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Gravitationswasserwirbelkraftwerk

Lukas Lottersberger / Radio FM4

Der mit dem „Gravitationswasserwirbelkraftwerk“

Nicht viele können von sich behaupten, dass sie ein eigenes Kraftwerk besitzen. Der Ingenieur Franz Zotlöterer schon. Er tüftelt an alternativen Energiesystemen und hat nicht nur ein selbstgebautes Windrad in seinem Garten stehen, sondern auch ein fischfreundliches Wasserkraftwerk gebaut. Wir haben uns dieses „Gravitationswasserwirbelkraftwerk“ genauer angesehen.

Von Lukas Lottersberger

Ein bisschen sieht es aus, als hätte man bei einer großen Badewanne den Stöpsel gezogen, wenn man in den imposanten Wirbel von Franz Zotlöterers Kraftwerk schaut. An einem Mühlbach neben der Pielach in Obergrafendorf (Niederösterreich) hat er dort 2004 begonnen, dieses Kleinkraftwerk zu bauen. Das Herzstück: ein fast zylindrisches Becken, gut vier Meter breit und zwei Meter tief. In der Mitte wirbelt eine Turbine, die ein wenig an ein Mühlrad erinnert. Sie treibt einen Generator an, der Strom für bis zu 15 Haushalte erzeugt.

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Ein Fahrrad- und Gehweg verläuft direkt daneben und das Kraftwerk lockt bis heute täglich Zaungäste an. Auf diesem Weg ist Franz Zotlöterer oft an der Stelle vorbeigefahren, an dem heute sein Kraftwerk steht. Im Gefälle des Bachs hat er Potenzial für Energiegewinnung gesehen. „Da denkst dir halt, das Wasser rinnt ungenutzt den Bach runter“, sagt der Erfinder, der auch am Department Medien und Digitale Technologien der FH St. Pölten untterichtet, „dann hab ich mir gemeinsam mit meiner Frau überlegt: Wie kann da man sinnvoll und in einem vertretbaren finanziellen Rahmen Energie erzeugen?“

Gravitationswasserwirbelkraftwerk

Lukas Lottersberger / Radio FM4

Sein Heureka-Moment war gekommen, nachdem er in seinem Garten ein Reinigungssystem für seinen Schwimmteich installiert hat. Dieses belüftet mit einem Wirbel das Wasser und reichert es somit mit Sauerstoff an. Inspiriert von dieser Wirbelbewegung überlegten er und seine Frau Regina über Möglichkeiten, auf diese Weise Energie zu erzeugen und kamen schließlich auf die Idee, die dann 2004 am Mühlbach umgesetzt wurde. Seit mehr als 15 Jahren produziert das Kraftwerk also schon Strom.

Gravitationswasserwirbelkraftwerk

Lukas Lottersberger / Radio FM4

Ein besonders positiver Nebeneffekt: Wie bei seinem Schwimmteich wird durch die Wirbelbewegung das Wasser im Becken des Kraftwerks stark belüftet und mit Sauerstoff angereichert. „Die Wasseroberfläche wird durch den Wirbel vergrößert und bewegt“, erklärt der Erfinder. Die Folge: An den Beckenwänden und am Boden wachsen Algen und Moose.

Franz Zotlöterer leert das Becken, um mir die Auswirkungen davon zu zeigen. Wir steigen hinein und müssen aufpassen, dass wir keine der vielen Koppen zertreten, die auf dem moosigen Boden herumrobben. Der Erfinder hebt ein Stück Moos vom Boden hoch. Darunter wuselt es regelrecht: Unzählige Krebse, Larven und andere Kleinlebewesen tummeln sich unter der Moosschicht.

Gravitationswasserwirbelkraftwerk

Lukas Lottersberger / Radio FM4

Die Evolution einer alten Idee

Die Idee eines Wasserwirbelkraftwerks ist an sich nichts Neues. Jedoch geriet die Technologie in Vergessenheit. Zotlöterer hat sie mit seinem Kraftwerk einerseits wiederbelebt und andererseits weiterentwickelt. Patente hält er auf die Form seiner Becken sowie auf mehrere Turbinentypen.

Für seine Erfindung hat Zotlöterer bereits mehrere Preise gewonnen. Mehr als 50 Kraftwerke hat der Ingenieur bereits gebaut: In Italien, der Schweiz oder in Indonesien. In Österreich stehen nicht viele davon. „Das ist halt immer wieder an verschiedensten Sachen gescheitert“, beklagt der Erfinder.

Gravitationswasserwirbelkraftwerk

Lukas Lottersberger / Radio FM4

Gerne hätte Zotlöterer bereits vorhandene, alte Sohlstufen für seine Kraftwerke adaptiert. „Oft ist mir gesagt worden, dass an solchen Stellen Renaturierungsprojekte geplant sind. ‚Da müssen Sie warten, bis das durch ist und dann können Sie eventuell ansuchen.‘ Nachdem das bei etlichen Standorten in der näheren Umgebung der Fall war, habe ich das zurückgeschalten“, sagt Zotlöterer. Doch in Italien sind gerade mehrere seiner Kraftwerke in Bau. „Wir bauen halt dort, wo es einfacher geht.“

Further research is needed

Für Franz Zotlöterer liegen die Vorteile seiner Kraftwerke auf der Hand: Sie sind eine einfache Möglichkeit, lokal, dezentral kostengünstig und umweltfreundlich Strom zu erzeugen. Doch kritische Stimmen behaupten, dass die Fischgängigkeit bei Gravitationswasserwirbelkraftwerken nicht ausreichend bewiesen ist. Der Erfinder ist jedoch davon überzeugt davon, dass seine selbstentwickelte Turbine kein Problem für typische Bachfische darstellt. Mehrtägige Tests mit markierten Fischen hätten gezeigt, dass sie unverletzt durch das Kraftwerk schwimmen könnten. Das Experiment dauerte jedoch wegen eines Hochwassers nur gut eine Woche.

Natürlich sind die Kraftwerke auch ein Eingriff in die Natur. Aus diesem Grund würde der Erfinder gerne bereits vorhandene Infrastruktur nutzen – an Stellen, wo früher Mühlen standen oder eben bei alten, ungenutzten Sohlstufen. „Es gibt viel, wo man noch weiterforschen könnte“, sagt der Erfinder. Das reiche von der Fischgängigkeit der Turbinen, über die Effizienz, bis hin zu den Auswirkungen auf die Gewässerökologie.

Franz Zotlöterer würde sich freuen, wenn weiter an diesen Aspekten seiner Projekte geforscht wird. Und er wünscht sich eine Zukunft, die nicht mehr abhängig ist von endlichen Energieträgern, sondern das Potenzial von grüner Energie vor allem lokal genutzt wird. „Die Natur zeigt es uns vor: Jeder Baum erntet seine Energie lokal und verwertet sie dann – zum Beispiel in Pflaumen oder Äpfeln. Genauso ist es bei der Energieversorgung für uns Menschen“, sagt Zotlöterer. „Es ist wichtig, dass das möglichst lokal passiert. Dann hat man auch selber die Verantwortung für die Anlage, geht verantwortungsvoll mit sich selber, mit den Mitmenschen und mit der Natur um.“

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