FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Menschen in einem Restaurant

CC0

fm4 auf laut

Zurück zur „Normalität“?

Trotz Freude über den Sommer, Öffnung von Kulturangeboten und niedriger Ansteckungsraten kämpfen manche damit, sich an „das neue Normal“ zu gewöhnen. Warum die Rückkehr ins soziale Leben jetzt schwerfallen kann.

Von Claudia Unterweger

Die Erleichterung und Lebensfreude ist vielerorts zu spüren. Endlich ist die Zeit des Rückzugs vorbei, der erste „Post-Pandemie-Sommer“ da. Da wo besonders ausgelassen gefeiert wird, könnte man meinen, die Pandemie wäre nur ein böser Traum gewesen. Doch Feierstimmung will sich bei manchen nicht so recht einstellen. Menschenansammlungen, Fremde, die uns körperlich nahe kommen, laute Musik und Lärm: Nach eineinhalb Jahren auf Distanz sind gar nicht so wenige damit überfordert. „Re-entry Anxiety“ heißt dieses Phänomen.

Von heute auf morgen wieder viele Menschen real zu treffen und die Rückkehr in den sozialen Raum, all das kann dazu führen, dass wir fremdeln. Eineinhalb Jahre Distanzhalten müssen wir auch erst wieder rausbekommen aus unserem System. Die verordneten Regeln, die unter Androhung von Strafe unseren Alltag bestimmt haben, das Misstrauen, die Angst, uns durch Mitmenschen zu infizieren – all das steckt manchen von uns in den Knochen. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Menschen in einem Shopping Zentrum

CC0

Corona als "Ära der Introvertierten“?

Die einen sind überfordert aus Angst vor einer Ansteckung und fühlen sich nicht ausreichend geschützt. Schwangere, Stillenden, Leute aus Risikogruppen, bei denen eine Impfung nicht möglich ist. Und selbst viele Jugendliche, die noch ungeimpft sind - auch wenn jetzt in vielen Bundesländern Impfpartys und Pop-Up-Impfmöglichkeiten die Runde machen.

Weiterhin lieber nur Kontakt mit den Freund*innen aus der persönlichen Corona-Bubble haben aber auch Menschen, die schon vor der Pandemie eher nicht zur Gruppe der Partypeople gezählt haben. „Für sensiblere und leicht reizüberflutete Menschen waren die Lockdowns ein Segen“, schreibt FM4-Hörerin Birgit auf facebook. Social distancing ist Menschen wie ihr entgegengekommen. Sich vorwiegend mit sich selbst zu beschäftigen und nur sporadisch Kontakt mit der Außenwelt zu halten, ist introvertierten Personen wie Birgit das ganze letzte Jahr über nicht schwer gefallen. Warum sollte es also jetzt anders sein?

Jeder Dritte zufrieden mit sozialem Rückzug

Laut dem deutschen Psychologen Stephan Grünewald vom Rheingold Institut hat sich sogar jede und jeder Dritte mit dem sozialen Rückzug im Lockdown ganz gut eingerichtet. Zurückgezogen sein zu dürfen war also für viele eine Erleichterung. Und anders als jetzt auch ein Verhalten, das von der Gesellschaft während des Lockdowns nicht stigmatisiert, sondern beklatscht wurde. Wer sich daheim möglichst konsequent einbunkerte, half die Pandemie einzudämmen. Plötzlich war man vom Weirdo zum Hero geworden.

Der introvertierte Stubenhocker als gesellschaftliches Vorbild scheint nun passé. Die Rückkehr ins soziale Leben wird jetzt häufig wieder verlangt, nicht zuletzt in der Arbeitswelt, wo viele Arbeitgeber*innen das Homeoffice zurückschrauben. Alltag vor Ort im (Großraum-)Büro ist wieder angesagt. Und damit auch wieder engerer physischer Kontakt zu Kolleg*innen und die tägliche Fahrt in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Ein Szenario, mit dem sich nicht alle wohlfühlen. Denn ob alle am Arbeitsplatz die 3G-Regel konsequent einhalten, lässt sich kaum überprüfen.

Wenn die Seele noch Zeit braucht

Sich nicht gleich wieder ins soziale Leben stürzen wollen sich auch diejenigen, die die Corona-Zeit als Phase der Entschleunigung genutzt, und sogar genossen haben. So wie Ella, die auf facebook schreibt, dass sie ihre Woche nicht mehr knallvoll mit Freizeitterminen stopfen möchte: „Ich hab mich sozial vor der Pandemie sehr oft verausgabt und konnte in dieser langen Zeit jetzt lernen ein bisschen besser auf mich zu schauen. Meine große Sorge wäre jetzt, wieder in alte, ungesunde Muster zu fallen. Tatsächlich will ich aber schon Leute sehen, aber am liebsten nur meine engeren Freunde und Kontakte, mit denen man weniger gemeinsam erleben muss, sondern wieder in Gesprächen Zeit und Nähe teilen kann. Nach Lärm und Trubel sehn ich mich irgendwie noch nicht so recht.“

Oder wie es Stefanie Sargnagel formuliert: „Parties sind sowas Stressiges, wer hat die erfunden?“

Menschen in einem Club

CC0

FM4 Auf Laut: Zurück in die “Normalität”

Endlich wieder ausgehen, Freund*innen treffen, Kino, Clubs und Festivals besuchen: 18 Monate Pandemie mit Isolation, Abstandsregeln und erschwerten Arbeitsbedingungen haben unser Leben massiv eingeschränkt. Umso schöner, dass wieder eine Rückkehr in die sogenannte „Normalität“ stattfinden kann. Mit 1. Juli fällt die Maskenpflicht überall dort, wo die 3G-Regel gilt.

Doch der schnelle Wechsel zwischen dem, was gestern noch verboten war und heute wieder angesagt ist, ist für viele eine Herausforderung: Nicht allen gelingt es, den Hebel im Kopf so einfach umzulegen. Während sich die einen über die Lockerungen freuen, kämpfen andere mit Überforderung.

Gehst du ab sofort wieder auf Partys, Events oder meidest du Menschenansammlungen (noch)? Vielleicht bist du noch nicht oder erst frisch geimpft, gehörst einer Risikogruppe an oder bist eher introvertiert – wie geht es dir mit der Rückkehr ins soziale Leben? Kannst du die bedingungslose Öffnung aller Bereiche kaum erwarten oder brauchst du noch länger Zurückgezogenheit und Distanz – und genießt das vielleicht sogar? Zurück in die “Normalität”: Wie wird dieser erste „post-Pandemie Sommer“ für dich aussehen? Ruf an und diskutier mit: FM4 Auf Laut, am Dienstag 6. Juli 2021, ab 21 Uhr auf FM4.

mehr Corona:

Aktuell: