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Pentagon Gebäude Luftaufnahme

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Erich Moechel

Was die Pentagon-Datenbanken über Afghanistan verraten

Seit dem Abschluss des infamen „Friedensabkommens“ der Trump-Regierung mit den Taliban Anfang 2020 gingen noch 300 Millionen Dollar an die afghanische Luftwaffe. Ein Lagebericht von Ende 2020 wirft ein Schlaglicht auf die „Kampfbereitschaft“ der afghanischen Armee.

Von Erich Moechel

Die Gelder an die US-Vertragsfirmen für die Streitkräfte Afghanistans flossen bis zur letzten Minute. Noch am 10. Juni wurden 44 Millionen Dollar an McDonnell Douglas für Logistikdienstleistungen und Reparaturservices ausbezahlt. Die Arbeiten für die afghanische Luftwaffe sollten bis Ende November abgeschlossen sein.

Seit der Unterzeichnung des Abzugsabkommens der USA mit den Taliban Anfang 2020 gingen so rund 300 Millionen alleine an Vertragsfirmen aus dem US-Militärkomplex. All diese Zahlen stammen aus den Datenbanken des Pentagon, und dort findet sich auch ein noch unter Präsidenten Donald Trump verfasster Lagebericht vom Dezember 2020, der den Zusammenbruch der afghanischen Streitkräfte in neuem Licht erscheinen lässt.

Promo für US Afghanistan Einsatz

US Department Of Defense

Der Bericht zur Erhöhung der Sicherheit und Stabilität in Afghanistan wurde dem Verteidigungsauschuss im US-Kongress Ende 2020 vorgelegt. Dieser Report überstreicht die Zeit von Juni bis bis 31. Oktober des Jahres, er wurde also großteils nach den Präsidentschaftswahlen im November erstellt. Der Lagebericht ist wie alle anderen in Folge zitierten Dokumente mit einer einfachen Stichwortsuche in der Contractors-Datenbank des US-Department of Defense zu finden. Mehr dazu weiter unten.

Eine teure Luftstreitkräftesimulation

Aktuell dazu in ORF.at

Am Sonntag wurde vor einem möglichen Anschlag des IS auf die Menschenmassen rund um den Flughafen Kabul gewarnt.

Die oben erwähnte Ausschüttung an McDonnell Douglas betraf in erster Linie logistische Unterstützung und Reparaturservices für die Helikopterflotte der afghanischen Armee. Die leichten Hubschrauber vom Typ MD 530F Cayuse wurden von der nicht mehr existenten Luftwaffe des Landes hauptsächlich für Aufklärungszwecke und zur Unterstützung der Bodenkämpfe gegen die Taliban eingesetzt. Wieviele dieser Helikopter tatsächlich ausgeliefert wurden ist nicht genau bekannt. Der Hersteller McDonnell Douglas hatte zuletzt in einer Aussendung vom November 2019 bekanntgegeben, dass nunmehr 54 Stück dieser Helikopter im Einsatz für die afghanische Air Force seien.

Der gesamte Vertrag belaufe sich auf 1,4 Milliarden Dollar, bis zu 150 Stück seien insgesamt für Afghanistan vorgesehen. Das US-Militärmagazin Stars and Stripes wiederum berichtete im vergangenen Mai, dass die USA bis dahin insgesamt mehr als acht Milliarden Dollar allein für die insgesamt 177 Fluggeräte der afghanischen Luftstreitkräfte ausgegeben hätten. Und, dass sie auch nach Abzug der USA weiterhin Unterstützung durch US-Vertragsfirmen bräuchten, weil es in Afghanistan bei weitem nicht genügend Techniker und Logistikpersonal zur laufenden Wartung dieser Fluggeräte gäbe.

MD-530 Helicopter der Afghanischen Luftwaffe

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Die leicht gepanzerten Helikopter vom Typ MD 530F Cayuse Warrior können mit schweren Maschinengewehren (siehe Bild) und/oder einem „Rocket Pod“ zum Abschuss leichter Raketen bestückt werden. Sie sind also zur Bekämpfung von Zielen am Boden optimiert, die über keine echte Luftabwehr verfügen. Ihre Steighöhe beträgt maximal 4.700 Meter, die Helis können insgesamt knapp eine Tonne Nutzlast transportieren.

Die verschwundene Luftwaffe

Aktuell dazu in ORF.at

Nicht ganz überraschend hatten Russland und China bereits die Möglichkeit freundlicher Beziehungen mit den Taliban in den Raum gestellt.

Wo sich diese Helikopter jetzt befinden ist nicht genau bekannt, das US-Militärmagazin „the Drive“ berichtete am 18. August, dass 26 Helikopter und 22 weitere kleinere Flugzeuge auf dem Flughafen Termez in Usbekistan eingetroffen seien. Bei letzteren dürfte es sich großteils um A-29 Super Tucanos des Herstellers Embraer handeln, das sind einmotorige Turboprop Maschinen, wie die Helikopter sind sie für den Bodenkampf ausgerüstet. Die reinen Anschaffungskosten für die Super Tucanos hatten 427 Mio Dollar betragen, die seitdem angefallenen Wartungskosten sind nicht bekannt.

Am auffälligsten an den seit dem „Friedensabkommen“ mit den Taliban fälligen Zahlungen ist, dass sie allesamt für Flughäfen und Luftfahrzeuge und die damit verbundenen Services und Wartungskosten bestimmt waren. So gingen noch im März 2021 9,7 Millionen an Textron Systems für drohnengestützte Aufklärungs- und Überwachungssysteme zur Absicherung der Airbase in Bagram. Das war die dritte Option auf einen Gesamtauftrag von 124 Millionen Dollar. 2019 hatte die AAI Corporation bereits 15,5 Millionen für drohnengestützte Aufklärungs- und Überwachungssysteme zur Absicherung der Airfields Bagram und Kandahar erhalten, auch das war nur die zweite Option eines insgesamt mit 114 Millionen dotierten Vertrags.

Auszug aus Strategiebericht zu US-Taliban Abkommen

US Department Of Defense

Die „USA erfüllten auch weiterhin ihre Verpflichtungen im Rahmen des Vertrags mit den Taliban indem eine schrittweise Truppenreduktion durchgeführt wurde“, heißt es in dem Lagebericht des Pentagon an den US-Kongress. Das Dokument enthält nur einen direkten Verweis darauf, dass für diesen Vertrag irgendwelche Verpflichtungen oder Garantien für die Taliban nötig waren. Dieser Lagebericht ist wie alle anderen zitierten Dokumente mit einer einfachen Stichwortsuche in der Contractors-Datenbank des US-Department of Defense zu finden.

„America First“ - die Chronik eines Verrats

Während der vergangenen sechs Monate - also ab dem Sommer 2020 - seien die Auseinandersetzungen durchwegs über dem saisonale Schnitt gelegen, heißt es einleitend in dem Report. „Die Taliban führten zahlreiche direkte Angriffe gegen die Checkpoints der afghanischen Verteidigungs - und Sicherheitskräfte aus, außerdem waren sie für viele andere Attacken auf die kritische Infrastruktur verantwortlich.“ Und weiter: „Bemerkenswerterweise gingen die Angriffe gegen Personal der US-Streitkräfte und der Allierten Koalition in diesem Zeitraum zurück. Das ist hauptsächlich auf die Absprachen in der Vereinbarung zwischen den USA und den Taliban zurückzuführen“. Die afghanische Regierung war in diese Verhandlungen übrigens nicht eingebunden.

Das heißt, die Trump-Regierung hatte einen Vertrag mit den Kommandeuren der Taliban unterschrieben, der offensichtlich nur eine einzige Verpflichtung für die Taliban enthielt: US-Truppen dürfen während ihres Abzugs nicht angegriffen werden. Die afghanische Armee und die Polizeikräfte betraf diese Vereinbarung klarerweise nicht. Während die US-Soldaten nicht mehr angegriffen wurden, setzte sich das große Sterben ihrer afghanischen Verbündeten bis zum Ende der Kampfhandlungen beschleunigt fort. Am Ende waren laut AP 66.000 afghanische Soldaten und Polizisten gefallen und mehr als 47.000 afghanische Zivilisten waren tot. Die USA und ihre NATO-Verbündeten in Afghanistan - letztere waren in die Verhandlungen mit den Taliban ebenfalls nicht einbezogen - hatten insgesamt 7.000 Tote zu beklagen.

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