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Jake Bugg

RCA/Sony Music

Jake Bugg - Samstag und der Morgen danach

Jake Bugg ist vier Jahre nach seinem letzten Album zurück mit dem neuen Longplayer „Saturday Night, Sunday Morning“. Es ist ein Neubeginn für den Gitarrenpopmusiker aus England, der vor fast zehn Jahren mit seinem Debutalbum einen sensationellen Start hinlegte.

von Eva Umbauer

Jake Bugg ist mittlerweile 27 Jahre alt. Bei seinem Debut war er 18. Britpop, Indie-Rock, Folk, Blues, Pop aus den 60er und 70er Jahren vereinte er in Songs wie „Lightning Bolt“, „Country Song“, „Broken“ oder „Trouble Town“ und belegte mit seinem selbstbetitelten Debütalbum die Nummer Eins der britischen Albumcharts. Der fast schüchtern wirkende junge Mann aus einem Gemeindebau in Nottingham, einer in Mittelengland gelegenen Stadt mit etwa 350.000 Einwohnern, wurde zum Star.

Ein paar Alben und Welttourneen später verlängerte die Plattenfirma den Vertrag mit Jake Bugg nicht mehr. Sein zweites Album, „Shangri La“ - produziert vom US-Amerikaner Rick Rubin - hatte „nur mehr“ Platz drei in den britischen Albumcharts erreicht, sein drittes, „On My One“ - von Jake selbst und dem Nordiren Jacknife Lee produziert -, kam bis Platz vier und das vierte Album, das von Dan Auerbach von den Black Keys produzierte „Hearts That Strain“, bis Platz sieben.

Das ist zwar Jammern auf hohem Niveau, aber es war zu wenig für seine Plattenfirma. Nicht so schlimm, Jake Bugg hatte rasch einen neuen Vertrag. Sein bereits fünfter Longplayer, „Saturday Night, Sunday Morning“, ist das Ergebnis.

Im Jänner letzten Jahres kam Jake Bugg aus Japan zurück, er hatte dort Konzerte gespielt. Im März kam die Pandemie. Sie hat ihn wieder enger mit seiner Familie in Nottingham zusammengebracht. Vorher war Jake ständig auf Tour, beim Songschreiben oder im Aufnahmestudio. Auch so gesehen ist „Saturday Night, Sunday Morning“ ein Neustart. Innehalten und schauen, wo die kreative Reise nach vier Alben hingehen könnte.

„Saturday Night, Sunday Morning“, so erklärt Jake Bugg im FM4-Interview, beinhaltet Songs, die für den Samstagabend passen, und dann andere, die eher für den Sonntagmorgen gedacht sind. Also die freudigen für die Party am Samstag und dann die melancholische(re)n für den Morgen danach. Oder, so könnte man es auch interpretieren, die „Kracher“ waren die Songs vor der Pandemie und die traurigen Lieder sind der Soundtrack zur Gegenwart.

Das Album ist meisterhaft produziert, unter anderen vom Briten Steve Mac, einem Songschreiber und Producer mit eindrucksvollem Portfolio - von Boyzone über Sam Smith bis zu London Grammar. „Ich weiß gar nicht wirklich, mit wem er so gearbeitet hat“, sagt Jake Bugg im FM4-Interview, aber dass Steve ein ziemlich schneller Arbeiter im Aufnahmestudio ist, das kommt Jake absolut gelegen.

Einer dieser toll gemachten Songs am neuen Album ist „Rabbit Hole“ - ein moderner Indie-Pop-Kracher mit einem richtig guten Gitarrenriff von Jake. Beim melancholischen und gleichzeitig sehnsuchtsvoll euphorischen „Downtown“ sitzt Jake Bugg am Klavier und singt „summer nights we go raving, you´ll never be alone in the summertime, follow me downtown“. Seine Songtexte kommen wie immer direkt vom Herzen, sind jetzt fast schon ikonisch.

Gehen wir also in die Stadt auf einen Drink mit Jake Bugg, denn es ist Sommer und niemand soll allein sein. Das „downtown“ könnte überall sein, egal welche Stadt nun genau, vielleicht auch Nottingham, die englische Heimatstadt von Jake Bugg. Ihr ist er durch die Pandemie wieder näher gekommen. Auch der Albumtitel bezieht sich auf Nottingham. „Saturday Night, Sunday Morning“ kommt von einem Roman namens „Saturday Night And Sunday Morning“, der Ende der 1950er Jahre erschienen ist.

Jake Bugg

RCA/Sony Music

„Saturday Night, Sunday Morning“ von Jake Bugg ist bei RCA/Sony Music erschienen.

Der Autor von „Saturday Night And Sunday Morning“, der 1928 geborene Alan Sillitoe, kam aus Nottingham, war ein Arbeiterkind, das mit 14 Jahren anfing, in einer Fabrik zu arbeiten. Sein Debütroman - auf Deutsch „Samstagnacht und Sonntagmorgen“ - sowie der Kurzgeschichtenband „Die Einsamkeit des Langstreckenläufers“, ebenfalls Ende der 1950er Jahre erschienen, wurden über Großbritannien hinaus Bestseller. Sie waren auch Vorlagen für Filme.

Saturday Night, Sunday Morning

Der Roman „Saturday Night And Sunday Morning“ spielt in der Arbeiterschicht von Nottingham und zeigt den zermürbenden Alltag der Menschen, ihre hoffnungslose Situation. Das ausschweifende Leben und Lieben eines jungen Arbeiters an den Wochenenden und die jeweils anschließende Ernüchterung wird beschrieben. Der junge Mann versäuft seinen Lohn, aber dann möchte sich der rebellische Protagonist in die Gesellschaft integrieren, um sich fest an seine Freundin zu binden. Es deutet sich die britische Konsumgesellschaft der 1950er und 60er Jahre an.

Jake Bugg liebt alte Popmusik - von den Bee Gees über Don McLean bis zu den Beach Boys. Diese Songs hatten unschlagbare Melodien und genau das liebt Jake Bugg, der eigentlich Jake Kennedy heisst. Seine große Stärke ist, Popmusik aus längst vergangenen Tagen, Blues, Folk und Soul in ein zeitgenössisches Gewand zu hüllen und so auch einer jungen Generation zugänglich zu machen, etwa mit Songs vom neuen Album wie „Kiss Like The Sun“ oder „About Last Night“. Bei letzterem erinnert sein Gesang fast ein wenig an den frühen Morrissey.

„All I Need“, der Album-Opener, ist toll produziert, der Album-Closer - das wunderschöne „Hold Tight“ - ist eine Indie-Pop-Ballade und erinnert an die Songs vom allerersten Album von Jake Bugg. Dazwischen finden sich noch Songs wie „Screaming“ mit seinem euphorischen Refrain, „Maybe It´s Today“, das eine wunderbar simple Blues-Rock-Ballade ist, und „Scene“ - ebenfalls eine Ballade, aber eher in Richtung Country-Rock, samt einem Slidegitarren-Solo.

„Lost“ ist ein Kracher mit Elektronik und Bass und „Lonely Hours“ ist ein dynamischer Indie-Rock-Track, wo einfach alles stimmt, der absoluten Perfektion nahekommt, nämlich von der Instrumentierung über den Gesang bis zur Produktion. Rave on, Jake Bugg!

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