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Alles ist Eins. Außer der 0, Wau Holland

Neue Visionen Filmverleih

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„Alles ist Eins. Außer der 0.“ zeigt die Gründung des Chaos Computer Clubs

Von einem Zusammenschluss einer computerbegeisterten Meute bis hin zu einer Organisation mit Expertenstatus in digitalen Fragen. Die Doku „Alles ist Eins. Außer der 0“ zeichnet die Gründung, die Entwicklung und umstrittene Hackeraktionen des CCC nach. Außerdem ist sie ein filmisches Denkmal für den CCC-Gründer und Internetpionier Wau Holland.

Von Philipp Emberger

Die gezeigten Bilder aus den 80ern wirken aus heutiger Perspektive skurril. Mit Anglerjacke und grauem Pullover steht der Internetpionier und CCC-Mitbegründer Wau Holland neben Frank Elstner im TV-Studio. Wie ein Außerirdischer spricht er über die Hacks des Chaos Computer Club (CCC) und wie sie große Firmen wie die Post mit ihren Aktionen ärgern. Wobei ärgern an dieser Stelle eine Untertreibung ist. Mit ihren Aktivitäten hat der CCC gerade zu Beginn die Grenze des Legalen gestreift und auch überschritten.

So wirkt die Dokumentation über die aufkommende digitale Internetbewegung an manchen Stellen wie ein Krimi. Die Hacker haben sich neben großen Firmen auch mit Geheimdiensten angelegt. Ende der 80er haben beispielsweise verschiedene Hacker*innen westliche Computersysteme gehackt, die gefundenen Informationen wollten sie an den KGB verkaufen. Es sind solche aufsehenerregenden Hacks, die den Vorreitern der Interbewegung neben Aufmerksamkeit auch Ärger beschert haben. An dieser Stelle lässt die Doku Tiefe vermissen, und arbeitet eher pflichtbewusst eine Liste an Hacks ab, ohne die größeren Zusammenhänge wie die versuchte Kriminalisierung von Hackern zu erklären.

Alles ist Eins. Außer der 0, Wau Holland

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„Alles ist Eins. Außer der 0“ widmet sich neben den Anfängen des CCC auch den Anfängen von Wau Holland

Seltsame Menschen mit seltsamen Maschinen

Was als Hackerclub einer computerbegeisterten Meute in den Redaktionsräumen der deutschen Tageszeitung taz begonnen hat, ist mittlerweile eine wichtige NGO rund um die Themen Daten, Internet & Co geworden. Die Gründung des Chaos Computer Clubs ist dabei eng mit dem Namen Wau Holland verknüpft. Der Internetaktivist der ersten Stunde beschreibt die Gründung des Clubs in der Dokumentation damit, dass „seltsame Menschen mit seltsamen Maschinen“ zusammengekommen und sich zusammengetan haben.

Alles ist Eins. Außer der 0, Wau Holland

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Am 29. Juli 2021 jährt sich Hollands Todestag zum 20. Mal

Die beiden Dokumentarfilmer*innen Klaus Maeck und Tanja Schwerdorf räumen Holland nun 20 Jahre nach dessen Tod viel Platz ein. Die Visionen, die der Internetpionier bereits in den 80ern formuliert hat, wirken im Rückblick nun extrem weitsichtig und besitzen mehr denn je Gültigkeit. Holland, der bürgerlich Herwart Holland-Moritz hieß, wurde zum personifizierten Aushängeschild der Hackerkultur und hat bis zu dessen Tod der Öffentlichkeit mit einem verschmitzten Grinsen im Gesicht das Phänomen Hacker erklärt: „Ein Hacker ist ein Mensch, der versucht, gerade beim Umgang mit Techniken rauszufinden, was man sonst noch damit machen kann“.

Für ihn und die Aktivist*innen des CCC war von Anfang an klar, dass das Internet als Informationsmedium die Gesellschafft revolutionieren würde und dass in weiterer Folge, Informationen für alle Menschen frei zugänglich sein müssen. „Alles Ist Eins. Außer der 0“ ist so auch ein Wegweiser für aktuelle Konflikte in der Netzpolitik. Baustellen gäbe es genug, Stichwort: Öffentliche Überwachung, voreingenommene Algorithmen oder das stetige Sammeln privater Daten. Die Sorgen und Forderungen der ersten Internetaktivist*innen besitzen somit auch 40 Jahre nach der Gründung noch erschreckende Aktualität.

Alles ist Eins. Außer der 0, Wau Holland

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„Alles ist Eins. Außer der 0“ Kinostart: 30. Juli 2021

Digitale Gegenkultur

Mit LSD-geschwängerten Bildern, zahlreichen Archivaufnahmen und Musik der deutschen Punkrockbewegung widmen sich die Regisseure Maeck und Schwerdorf der aufkommenden digitalen Subkultur und den Grundsätzen der CCC-Hackerethik. Als Erzähler der Doku fungiert der österreichische Datenschutzaktivist und Bachmannpreisträger Peter Glaser. Er ist Ehrenmitglied des CCC und war Chefredakteur der CCC-Zeitschrift „Die Datenschleuder“. In der Dokumentation spannt er den erzählerischen Bogen von den Anfängen des CCC bis hin zu Waus Erben, der heutigen Generation an Internetaktivist*innen.

Darüber hinaus haben auch bekannte Namen wie Julian Assange, Edward Snowden und auch David Bowie ihren Auftritt in der Doku. Der Musiker sprach Ende der 90er bereits darüber, dass sich die Gesellschaft noch gar nicht vorstellen kann, welche guten und schlechte Sachen das Internet bringen wird. 20 Jahre später ist klar: Er hatte Recht.

„Alles ist Eins. Außer der 0“ ist phasenweise etwas fragmentiert und schneidet viele komplexe Themen an, ohne aber wirklich in die Tiefe zu gehen und Zusammenhänge zu erklären. Am Ende liefert die Doku aber einen interessanten Ein- und Überblick in viele wichtige Konfliktlinien der digitalen Welt. Darüber hinaus ist „Alles ist Eins. Außer der 0“ auch ein humorvolles Porträt über eine prägende Person der Internetgeschichte und ein Mahnmal für digitale Werte.

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