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Screenshot aus dem Videospiel "Ratchet & Clank: Rift Apart"

Insomniac Games / Playstation

Rasante Reizüberflutung

Die fast 20 Jahre alte Jump’n’Run-Serie „Ratchet & Clank“ feiert nach längerer Pause auf der PS5 ihr Comeback. Der Aufwand war groß, das Ergebnis kann sich sehen lassen.

Von Robert Glashüttner

Nicht alle Spielegattungen altern gleich gut. Vor allem, wenn sie sich derart weiterentwickeln, dass daraus etwas eigenständiges Neues entsteht, sieht der Urvater anschließend oft ziemlich alt aus. So ist es etwa mit Echtzeitstrategiespielen („Command & Conquer“, „Starcraft“, etc.) passiert, aus denen in den 10er-Jahren das superpopuläre Genre der MOBAs („League of Legends“, usw.) entstand. Und so verhält es sich auch mit den klassischen Jump’n’Runs, die mittlerweile weitgehend von speziellen Varianten ersetzt worden sind - Rogue-likes wie „Spelunky“ und Metroidvanias wie die Titel der „Ori“-Serie.

Was tut man, wenn man spürt, dass man bald zum alten Eisen gehört? - Entweder, man findet sich damit ab und setzt sich in den Ruhestand. Oder man schießt aus allen Rohren, um zu beweisen, dass man noch dazugehört. Das neue „Ratchet & Clank“, eine bunte Jump’n’Run-Serie für Playstation, die nächstes Jahr ihren 20. Geburtstag feiert, hat sich zweifellos für die zweite Variante entschieden.

Raus aus der Hängematte, einmal geht’s noch!

Die späten 90er und frühen 2000er Jahre waren die große Zeit der 3D-Hüpfspiele: „Super Mario 3D“ war 1996 der Pionier, danach folgten „Sonic“-Games vom damals noch aktiven Konsolenkonkurrenten Sega, und neben der „Ratchet & Clank“-Serie warf Playstation unter anderem auch noch die „Crash Bandicoot“-Reihe ins Rennen (die übrigens letztes Jahr ebenfalls einen weiteren Nachfolger spendiert bekommen hat).

Anfang der 10er Jahre hat das Genre dann begonnen, sich in Unterformen aufzuteilen. Nur der ewige Springinsfeld Mario hält dem klassischen Game-Gehüpfe bis heute die Treue. Unabhängig vom Inhalt ziehen die alten Marken aber weiterhin, und darüber hinaus können mit bunten, jugendfreien Geschicklichkeitsspielen perfekt neue Generationen angesprochen werden. Insofern kein Wunder, dass die PS5, die aktuell einzige wirklich aktiv bediente Next-Generation-Konsole, nun der exklusive Host für ein neues „Ratchet & Clank“ geworden ist.

Draufgänger mit Roboter

Lustigerweise geht das Entwicklerteam Insomniac Games (das die Serie von Anfang an betreut) selbstironisch mit seiner alternden Marke um: Auch im neuen Spiel mit dem Untertitel „Rift Apart“ hatten die beiden Helden eigentlich schon die Füße hochgelegt und sich zur Ruhe gesetzt als - natürlich - dann doch wieder etwas passiert und sie zum erneuten Einsatz gezwungen werden.

Screenshot aus dem Videospiel "Ratchet & Clank: Rift Apart"

Insomniac Games / Playstation

Das Spiel geht von Anfang an in die Vollen: Wie von der Playstation 5 nun schon ein paar Mal eindrucksvoll vorgeführt, spielt auch das neue „Ratchet & Clank“ grafisch alle Stücke, und der herrlich brummende und amüsant dudelnde Gamecontroller bietet dazu die kongeniale haptische Ergänzung. Spielerisch ist alles sehr vertraut: Springen, schießen, schlagen, stampfen, sausen, schweben. Die ulkigen Gegner stapfen und schwirren um uns herum, lassen schräge Sprüche los und zerfallen nach ausreichendem Beschuss in bunte Energieteile und Schrauben, die wir anschließend einsammeln, und mit denen wir - natürlich - später absurde neue Waffen wie den Schusspilz oder den Hundebohrer kaufen können.

„Ratchet & Clank: Rift Apart“, entwickelt von Insomniac Games, ist im Vertrieb von Playstation exklusiv für die PS5 erschienen.

Die spielerische und erzählerische Besonderheit in „Rift Apart“ sind die Dimensionswechsel. Clank hat nämlich für seinen alten Haberer Ratchet den sogenannten Dimensionator gebaut, mit dem der sich auf die Suche nach weiteren Vertreter*innen seines Volkes machen hätte sollen. Stattdessen ist aber leider das Dimensionsgefüge aus den Fugen geraten, was aber auch gut ist: Denn so haben wir nun Spaß beim Teleportieren zwischen Orten, Zeiten und verschiedenen Dimensionen.

Nur ja keine Längen!

„Ratchet & Clank: Rift Apart“ ist ein Blockbuster im besten Sinne. Es ist wie Comfort Food mit ein bisschen zuviel Zucker, Salz und Fett, das aber manchmal genau das Richtige ist. Wenn wir uns nicht gerade in einer Arena mit schrillen Aliens Duelle liefern, gibt es aufwendig gestaltete Zwischensequenzen zu sehen oder wir rasen mit unseren Schwebeboots über Magnetfelder und Monorails. Damit nur ja nie Langweile aufkommt, wird das Geschehen immer wieder durch Minigames und Puzzleeinlagen aufgelockert. Die Szenerien wechseln gekonnt zwischen quirligen Cyberpunk-Metropolen, zerklüfteten Planetenlandschaften und urzeitlichen Steppen.

Screenshot aus dem Videospiel "Ratchet & Clank: Rift Apart"

Insomniac Games / Playstation

In einer anderen Dimension in „Rift Apart“ ist Ratchet eine Frau und heißt Rivet. Wir spielen sie als auch ihn, Verhalten und Fähigkeiten von Ratchet und Rivet sind allerdings ident.

Es ist eine Reizüberflutung, der man sich gerne hingibt - auch, wenn manches so schnell und intensiv abläuft, dass man manchmal zehn Minuten später schon nicht mehr weiß, was man davor getan hatte. Das ist Fluch und Segen zugleich: „Rift Apart“ ist so mit Inhalten vollgestopft und so rasant in Szene gesetzt, dass keine Zeit zum Innehalten bleibt. Womit wir wieder beim alten Eisen wären: Keiner soll hier glauben, hier sei eine alternde Spieleserie am Werk. Macht lieber weiter! Hier, schon wieder ein fettes Alienkrokodil auf einem Hoverboard! Ein Riesendinosaurier! Ein Dimensionskristall! Unser Raumschiff, das uns zum nächsten Planeten bringt! Eine mannshohe Goldschraube!

Pure Unterhaltung

Obwohl die laute, überbordende Inszenierung manchmal etwas viel werden kann, ist „Ratchet & Clank: Rift Apart“ spielerisch so am Punkt, dass man sich damit genauso gut und ungezwungen unterhalten kann wie mit einem soliden Hollywood-Actionfilm. Die Steuerung ist wunderbar intuitiv und flüssig, die Rücksetzpunkte (nach einem Bildschirmtod) sind mehr als fair, und in Sachen Abwechslung ist das Spiel sowieso ein schwer zu leerendes Füllhorn. Fünf Schwierigkeitsgrade sorgen außerdem dafür, dass wirklich jede und jeder - unabhängig der individuellen Videospielerfahrung - abgeholt wird.

Das neue „Ratchet & Clank“ hievt mit Hilfe neuer Hardware eine bewährte Spielegattung in bombastischer Art und Weise in die Gegenwart. All das kommt uns vertraut und bekannt vor, und genau so soll es auch sein.

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