woche im Gleichbehandlungsausschuss Konversionstherapien und medizinisch unnötige Operationen an intergeschlechtlichen Kindern endgültig verboten. Eine von der Opposition unterstützte Kampagne gegen Homo-und Transphobie wurde allerdings abgelehnt. Die türkis-grünen Regierungsparteien haben auch gegen die Einführung von LGBTIQ+-Lehrmaterialien im Unterricht und die Einrichtung von queeren Jugendzentren in ganz Österreich gestimmt.

Queere Jugendzentren

In vielen europäischen Städten gibt es bereits solche queeren Jugendzentren. Dass auch hierzulande der Bedarf groß ist, weiß Lisa Hermanns von der Hosi Wien. Sie war bis vor kurzem im Team der Jugendgruppe und hat jeden Donnerstag Coming-Out-Treffen und Jugendabende in Wien organisiert.

An diesen Abenden nehmen regelmäßig 60-100 Jugendliche und junge Erwachsene teil. Die Hälfte davon gehört zum „Stammpublikum“, aber es sind jede Woche auch rund 10 Jugendliche zum ersten Mal dabei. Für sie seien die Treffen ein Safe Space, wo sie sich austauschen können, ohne sich ständig selbst erklären zu müssen. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen von Hosi Wien bieten peer-to-peer Beratung an, aber sie haben keine professionelle Sozialarbeiter*innen- oder Psychotherapeut*innen-Ausbildung. Doch viele Jugendliche bräuchten genau das.

In bestehenden Jugendzentren gibt es zwar ausgebildete Mitarbeiter*innen, aber kaum ein Jugendzentrum legt den Fokus auf queere Jugendliche. Außerdem könnten viele Jugendzentren kein Safe Space sein, weil da auch Mitschüler*innen oder andere Jugendliche aus der Nachbarschaft sein könnten, sagt Lisa Hermanns. Das würde vielen LGBTIQ*+-Jugendlichen das Coming-Out erschweren, weil sie sich vor Mobbing und Diskriminierung fürchten würden.

In Wien hat es schon letztes Jahr einen Beschluss für die Errichtung eines queeren Jugendzentrums gegeben. Aktuell führt die Stadt eine Bedarfsanalyse durch, aber die LGBTIQ*+-Community sei bisher nicht eingebunden worden, sagt Lisa Hermanns.

Subtile Diskriminierung

Lisa Hermanns glaubt, dass viele offene Formen der Diskriminierung heute seltener auftreten. Die Stigmatisierung von Homo-, Bi-, Trans- oder Intersexualität habe abgenommen, dafür gäbe es jetzt häufig subtilere Formen von Diskriminierung.

Letzte Woche hätten nach einem Treffen vorbeifahrende Autofahrer*innen Jugendliche beleidigt, die zum Jugendabend der Hosi Wien gekommen waren. Typisch seien auch Angriffe und Bemerkungen von Gruppen, wenn sie ein gleichgeschlechtliches Paar sehen. Vergangenen Sonntag wurde eine Gruppe von bi- und homosexuellen Jugendlichen von jungen Männern attackiert und beschimpft.

Doch es sind nicht nur Angriffe auf der Straße, die Lisa Hermanns Sorgen bereiten. Es gibt weiterhin strukturelle Formen von Ungleichbehandlung. In Schulen gibt es weiterhin keinen Diskriminierungsschutz für Jugendliche. Und so lange sich da nichts ändere, sagt Lisa Hermanns, sei Gleichberechtigung weiterhin nicht möglich.

FM4 Auf Laut: Jung und queer in Österreich

In Wien werden zum Pride-Monat 50 Schulen mit Regenbogenfahnen beflaggt, die Stadt hat ein eigenes queeres Jugendzentrum beschlossen, sogenannte Konversionstherapien für Minderjährige werden verboten.

Was die Gleichberechtigung von LGBTIQ*+-Personen betrifft, gibt es sichtbare Fortschritte. Davon profitieren vor allem junge Menschen, die in einem Klima aufwachsen, in dem Homo-, Bi-, Trans- oder Intersexualität immer weniger tabuisiert werden. Gleichzeitig zeigt eine Studie der EU-Grundrechteagentur, dass viele queere Jugendliche nach wie vor Diskriminierung erleben: 41 Prozent der 18-24-Jährigen verbergen ihre Geschlechtsidentität oder sexuelle Orientierung vor Schul- und Unikolleg*innen und Lehrpersonal.

Wie geht es LGBTIQ*+ Jugendlichen in Österreich? Welche Hindernisse müssen auf dem Weg zur Gleichberechtigung abgebaut werden? Ali Cem Deniz diskutiert in FM4 Auf Laut mit queeren Jugendlichen und Aktivist*innen.

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