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Screenshot aus dem Computerspiel "Cris Tales"

Modus Games / Dreams Uncorporated / SYCK

„Cris Tales“ ist eine hübsche Hommage an japanische Rollenspiele

Ein neues Indie-Game aus Kolumbien ist eine Liebeserklärung an klassische JRPGs in einem sehr schicken, bunten Look. Es wäre jedoch besser gewesen, sich dabei nicht so akribisch an den teilweise durchwachsenen Konventionen des Genres abzuarbeiten.

Von Robert Glashüttner

Das Prinzip von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ist natürlich und allgegenwärtig in unserem Leben und doch ist es ist irgendwie auch abstrakt und schwer greifbar. In einem neuen Computerspiel wachsen diese drei Zeitebenen aber ziemlich nah zusammen, und man kann dort mit nur zwei Knopfdrückern wahlweise ins Gestern oder ins Morgen hüpfen. Spielerisch orientiert sich dieses Game stark an klassischen japanischen Videorollenspielen wie die „Final Fantasy“- oder „Chrono Trigger“-Reihen. „Cris Tales“ von den kolumbianischen Entwicklerfirmen Dreams Uncorporated und SYCK, das als Indie-Titel vorab unerwartet viel Aufmerksamkeit eingeheimst hat, ist vor kurzem erschienen.

Zeitzauber*innen unter sich

Crisbell ist ein weiblicher Teenager, der kaum etwas über ihre Herkunft weiß und gemeinsam mit anderen Mädchen in einem Waisenhaus aufwächst. Sie hält nicht viel von sich selbst – bis sie einen sprechenden Frosch und später einen Zeitzauberer trifft. Dann merkt sie, dass sie selbst magische Kräfte hat und mittels eines Zeitkristalls mühelos zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wechseln kann. Crisbell sieht sofort, welche Aktionen welche Konsequenzen haben – da ist die Motivation dann besonders groß, für die Freiheit des eigenen Dorfes und die Zurückschlagung des Bösen zu kämpfen.

„Cris Tales“, entwickelt von Dreams Uncorporated und SYCK, ist im Vertrieb von Modus für Windows, Switch, Playstation, Xbox und Stadia erschienen.

„Cris Tales“ erzählt eine etwas schrille, kitschige Story, die aber durchaus zu JRPGs, also japanischen Rollenspielen passt. Visuell hat das Game allerdings einen sehr eigenständigen Look: Hier sehen wir etwa nicht klassische Anime-Charaktere, sondern alles in diesem Spiel sieht wie ein besonders hübsches, farbenfroh illustriertes modernes Märchen aus. Das liegt wohl an der ungewöhnlichen kulturellen Konstellation, denn „Cris Tales“ kommt nicht aus Japan, sondern stammt, wie gesagt, von kolumbianischen Entwicklerstudios.

Screenshot aus dem Computerspiel "Cris Tales"

Modus Games / Dreams Uncorporated / SYCK

Von links nach rechts: Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft

Gefangen in der Konvention

So toll und besonders das Spiel aussieht, geht „Cris Tales“ in Sachen Gameplay jedoch konventionelle Wege: Obwohl das Intro eher noch ein Adventure ist, werden wir bald schon in die klassische japanische Rollenspielmechanik geworfen. Die besagt: Wir laufen mit unserer Figur bzw. unserem Team herum und alle paar Meter müssen wir – rundenbasiert - einen zufällig aufpoppenden Kampf ausfechten. Wir können pro Runde immer wählen, ob wir mit der jeweiligen Figur mit einer Waffe angreifen oder eine Sonderfähigkeit bzw. einen Gegenstand nutzen wollen. Crisbells Sonderfähigkeit ist natürlich die Zeitmanipulation, die allerdings nicht in jedem Kampf relevant ist.

So stark „Cris Tales“ beginnt, so ernüchternd entwickelt es sich schon innerhalb der ersten Spielstunde. Es gibt zu viele, zu lange andauernde, gleichförmige Kämpfe, und noch dazu kann man nur an manchen Stellen speichern, was zu vielen Versuchen und Wiederholungen führt. Besonders ärgerlich ist das Blocksystem, das darauf aufbaut, dass man gegnerische Attacken zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt durch einen Tastendruck pariert. Das funktioniert allerdings nicht gut, und landen die Gegner einige Attacken in Serie, ist schnell Game Over.

Screenshot aus dem Computerspiel "Cris Tales"

Modus Games / Dreams Uncorporated / SYCK

Gegner greifen von links und rechts an. Mit dem oberen Pfeil kann man etwa Tränke anwählen, mit dem unteren Pfeil kann man versuchen zu fliehen. Probiert man dies allerdings zu oft in Serie, funktioniert es bald nicht mehr.

Schade um die vertane Chance, denn „Cris Tales“ ist ein ungewöhnliches Computerspielprojekt mit einer großartigen Präsentation, das leider zu dogmatisch in teilweise bereits überholten, alten Game-Design-Prinzipien festhängt. Nur wer sich genügend Zeit nimmt, geduldig ist und solide Erfahrung mit klassischen JRPGs mitbringt, wird diese langwierige Zeitreise antreten.

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