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Leuchtende Fische und Delfine mit Namen

Die Meeresbiologin Julia Schnetzer bringt ihren Leser*innen in „Wenn Haie leuchten“ das Ökosystem des Meeres mit einer Mischung aus staunender, fast kindlicher Faszination und wissenschaftlicher Genauigkeit näher und schildert dabei allerlei ungewöhnliche Dinge.

Von Boris Jordan

Das Meer ist in aller Munde, könnte man sagen, wenn das nicht so ein schiefes Bild wäre. Im Hinblick auf Klimawandel und Artensterben steht der größte Lebensraum der Welt immer mehr im Fokus - sei es von Umweltschützer*innen, Klimaexpert*innen oder auch wissenschaftlichen Disziplinen wie Energietechnik, Humanmedizin oder Biochemie. Nun ist ein besonders faszinierendes Buch über Meereslebewesen erschienen; die Meeresbiologin Dr. Julia Schnetzer beschreibt in ihrem Buch „Wenn Haie leuchten“ mit einer Mischung aus staunender, fast kindlicher Faszination und wissenschaftlicher Genauigkeit allerlei ungewöhnliche Dinge, die wir von diesem geheimnisvollen Ökosystem noch nicht wussten.

Kindliche Faszination

Eigentlich ist Julia Schnetzer in München aufgewachsen. Doch nach einem Tauchgang bei einem Südsee-Aufenthalt hat sie ein Schlüsselerlebnis: „Das war so ein Sozialprojekt und da hab ich bei einer Gastfamilie gelebt und mein Gastvater war öfter tauchen, um mit Harpunen Fische zu fangen. Ich wollte immer schon mal tauchen gehen, das war mein Wunsch, seit ich ein kleines Kind war. Und dann hab ich ihn einfach gefragt, ob er mich nicht einmal mitnehmen kann und mir das zeigen kann. Und er hat mich mitgenommen zum Tauchen. Und da hatte ich natürlich das Glück, dass ich auf den Fidschi-Inseln in einem atemberaubenden Korallenriff zum ersten Mal unter Wasser sein durfte, wo alles voll war mit Fischen und Haien und Schildkröten und wie man sich das halt so vorstellt. Da war es um mich geschehen und es war klar, dass ich Meeresbiologie studieren will.“

„Da war es um mich geschehen und es war klar, dass ich Meeresbiologie studieren will.“

Und diese Liebe zum Meer und seinen Bewohner*innen vermittelt uns Julia Schnetzer auch in ihrem Buch „Wenn Haie leuchten“. Wir lernen darin allerlei wunderliche Lebewesen kennen: Tiere, die unter einem so hohen Druck leben, als ob zwei Elefanten auf deinem Zeh stehen würden, Tiere, die so schwarz sind, dass sie auch angeleuchtet unentdeckt bleiben, unsterbliche Quallen, mythische Riesenkraken, Schwämme, die tausende Jahre alt sind, Delfine, die sich an selbstgewählten Namen erkennen und viele mehr.

Meeresbiologin und Autorin Julia Schnetzer beim Tauchen

Julia Schnetzer

Das Interview mit Julia Schnetzer könnt ihr im FM4 Interview Podcast nachhören. Und weil die Fülle dieses Buches den Rahmen einer Geschichte sprengt, wird uns Julia Schnetzer in einer kleinen Sommerserie die vielen wundersamen Wesen und Phänomene aus ihrem Buch noch genauer erklären: Ab 13.7.2021 den ganzen Sommer lang in der Morning Show Serie „Fun with Fish“.

Wie Haie daten

Julia Schnetzer entführt uns auch an einen Ort im Meer, an dem sich, die von allen gefürchteten, weißen Haie der ganzen Welt treffen, um Sexualpartner*innen kennenzulernen: Das „White Shark Café“.

„Die Haie aus dem Nordpazifik, eben die Weißen Haie, die sich dort um die amerikanische Küste im Pazifik tummeln, treffen sich immer einmal im Jahr alle zusammen in einem großen Gebiet zwischen Hawaii und San Francisco. Das haben Wissenschaftler herausgefunden, weil sie denen so Satellitenmarkierungen angeheftet haben. Und das wusste niemand davor, dass sie dahin schwimmen. Zum einen haben sie rausgefunden, dass die wohl da eine ganz schöne Futterstelle gefunden haben, die vorher nicht bekannt war, weil sich quasi das Plankton und die Fische so auf 100 Metern tummeln. Und zum anderen ist die Vermutung, dass die weißen Haie da wahrscheinlich ihr Paarungszeit-Ritual abhalten, auch wenn man gar nicht weiß, wie das genau abläuft. Man hat nämlich weiße Haie noch gar nie bei der Paarung beobachtet.“

„Da ist noch ganz schön viel da draußen, was wir nicht wissen.“

Buchcover "Wenn Haie leuchten"

Hanser Literaturverlag

„Wenn Haie leuchten“ von Julia Schnetzer ist im Hanser Verlag erschienen.

Überhaupt ist nicht nur der Sex der Haie, sondern das Meer nur zu einem erstaunlich geringen Teil wirklich erforscht:

„Das ist eine schwierige Frage. Wie soll man eigentlich wissen, wie viel man nicht weiß, wenn man gar nicht weiß, wieviel man weiß oder man nicht weiß? Es gibt unterschiedliche Schätzungen, die z.B. sagen, dass wir erst ein Drittel aller Arten im Meer kennen, also dass noch zwei Drittel aller Arten überhaupt erst noch gefunden und erforscht werden müssen. Auf jeden Fall sind sehr viele dieser Lebensformen einzellig, Bakterien oder Viren. Aber es gibt auch noch viele Mikro- oder Planktonorganismenarten auch Arten, die dann so vielleicht ein paar Zentimeter groß sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir jetzt eine neue Walart entdecken, ist relativ gering. Aber das ist z.B. dieses Jahr auch passiert. Wir haben auch jetzt nach aktuellem Stand wohl erst 20 Prozent des Meeresboden kartiert. Da ist noch ganz schön viel da draußen, was wir nicht wissen.“

Umweltfragen

Das Hauptmotiv, das sich wie ein roter Faden durch das Buch zieht, ist zuerst mal die Faszination für die Diversität und den Reichtum dieses Lebensraums und für die, sich daraus ergebenden, Möglichkeiten für die Wissenschaft - doch neben all den vielen unerhörten und liebevoll beschriebenen Forschungsergebnissen, kommt auch „Wenn Haie leuchten“ nicht am Umweltfragen vorbei. So war Julia Schnetzer wissenschaftliche Koordinatorin der Ausstellung „Ocean Plastics Lab“, die die Verschmutzung der Meere mit Plastik den Menschen näherbringt. Bewusstsein schaffen war das Ziel der Ausstellung:

„Wir verschmutzen die Meere weiterhin. Meines Wissens ist das jetzt nicht groß weniger geworden. Das Bewusstsein ist da bei den Menschen, aber es passiert eben immer noch in großem Maße. Wir müssen da einfach unseren Plastiknutzen reduzieren und gerade eben auch von Produkten, die vielleicht so nicht notwendig sind, also z.B. eben gerade dieses ganze Wegwerf- Plastik, Verpackung, also so „To Go“ Verpackungen. Aber da braucht es eben politische Maßnahmen, weil das natürlich für die Industrie dann teilweise ein Nachteil ist, wenn sie das nicht mit Einmalplastik machen, weil das für sie kostengünstiger ist. Und deswegen sind da vor allem politische Schritte gefragt. Die EU hat ja jetzt eine neue Plastik Verordnung, wo sowas verboten wird. Ich denke, das sind dann erste Schritte, die da drastisch was machen könnten. Aber die müssen eben auch gemacht werden.“

„Da sind vor allem politische Schritte gefragt.“

Und auch erinnert Julia Schnetzer mahnend daran, wie die wirtschaftliche Ausbeutung, die Erderwärmung und das Artensterben im größten Lebensraum der Erde eine direkte Auswirkung auf das menschliche und tierische Leben an Land und das Überleben auf der Erde hat. Und was von uns einzelnen getan werden kann, um das Meer zu erhalten, klingt gar nicht so kompliziert:

„Klimaschutz ist auch Meeresschutz. Das heißt eben so Sachen wie weniger Auto fahren, Energiesparen, das schützt auch alles das Meer, weniger Plastik nutzen. Und natürlich ist da auch einfach politische Haltung wichtig. Also überlegen, was man wählt. Oder vielleicht Bürgerinitiativen unterstützen, zu Demonstrationen gehen. Das sind alles Sachen, die man machen kann und die eben auch Meeresschutz sind.“

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