FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Ich und die Anderen, Tom Schilling

Sky

Die Schattenseiten von Sehnsüchten: David Schalkos neue Serie „Ich und die Anderen“

Regisseur David Schalko betritt mit seiner neuen Serie „Ich und die Anderen“ erzählerisches Neuland. In einer surrealen Welt wird Protagonist Tristan auf einen irren Selbstfindungstrip geschickt. In jeder Folge ändern sich für ihn die Prämissen.

Von Philipp Emberger

Interviews mit David Schalko beginnen in diesen Tagen meist mit derselben Einstiegsfrage: „Worum geht es eigentlich in der neuen Serie?“ Zu neunzig Prozent sei das der Fall, verrät Schalko. Das ist nicht allzu überraschend, denn der Regisseur und Autor hat mit der Serie laut Sky-Presseaussendung „erzählerisches Neuland“ betreten. Im FM4-Interview spricht er selbst davon, dass die Serie schwierig zu beschreiben ist, „man muss es sich einfach anschauen“, so Schalko.

Plakat Ich und die Anderen

Sky

„Ich und die Anderen“ ist ab 29.07.2021 auf Sky zu sehen

Wenn man das tut, sieht man Tristan (Tom Schilling). Zu Beginn ist er ein Mann ohne Eigenschaften und wirkt nicht so, als nähme er sein Leben proaktiv in die Hand. Das ändert sich im Verlauf der Serie, der Charakter setzt sich Stück für Stück zusammen und wird zunehmend komplexer. Das liegt vor allem am erzählerischen Hauptelement der Serie. In jeder der sechs Folgen ändern sich die Voraussetzungen. So kommt es, dass Tristan zu den Klängen von R.E.M. in die Dusche steigt und danach plötzlich mit einer anderen Welt konfrontiert wird. Als er dann auf die Straße geht, reagieren plötzlich alle anderen auf ihn. Der Grund: Sie wissen auf einmal alles über ihn, bis hin zu seinen intimsten Fantasien und geheimsten Wünschen. Es ist eine ziemlich unangenehme Vorstellung.

Globalisiertes Überall

Das ist aber nur eines von vielen Settings in der sechsteiligen Serie. Ein sympathischer Taxler (Ramin Yazdani) wird zu Tristans Wunschfee und verändert in jeder Folge die Welt. In einer Folge etwa lieben alle Tristan, in einer anderen sagen sich alle nur mehr die Wahrheit ins Gesicht, was zu vielen Konflikten führt. Die einzelnen Szenarien enden nicht gut, Tristan wünscht sich weiter und verlängert seinen eigenen Selbstfindungstrip. „Ich und die Anderen“ zeigt, dass jede Sehnsucht auch Schattenseiten hat.

Ich und die Anderen, Tom Schilling

Sky

Lars Eidinger gibt den CEO Herr Brandt.

Die Welt, in der die Serie angesiedelt ist, beschreibt Schalko als ein „globalisiertes Überall“. Die Büros nach Silicon-Valley-Vorbild sind mittlerweile überall zu finden und dementsprechend könnte auch die Serie überall spielen. Tristan arbeitet auch in genau so einem Büro, in einem hippen Unternehmen mit dem Namen „42“. Lars Eidinger gibt in seiner Rolle als Herr Brandt den extrem lässigen CEO, Marke Slim-Fit, und steckt im nach maritimen Vorbild eingerichteten Konferenzraum die Zehen in den Sand. Mavie Hörbiger als Ex-Freundin und Katharina Schüttler als Tristans aktuelle Freundin Julia ergänzen den gut harmonisierenden Cast.

Ich und die Anderen, Tom Schilling

Sky

Freundin Julia (Katharina Schüttler) und Tristan (Tom Schilling)

Schwierige Genreverortung

Die Genreverortung von „Ich und die Anderen“ ist komplex und meta wie die Serie selbst. Es ist jedenfalls eine Geschichte in einer surrealen Welt. Das zeigt auch die fantasievolle Bildsprache, da wird es bunt und flashig. Im Vorfeld, die Serie wurde etwa auf der diesjährigen Berlinale präsentiert, ist häufig der Begriff Diskursserie gefallen. Eine Bezeichnung, mit der David Schalko selbst jedenfalls etwas anfangen kann, denn der Regisseur will mit der Serie einen Diskurs zu starten. Er beschäftigt sich mit dem Verhältnis des Ichs zu Anderen und wie sich das wiederum auf das eigene Ich auswirkt. Ausgangspunkt ist die Frage, was passiert, würden sich alle anderen so verhalten, wie wir uns das wünschen.

„Ich und die Anderen“ arbeitet sich auch an einigen Klischees ab. Da geht es etwa der Silicon-Valley-Start-up-Welt an den Kragen und die Kunstwelt kommt genauso schlecht weg wie die Alt-68er-Hippies. Mit seinen versexten Eltern (Sophie Rois und Martin Wuttke) muss Tristan einige unangenehme Gespräche führen, meist geht es dabei um das Geschlechtsteil des Vaters. Das ist aber schon ein Vorbau auf eine mögliche zweite Staffel, verrät Schalko im Interview.

Ich und die Anderen, Tom Schilling

Sky

Sophie Rois spielt Tristans Mutter.

Für Regisseur Schalko ist die Serie erzählerisches Neuland. Im Gegensatz zu seinen bisherigen filmischen Arbeiten, die allesamt linear erzählt waren, ist die Welt nun komplexer und vielschichtiger. Es sind mehrere (Meta-)Ebenen, die sich in der Erzählung überkreuzen. Das wirft Fragezeichen auf, ist wenig gefällig und macht die Serie sicher nicht zum easy Bingewatchsnack für Nebenbei. Wer sich aber darauf einlässt, bekommt eine over-the-top-Serie mit einigen Denkanstößen und einem philosophischen Ansatz. Obendrauf liefert Schalko in vielen Dialogen bissigen Humor, Penisjokes und wilde Szenen.

mehr TV-Serie:

Aktuell: