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„In the Heights“ sind kleine Träume ganz groß

Dieser Sommerfilm bietet gute Unterhaltung, magischen Realismus und einen spannenden Einblick in die Latinx Communities von New York City. Und - Triggerwarnung - natürlich jede Menge Tanz- und Gesangseinlagen.

Von Christian Pausch

Im Norden von Manhattan zwischen Harlem River und Hudson River liegt das Viertel Washington Heights. In den 1930er Jahren bekam es wegen der vielen jüdischen Österreicher*innen und Deutschen, die vor den Nazis flohen und sich hier niederließen, den Beinamen „Frankfurt on the Hudson“. Heute wird „The Heights“ neben der jüdischen Community großteils von Menschen aus dem lateinamerikanischen Raum bewohnt, vor allem von Migrant*innen aus der Dominikanischen Republik.

In diesem Setting spielt der Musicalfilm „In the Heights“ von Produzent Lin-Manuel Miranda, der auch für den Riesenerfolg „Hamilton“ verantwortlich zeichnet. Ein Stück, das auch viel Kritik einbrachte: Miranda wurde vorgeworfen, die schlechten Seiten der amerikanischen Geschichte (hier vor allem Sklaverei) totzuschweigen und das in einem Musical, dass sich damit rühmte, einen reinen BiPoC-Cast zu haben.

In „In the Heights“ werden die Dinge zwar auch nicht beim Namen genannt, aber Rassismus, Ausgrenzung, die Kämpfe der Arbeiter*innen-Klasse und die Kämpfe der Latinx-Gemeinschaft sind Themen, die die kleinen und großen Träume der Protagonist*innen zum Straucheln bringen.

Der positiven Grundstimmung tut das aber keinen Abbruch und so zeigt sich mal wieder, dass Lin-Manuel Miranda vielleicht kein akkurater Historiker ist, kein politischer Writer, aber ein unverbesserlicher Optimist. Der Produzent hat sich auch gleich selbst in den Film hineinbugsiert und tanzt als quirky Piragua-Verkäufer durch die Straßen. Regie hat übrigens Jon M. Chu geführt, den man schon von „Crazy Rich Asians“ kennt.

„The streets were made of music“

Der junge Usnavi - super sympathisch verkörpert von Anthony Ramos - hat in den Heights seine neue Familie gefunden, nachdem seine Eltern früh gestorben sind. Da sind seine Ziehoma Claudia („Abuela“), seine besten Freund*innen Nina und Benny, sein Love Interest Vanessa, die ganze Belegschaft des nahegelegenen Schönheitssalons und sein Cousin Sonny, der ihm im kleinen Kiosk hilft, welcher Dreh- und Angelpunkt des Viertels ist. Obwohl das eigentlich eine liebevolle Umgebung ist, hat Usnavi nur einen Traum: Er will zurück in die Dominikanische Republik, dort ein Business aufbauen und so seinen toten Vater stolz machen.

Drei Männer in einem Kiosk

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Die ganze Geschichte beginnt drei Tage vor einem Blackout, der ganz Washington Heights betreffen wird, mitten in einer unerträglichen Hitzewelle. Andauernd wird Luft zugefächelt, kalte Colaflaschen werden an Wangen und Nacken gehalten oder Abkühlung im örtlichen Swimmingpool gesucht. Die Hitze würde man dem Musical auch wirklich abkaufen, wenn dazwischen nicht immer halsbrecherische Performance-Einlagen stattfinden würden.

Mit dabei auch jede Menge magischer Realismus, der ja vor allem in Latein- und Südamerika - siehe die Werke von Gabriel García Márquez - eine bedeutende kulturelle Rolle spielt. Wenn der Beat gut ist, tanzen da auch schon mal die Perückenständer im Schönheitssalon, die Tanzbewegungen werden von Cartoon-Zeichnungen unterstützt, oder ein tanzendes Paar bewegt sich nicht etwa die Feuerleiter hinunter, sondern gleich an der Hauswand entlang, ohne die Gesetze der Schwerkraft zu beachten.

Viele Menschen auf einer Tanzfläche

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„Let me listen to my block“

Als dann der Blackout tatsächlich kommt, die Lichter und Klimaanlagen ausfallen, müssen sich Usnavi und sein ganzes Umfeld damit beschäftigen, was wirklich wichtig ist: Ist es der (amerikanische) Traum? Oder sind es die Menschen und Erfahrungen, die man gesammelt hat, während man diesen Traum verfolgt hat?

Wie immer gilt: Wer keine Musicals mag, ist hier fehl am Platz. Aber allen anderen sei gute Unterhaltung und ein spannender Einblick in ein zu wenig beleuchtetes (sprichwörtlich, dank Blackout) Viertel und seine Bewohner*innen versprochen. Auch die zwei Stunden und zwanzig Minuten Laufzeit sollen nicht abschrecken, denn die vergehen tatsächlich wie im Flug.

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