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Big Red Machine

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Der Song zum Sonntag: Big Red Machine - „The Ghost of Cincinnati“

„How Long Do You Think It’s Gonna Last?“ wird das neue Album des Duos Aaron Dessner und Justin Vernon alias Big Red Machine heißen. Darauf zu finden: ein geisterhaftes Stück namens „The Ghost of Cincinnati“.

Von Christoph Sepin

Da sind sie wieder, die Männer mit den Bärten und den Strickmützen, die ihre Wild-West-Geschichten erzählen. Mit den Holzfällerhemden und den sanften Stimmen, den Geschichten von früher und den romantisierten Bildern und Brücken und dem im alten Bummelzug aus dem Fenster Starren. „The Ghost of Cincinatti“ heißt der verhuschte, geisterhafte Blick zurück, den Big Red Machine uns vorsetzen.

Da sind sie wieder, sie waren auch nie wirklich weg: Aaron Dessner und Justin Vernon, der eine von The National, der andere von Bon Iver, der eine Co-Autor und Co-Producer der neuen Taylor Swift-Platten, der andere Gaststimme darauf. Die Grammys waren gerade im März, Swift und Dessner wurden dort für das Album des Jahres ausgezeichnet.

Und jetzt eben zurück zur großen, roten Maschine und dem Duo Dessner und Vernon: „How Long Do You Think It’s Gonna Last?“ lautet der vage Titel des zweiten Albums von Big Red Machine, das am 27. August erscheint (der große Releasetag des Jahres bis jetzt, da erscheint auch zum Beispiel „Screen Violence“, das neue Album der schottischen Chvrches oder „Exit Strategy“, das neue, dritte Drangsal-Album). Darauf zu finden: Zusammenarbeiten mit, natürlich, BFF Taylor Swift, aber auch zum Beispiel den Fleet Foxes oder Sharon Van Etten - jede Menge Akustikgitarrensaiten also. Außerdem auf „How Long Do You Think It’s Gonna Last?“ zu finden: Ein dunstiges, fragiles Stückchen namens „The Ghost of Cincinnati“.

„There the bell tolls noon on 12th and Vine“, das titelgebende Cincinnati im US-Bundestaat Ohio ist auch der Schauplatz des Songs, der offensichtlich bei einem Spaziergang, einer Auto-, Bus- oder Fahrradfahrt durch die Stadt entstanden ist. 12th and Vine, das ist eine Kreuzung, das später erwähnte „Over-The-Rhine“ ein Viertel in Cincinnati, benannt nach dem Fluss in Deutschland.

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  • Auch die geschätzten Wissenschafts- und Popjournalist*innen Thomas Kramar und Heide Rampetzreiter machen sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song ihre Gedanken.

„For the millionth time“, ist Dessner in diesem Viertel gewesen und außerdem: „over myself“ und „over the hill“. Hier ist wohl die Zeit, die er mit sich selbst verbracht hat, Mutter der Lyrics gewesen. Wie in den Produktionen für Taylor Swift spielen auch hier die Orte der Vergangenheit, des Erwachsenwerdens und das Zurückkommen dorthin eine Rolle, Dessner ist schließlich in Cincinnati aufgewachsen. „I park at this spot and stare at the water“ und „the Ghost of Cincinnati slinks past“.

Es geht in diesem Lied nicht darum, Räder neu zu erfinden, sondern alte Bedeutungen als neu zu verkaufen - da kann eine Zusammenarbeit mit einem großen Popstar helfen oder ein farbgetränkter Filter über den alten Polaroids. Oder eben eine Textzeile wie: „My lip on your cup won’t even feel real“. Es ist die Country-Nostalgie mit der Prise Postmoderne. Der Coffee Shop, der früher mal ein Diner war. Die rostige Fabrikshalle, die heute Kunstgalerie ist.

Das ist der Geist der Vergangenheit einerseits, das früher Erlebte, das sich heute anfühlt wie ein Traum, die Erinnerung andererseits, die wie ein Gespenst durch die Straßen und Gassen spukt und an jeder Kaffeetasse riecht („I smell your coffee, can you taste that?“). Und wie der Geist von Cincinnati verblasst auch „The Ghost of Cincinnati“ nach dreieinhalb Minuten einfach so und löst sich in den Rauch und Nebel von gestern auf.

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