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Impfung und vierte Welle: Ist eine freie Entscheidung unter Druck möglich?

Die Spaltung der Gesellschaft durch aktuelle Maßnahmen gegen Covid-19 nimmt zum Teil bedenkliche Ausmaße an. Nicht nur im Gesundheitsbereich, auch in Kindergärten, Schulen und bald auch in Universitäten wird damit experimentiert, wie weit eine Ungleichbehandlung von Menschen mit unterschiedlichem Infektionsschutz-Status gehen kann, und wie weit Ungeimpfte ausgeschlossen werden sollen. Der psychische und soziale Druck wird von Betroffenen als Mobbing beschrieben. Ist die Entscheidung, sich impfen zu lassen oder nicht, unter diesen Bedingungen noch eine freie Entscheidung?

Von Lukas Tagwerker

Silke ist seit vielen Jahren Lehrerin an einer öffentlichen Pflichtschule. Die Impfbereitschaft unter der Lehrer*innenschaft sei generell groß, sagt sie. „Teilweise gehen sie freiwillig impfen. Teilweise ist der Druck so groß, dass ich nicht sagen kann, es ist freiwillig. Es ist keine freie Entscheidung, wenn man im Konferenzzimmer gemobbt wird, wenn öffentlich gefragt wird: ‚Na, host di no imma ned impfn lossn?‘“

Männliche ungeimpfte Kollegen würden als Angsthasen hingestellt. Eine negative Entscheidung werde nicht verstanden. „Es wird zu einer moralischen Frage gemacht, man gilt dann als ‚asozial‘."
Informationen über den Impfstatus gelten einerseits als personenbezogene Daten. Andererseits seien im Schulkontext Zwangs-Outings an der Tagesordnung. Der Druck, den Impfstatus allgemein bekannt zu geben, komme auch von Schüler*innen und besorgten Eltern. Dass nun die wöchentlichen PCR-Tests nicht mehr direkt an ihrer Pflichtschule gemacht werden, sei eine weitere Belastung: "Die Lehrer müssen dann in die nächstgelegene Stadt fahren.“

Wird auf Umwegen so eine Impfpflicht eingeführt? Silke erzählt von ihrer Nichte, einer begeisterten Mathematik- und Turnlehrerin, die an einer Autoimmunerkrankung leidet und sich daher gegen die aktuell angebotenen Impfungen entschieden hat. Silkes Nichte möchte einen Impfstoff auf Proteinbasis bekommen und hofft auf die Zulassung von Valneva. „Sie hat mich heute in der Früh kontaktiert, sie hat in der Nacht kein Auge zugetan. Sie hat Angst um ihren Job und ist fix und fertig.“ Am Tag davor hatte diese Lehrerin die Information bekommen, dass sie an einer Fortbildung, für die sie sich angemeldet hatte, nun doch nicht teilnehmen könne, da dort „1G“ gelte.

1G = Impfpflicht?

An „1G“ hat nicht nur die Virologin Dorothea von Laer zuletzt die Sinnhaftigkeit bemängelt. Auch der Jurist und Rektor der Universität Linz, Meinhard Lukas, hat Zweifel: „Ich habe sowohl Bedenken, ob die gesetzlichen Bestimmungen das wirklich hergeben, als auch aktuell große verfassungsrechtliche Bedenken.“ Solange es bei Freizeiteinrichtungen wie der Nachtgastronomie kein „1G“ gebe, könne man das nicht beim Zugang zum öffentlichen Bildungsangebot machen, auf das junge Menschen angewiesen seien.

Die Studentin Laura, die gerade ihr Masterstudium beginnen will, fühlt sich in ihrer Impfentscheidung nicht „komplett frei“. Sie erwartet, zur Impfung genötigt zu sein, wenn die erforderlichen Tests kostenpflichtig werden. „Nicht aus einer eigenen Entscheidung heraus, sondern, weil ich es mir nicht leisten werde können.“ So würden sich diejenigen, die genug Geld haben, ihre Freiheiten weiter erkaufen können. „Wenn ich genug Geld habe, ist es ja kein Problem. Wenn nicht, dann bin ich genau da, wo man mich haben will. Das finde ich schon krass.“

Inzwischen plant die Universität Linz zentrale Checkpoints am Campus und die Einführung farbiger Kontrollarmbänder. Es heißt: Geimpfte sollen länger geltende Armbänder bekommen. Rektor Lukas betont allerdings: „Es hat jeder, egal, ob er geimpft, genesen oder getestet, die selbe Farbe am selben Tag.“

FM4 Podcast Auf Laut (Auflautpodcast)

Radio FM4

Auf Laut: Tabubruch Impfpflicht?

Mit Claudia Unterweger am 7. September 2021, von 21 bis 22 Uhr auf Radio FM4 und anschließend im FM4 Player.

Mit dem Anstieg der Infektionen steigt der Druck, sich gegen Covid-19 impfen zu lassen. Ein mögliches Ende der Gratistests und immer strengere Kriterien für die Teilnahme am sozialen Leben sollen dafür sorgen, die Impfbereitschaft zu erhöhen. Zutritt nur für vollständig Geimpfte, also „1G“, gilt bereits für Einsteiger*innen in den Lehrberuf und in das Gesundheitswesen. Welche Auswirkungen hat die Spaltung der Gesellschaft in „geimpft“ und „ungeimpft“, und wie kommen wir durch die vierte Welle? Wir diskutieren mit Fachleuten, Betroffenen und Anrufer*innen.

Diskutiert mit unter 0800 226 996, per Mail oder auch auf unseren Social-Media-Seiten.

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