Venice Film Festival 2021: Blutmond über Venedig
von Gini Brenner, aus Venedig
Mona Lisa lächelt nicht
Einer der erwähnten Höhepunkte war ohne Frage Ana Lily Amirpours fein durchgeknalltes Fantasy-Horrormärchen „Mona Lisa and the Blood Moon“. Aminpour hatte hier ja schon vor fünf Jahren mit dem Endzeit-Irrsinn „Bad Batch“ Aufsehen erregt, in der Hauptdarstellerin Suki Waterhouse gleich in den ersten Filmminuten mehrere Extremitäten an eine Kannibalentruppe verlor.
Heuer geht Aminpour es (ein wenig) ruhiger an: Nach 12 Jahren gelingt der jungen Mona Lisa Lee (ganz super: Jeon Jong-seo) die Flucht aus einem albtraumhaften Irrenhaus. Die mit normalem menschlichem Umgang völlig unerfahrene Frau landet ausgerechnet im Cesspool von New Orleans – doch ist sie dem gefährlichen Großstadtdschungel nicht ganz schutzlos ausgeliefert. Mona hat nämlich ganz besondere Fähigkeiten. Und die weiß bald auch die vom Leben reichlich zerfranste Stripperin Bonnie (fast noch superer: Kate Hudson) für ihre Zwecke zu nutzen...
Venice Film Festival
„Mona Lisa and the Blood Moon“ läuft hier im regulären Wettbewerb. Viel Löwen-Chancen gebe ich ihm persönlich nicht, dazu ist die „ernsthafte“ Konkurrenz zu stark – auch wenn ein Darsteller*innenpreis für Kate Hudson sehr angebracht wäre.
Bloody Swinging Sixties
Nicht im Wettbewerb, aber mit einem ganz ähnlichen Vibe kommt „Last Night in Soho“ daher – ein bis zum Schluss spannender, mit vielen Wendungen und Anspielungen verzaubernder... tja, ich mag jetzt das Genre nicht verraten, denn schon alleine das spoilert meiner Ansicht nach schon zu viel. Ich schwärme nur schnell von Anya Taylor-Joy („Queen’s Gambit“) in der Rolle als Sixties-Starlet, und der britischen Schauspieler-Legende Diana Rigg („The Avengers“) als schrullige Vermieterin. Nicht verpassen!
Venice Film Festival
Durchaus auslassen dagegen kann man „Sundown“ von Michel Franco, der voriges Jahr mit „Nuevo orden – New Order“ den Goldenen Löwen gewonnen hat. Sein neuer Film ist zwar groß besetzt mit Tim Roth, Charlotte Gainsbourgh und Iazua Larios (in Mexico und Spanien ein Star, bei uns durch die seltsamen „Winnetou“-Neuverfilmungen von Philipp Stölzl etwas bekannt geworden), sonst aber seltsam unnötig. Ein Film, der der alten Weisheit „Das Leben ist wie Kino – es hat nicht viel Sinn, aber man sollte darauf achten, wenigstens in einem guten Film zu sitzen“ wieder einmal das Wort redet.
MIGUEL MEDINA / AFP
Publiziert am 06.09.2021