Neue Musik von Cloudelvis, Chromatico, Jelka u.v.m.
Erfreulich, dass alle Neuzugänge für die FM4 Charts wieder österreichische Nummern sind. Ganz besonders schön ist „The Summer We Need“ von Oska Haag, mit seinen Kirchenorgeln und der Indie-Stimme, die klingt, als wäre sie aus Pavement-Zeiten der 90er Jahre wie durch ein Wurmloch zu uns gekommen. Natürlich sind auch alle anderen Songs es wert, dass ihr für sie votet.
Ach ja, dass Luca Malina mit ihrer aktuellen Single „FCKRZ“ die neue Nummer 1 ist und damit Bibiza verdrängt hat, ist auch erfreulich. Nichts gegen den super Song „So Bei Mir“, bei dem der Wiener Rapper ganz bei sich anzukommen scheint, aber „FCKRZ“ ist eine wirklich starke Woman-Power-Nummer mit zeitgeistigem, coolen Sound.
Weil wir gerade beim Zeitgeist sind: Dass es ein „Momentum“ braucht, für den großen shift in der Gesellschaft und Politik, damit wir das Ruder vielleicht doch noch herumreißen können, scheint klar. Aber was ist ein Momentum? Wie entsteht so ein Wendepunkt und können wir ihn herbeiführen, um die Klimakatastrophe abzuwenden und an ein gutes Leben in der Zukunft glauben zu können? Was hat das alles mit Brian Eno zu tun? Das hat das Grazer Elevate Festival versucht herauszufinden. Eine schöne Zusammenfassung des „Diskursprogramms“ gibt es hier von Natalie Brunner zu lesen.
Cloudelvis - „California“
Es gibt unzählige Nummern, in denen Kalifornien besungen wird. Meist als Ort der Träume, Ziel der Sehnsucht, wo alles gut wird und ist. Aber es kann auch eine depressive Stimmung hervorrufen, wenn man im Internet die schönen Küsten, Häuser und strahlenden, lachenden Surfer*innen in der goldenen Sonne sieht und sich im Kopf dorthin beamt, um der Realität zu entfliehen.
Insofern ist die „California“-Hymne von dem geheimnisvollen Elektro-Indie-Pop-Trio Cloudelvis ein aberwitziges und zugleich kritisches Stück, das in seiner Zurückgelehntheit, mit dem schleppenden Beat, den verhallten Synthies und den entfernt erklingenden Gitarrenakkorden sich zu einem absoluten Ohrwurm entwickeln kann. Wenn man am Ende das Meer rauschen hört, dann ist es gar nicht so schlimm, aus der angesprayten Telefonzelle in die Stadt zu treten. Denn auch hier kann sich ein kalifornisches Gefühl im inneren breit machen, wenn man mit dem Sound von Cloudelvis durch die Straßen geht.
Chromatico - „Lizard“
Der Tiroler Singer/Songwriter Chromatico hat sich der Laid-Back-Gitarrenmusik verschrieben. Ein bisschen Blues, ein bisschen Indie, schöne Singer/Songwriter-Passagen und eine zurückhaltende, aber gute Stimme, die sich perfekt in den Sound einfügt.
Die Single „Lizard“ besticht durch eine dichte Atmosphäre, die ein wenig an die amerikanische Wüste denken lässt, wo in der flimmernden Hitze die eine oder andere Eidechse über die schnurgeraden Straßen läuft. Das kunstvolle Video ist ganz in Schwarz-Weiß gehalten und schafft in seiner Reduziertheit einen schönen Kontrapunkt zum vielschichtigen Song.
Jelka - „Brandstifter“
Die Nummer „Brandstifter“ macht es einem zu Beginn nicht so leicht. Sie klingt vom ersten Ton an spannend, aber gleichzeitig irgendwie verschroben. Doch mit den wundervollen Synthies und dem spannenden Arrangement bindet das Stück bis zum Schluss die Aufmerksamkeit.
Jelka ist das Soloprojekt von Volker Buchgraber, dem Frontman von Dust Covered Carpet . Es steckt eine gewisse Dringlichkeit in dem Stück. Es handelt von dem Gefühl großer Unsicherheit, denn in dem Haus des Musikers hat es einen Brandanschlag gegeben, den er mit diesem Stück und dem eindrücklichen Video in Lo-Fi-Ästhetik verarbeitet. So erklärt sich auch die unterschwellige, düstere Stimmung, die nur von dem hoffnungsvoll klingenden Refrain unterbrochen wird.
Giani - „Knister Knister“ (prod. Fid Mella)
Ein klein wenig außer Konkurrenz ist das Stück „Knister Knister“, da Giani eigentlich ein Berliner Rapper ist. Aber die Produktion der seidenweichen, feinen Beats kommt von keinem Geringeren als Fid Mella. Allein deshalb hat dieser Track mit den wirklich coolen Dance-Moves im Video hier einen Platz verdient. Die chillige Atmosphäre tut natürlich ihr Übriges dazu, dass der Tune perfekt in die Sommerzeit passt.
Ein Song, der uns vermittelt, dass man nirgendwo hinfliegen muss, um ein schönes Urlaubsfeeling zu haben. Dazu brauchen wir kein Geld, sondern müssen nur die Ohren aufmachen und die Vibes hereinlassen.
Leeloo - „Nostalgie“
Der poppige Elektro-Track „Nostalgie“ erzählt von Jugend, Freundschaft und vergangenen Konzerterlebnissen am FM4 Frequency. Die Singer/Songwriterin Leeloo wollte mit diesem Track die Gefühle und Stimmungen wieder ins Bewusstsein holen, die lange zurückzuliegen scheinen, denn die Zeit und so manche Freundschaft vergeht schneller, als man am Anfang denkt.
Die Melancholie, die man sich bei so einem Thema und Songtitel erwarten würde, ist zwar unterschwellig zu hören, allerdings machen die Beats und der Drive den Song zu einem tanzbaren Stück der Gegenwart. Dass im Video Strand und Sommersonne zu sehen sind, trägt auch dazu bei, dass sich die Melancholie in Grenzen hält.
Auch noch gut und gut zu wissen
- Wieder gibt es ein Rap-Duo mit schönem Flow. Und wieder ist Yugo mit von der Partie. Diesmal unterstützt er den österreichischen Rapper Lent, der mit „Affe“ ein kritisches und nachdenkliches Stück abliefert.
- Alle lieben Bountydave. Zumindest alle, die auf entspannten Sommer-Rap aus Wien stehen. „Yang Yin“ hat dazu noch eine gute Prise Soul und Indie-Attitüde.
- Auch sommerlich beschwingt und flockig gibt sich Mr. Rose mit der neuen Single „Liebe Dascha“, zumindest musikalisch. Inhaltlich dreht sich das Lied um eine Jugendliebe mit tragischem Ausgang. Trotzdem vermittelt der Song ein positives, lebensbejahendes Gefühl.
FM4 Soundpark Weekly
In dieser wöchentlichen Rubrik servieren Lisa Schneider und Andreas Gstettner-Brugger musikalische Häppchen aus Österreich. Neue Bands und Songs, Videos und Konzerthighlights quer durch den stilistischen Gemüsegarten.
- Die Lo-Fi-Indie-Pop-Truppe Flirtmachine hat es schon wieder getan und mit „Bad Forever“ einen super Song produziert, der herrlich dream-pop-mäßig dahinswingt.
- Ganz unsommerlich geht es bei NIKE101 zu, wenn es um „Restless Sinner“ geht, in cloud-rappigem Soundgewand.
- Mit betörender Stimme und herrlichen Sounds lässt uns Aygyul in ihre „Deep Waters“ eintauchen, die perfekt produziert, spannend und detailverliebt arrangiert sind. Spitzennummer.
- Auch betörend und schön soul-poppig ist die Nummer „Be Yourself“ von KØLEEN. Eine Nummer, die Mut macht, das Herz zu öffnen, von der Liebe zu leben und ganz man selbst zu sein.
- Letzten Donnerstag hat Lisa Schneider im FM4 Soundpark die FM4 Summer Sessions mit Cari Cari präsentiert und Monsterheart anlässlich des Elevate Festivals ins Studio geladen.
- Und in der FM4 Soundpark Sonntagnacht hat Stefan Trischler das schöne Konzert von Attwenger am Popfest gespielt sowie das neue Album von Restless Leg Syndrome in einem Mix und hat auch viele neue Singles aus Österreich vorgestellt.
Publiziert am 10.08.2021