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Billie Eilish

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Der Song zum Sonntag: Billie Eilish - „Happier Than Ever“

Der Titeltrack zum neuen Album der Kalifornierin ist eine wahre Emo-Rock-Hymne.

Von Christoph Sepin

Wir sollten alle in diesen Tagen sehr viel Bob Dylan hören. Und Blurs „Song 2“. Und, wenn ihr wollt, auch das neue Album von Billie Eilish. Oder zumindest einen Track davon. Hier eine Empfehlung: Mit dem Titeltrack von ihrer zweiten Platte „Happier Than Ever“ nähert sich Eilish nicht nur auf neue Art einem alten Genre, sondern übernimmt es gleich für sich.

Erste Gedanken zum Album „Happier Than Ever“ gibt es bereits an anderer Stelle zu lesen, hier soll der gleichnamige, vorletzte Song der Platte noch einmal kurz in den Fokus gerückt werden. Ein vorletztes Lied, das eigentlich ein perfekter Closing Song gewesen wäre. Aber, wie es für beide Musiker*innen typisch ist, das wäre Billie Eilish und ihrem Bruder Finneas wohl zu berechenbar gewesen.

Denn im Nachhinein wirkt es, als ob wie Ablenkungsmanöver absichtlich die mittelmäßigsten Songs von „Happier Than Ever“ als Vorabsingles releast wurden - damit wir erst mit der Veröffentlichung des Albums das volle Potential von dieser Sammlung Musik erkennen. Voller Potential und Großartigkeit ist auch das Lied „Happier Than Ever“.

Auch hier wird noch zu Beginn ganz anderes vorgetäuscht: Wie ein old-school Billie-Eilish-Lied beginnt „Happier Than Ever“, während langsam die Ukulele-Saiten angeschlagen werden und Billie ihre Zeilen singt. Zuhören zahlt sich hier aus: „When I’m away from you, I’m happier than ever“, stellt Eilish klar. Absence makes the heart grow fonder, also als Essenz dieses Songs.

Ein waschechtes Break-up-Lied, kann das so ruhig bleiben? Natürlich, und vor allem zum Glück, nicht. Die Ukulele verstummt nach zweieinhalb Minuten, an ihre Stelle treten simple Power Chords auf der Gitarre, ein Bass übernimmt. Ja, darf das denn wirklich wahr sein?, fragt man sich. Ja, darf es und muss es. Hier kommt die Selbsttherapie und das komplette Rauslassen der Emotionen.

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„Wish I could explain it better“, singt Eilish noch im ruhigen Part, wie mit Augenzwinkern in Richtung der Genreänderung, die hier zur Hälfte des Songs kommen soll. „You call me again, drunk in your Benz, driving home under the influence“, erzählt sie aus ihrem Leben und „you scared me to death, but I’m wasting my breath, because you only listen to your fucking friends“. Gegen die Zeitverschwender*innen, die Fuckboys und Egoist*innen dann die folgende Wall of Sound.

Wenn man wieder Karaoke singen gehen kann, werden wir dieses Lied in die Welt hinausbrüllen. Und bis dahin auswendiglernen: „And all that you did was make me fucking sad, so don’t waste the time I don’t have“ und „made all my moments your own, just fucking leave me alone“.

Vor dem Release von „Happier Than Ever“ stellte man sich die Frage, ob auch Billie Eilish ihren Input zum Comeback der Gitarrenmusik beisteuern wird, das gerade durch die Popwelt zieht - und dann kommt so eine Großartigkeit. „Happier Than Ever“ ist mindestens eine Emo-Rock-Hymne, vielleicht sogar ein Stück waschechter Stadionrock. Auf jeden Fall ist das Katharsis für Billie Eilish selbst. Das sei der therapeutischste Song, den sie je geschrieben hat, merkte sie dazu an. Höchstwahrscheinlich wird dieses Lied wohl auch Therapie für Millionen Hörer*innen werden. Und die Gitarren verzerren zum Ende, wie wohl schon lange auf keiner Popplatte mehr.

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