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Die Initiative #deutschrapmetoo will ein Zeichen gegen sexuelle Gewalt setzen

Hinter #deutschrapmetoo steht ein Kollektiv, das Missbrauchserfahrungen mit Deutschrappern anonymisiert auf Instagram veröffentlicht. Damit will es das gesamtgesellschaftliche Bewusstsein für den Umgang mit sexualisierter Gewalt stärken.

Von Melissa Erhardt

Gut zwei Wochen ist es her, als eine große Debatte über sexuelle Gewalt in der Deutschrap-Szene ausgebrochen ist. Der Auslöser waren Missbrauchsvorwürfe gegenüber dem Berliner Rapper Samra, die in den Sozialen Medien heftig debattiert worden sind. Daraufhin haben auch andere Betroffene ähnliche Erfahrungen geteilt, Rap-Persönlichkeiten wie Shirin David und Visa Vie haben sich schützend hinter sie gestellt.

Als eine Art Anlaufstelle für Betroffene und um diese zu empowern, hat ein feministisches Kollektiv schließlich die Initiative #deutschrapmetoo ins Leben gerufen: „Viele Frauen haben für sich schon damit abgeschlossen, gehen aber jetzt an die Öffentlichkeit, um einfach zu sagen ‚Ihr seid alle nicht alleine damit, mir ist das auch passiert und ich teil jetzt meine Geschichte mit der Community‘“, erzählt eine der Initiator*innen im Interview, die zu ihrer eigenen Sicherheit lieber anonym bleiben wollen.

Selbstermächtigung und Vernetzung

Einer der Faktoren für die Gründung der Initiative, die auf Instagram und Twitter aktiv ist, ist die eigene Betroffenheit der Aktivist*innen: „Wir haben uns sehr lange gefragt, wie wir damit umgehen, wie wir uns selbst irgendwie helfen können aber auch anderen Leuten, wie wir ihnen sagen können, dass sie nicht schuld sind. Das hat uns total geholfen mit der Verarbeitung, dass man das irgendwie gesamtgesellschaftlich einordnen kann und man nicht mehr bei sich persönlich sucht“.

Seit dem Aufruf haben rund 100 bis 150 Betroffene (genaue Zahlen gibt es nicht, die Zahl ist von den Initiator*innen geschätzt) ihre Missbrauchserfahrungen mit der Initiative geteilt, die diese nach und nach anonymisiert veröffentlichen. Das heißt, es werden weder Namen der Opfer noch Namen der Täter veröffentlicht: „Die Erlebnisse der Betroffenen an sich werden immer anonymisiert bleiben. Mit der Veröffentlichung haben wir einfach vor aufzuzeigen, auf welche Art Dinge passieren, wie viel passiert und so weiter. Was wir eventuell machen können wäre, eine Liste von den Namen der Täter zu veröffentlichen. Das haben wir prinzipiell vor, dazu können wir aber nichts weiteres sagen“.

Die Initiative hilft den Betroffenen aber nicht nur dabei, ihre Erfahrungen zu veröffentlichen, sondern vernetzt diese auch mit Anwält*innen oder Psycholog*innen. Sie kooperieren beispielsweise mit einer Psychologin des MiM-Verbandes (Mental Health in Music), die Erstgespräche und akute Gespräche für Betroffene kostenfrei anbietet. Auch Erstgespräche mit Anwält*innen werden organisiert: „Wir wollen den Frauen quasi zeigen, dass sie rechtliche Beratung in Anspruch nehmen können und - wenn sie bereit dazu sind - vielleicht auch sollten, auch wenn es in unserem rechtlichen System super schwer ist. Einfach nur, dass sie wissen: Die und die Möglichkeit gibt es“.

Gesamtgesellschaftliches Problem

Was die beiden im Interview deutlich machen, ist, dass es sich bei sexueller Gewalt um ein gesamtgesellschaftliches Problem handle - Deutschrap sei nur die Nische, die sie sich dabei ausgesucht haben:

„Würde es gesamtgesellschaftlich anders ausschauen, würden wir Betroffenen insgesamt einfach glauben, wäre das rechtliche System anders und wäre das patriarchale System nicht so, wie es jetzt stattfindet, dann würde mit solchen Erlebnissen und solchen Geschichten, die an die Öffentlichkeit kommen, ja auch ganz anders umgegangen werden. Das hat gar nicht so viel mit dem Fan-Dasein, dem Rapper-Dasein oder dem Berühmte-Personen-Dasein zu tun, sondern mit den gesamten Strukturen und dem fehlenden Bewusstsein dafür. Da müsste sich was tun, dass man sexualisierte Gewalt insgesamt viel ernster nimmt und auch versteht, wie akut das jeden Tag stattfindet. Das ist keine Nische, das ist Alltag.“

Was man als einzelne Person selbst tun könne, ist, sich zu positionieren und einzugreifen, wenn man sexistische Handlungen oder sexistisches Verhalten mitbekommt. Auch Betroffenen zu glauben, sich mit der Thematik zu beschäftigen und Seiten zu folgen, die sich mit der Thematik beschäftigen, sei ein wichtiger Schritt.

Gerade arbeitet das Kollektiv an verschiedenen Konzepten und plant mögliche weitere Schritte. Das könnten etwa Awareness-Konzepte für große Veranstaltungen wie Konzerte und Festivals sein, aber auch in Schulen oder im Arbeitsbereich. Ob das von ihnen oder anderen Initiativen passiert, die sich noch bilden, steht noch nicht fest, „aber da kann man sicher ganz viel verknüpfen und verbinden“.

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