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Die fünf Bandmitglieder von 5K HD

Hanna Fasching

Die präzise Schönheit der Geräusche: „Creation Eats Creator“ von 5K HD

5K HD covern sich selbst. Auf „Creation Eats Creator“ arrangieren sie ihre Songs neu und präsentieren diese in akustischem Gewand.

Von Susi Ondrušová

In einer perfekten Welt würde 5K HD Radiohead auf einer Welt-Tour begleiten und Mira Lu Kovacs würde jeden Abend „The National Anthem“ oder vielleicht auch „I Have Seen It All“ als Zugabe singen. Die Band würde über Johnny Greenwoods Pedal-Wiese gebeugt ihre bevorstehende Pop-Weltherrschaft verhandeln. Aber das ist leider nur der Rom-Com-Verlauf eines Fan-Traumes. In der echten Welt hofft man, dass die kommende Herbst-Tour durch Österreich, Deutschland und die Schweiz tatsächlich so stattfinden wird wie geplant und freut sich über „Creation Eats Creator“, das dritte Studio-Album der 5-köpfigen Band, die ihre Songs nun in neuem akustischem Gewand präsentiert.

„Zerbrechlichkeit trifft auf Selbstzerstörung trifft auf Eskalation trifft auf Harmonie“ fasst Christoph Sepin die Essenz dieser wunderbaren Band 5K HD anlässlich ihres Konzerts am Popfest 2017 zusammen. Das war ein paar Monate bevor die Band-Formation rund um Mira Lu Kovacs und Kompost3 ihr Debütalbum „And To In A“ veröffentlicht. 2019 folgt „High Performer“, für das die Band mit dem Tonstudiopreis „Best Sound“ beim Amadeus Award 2020 ausgezeichnet wird. Im Pandemie-Jahr überraschten 5K HD schließlich mit der lebensbejahenden Nummer „Happy Fxxxing Life“ die man ruhig auch der Kategorie Fitness-Center-Musik zuordnen könnte. Eine musikalische Endorphin-Spritze, die auch zur logischen Nummer Eins der FM4 Jahrescharts im „mütendem“ Jahr 2020 wurde.

Wenn man sich auf eines verlassen kann, dann, dass die Neugier, das musikalische Können und die Experimentierfreude der einzelnen Bandmitglieder zu davor unerhörten Klangergebnissen führen wird, das beweist auch „Creation Eats Creator“.

Mira und Manu bei FM4

Gersin Livia Paya

Manu Mayr und Mira Lu Kovacs

Die Idee, die 5K HD-Songs ohne jegliche „Elektrifizierung“ neu zu überbearbeiten entstand, als Manu Mayr bei einem Konzert im Wiener Porgy&Bess seine vielen musikalischen Projekte vorstellen sollte. Statt Synths und „Effekt-Ketten“ wollten die Bandmitglieder mit Flügel, Kontrabass, Schlagzeug, Trompete und Stimme arbeiten.

Mira Lu Kovacs meint: „Das ist ein bisschen ‚back to the basics‘ für uns gewesen und eine spannende Aufgabe, das zu arrangieren!“ Manu Mayr ergänzt: „Das ist natürlich eine Herausforderung, aber dadurch, dass wir uns schon unser ganzes Leben damit beschäftigen, war es dann im Band-Format etwas Natürliches und auch relativ schnell umzusetzen. Diese Ästhetisierung des Geräusches hat eine sehr wichtige Rolle gespielt. So etwas wie Saiten-Schnarren oder der Luft-Anteil eines Trompeten-Tons. Diese Dinge, die sonst eher so als Nebengeräusch oder Nebenerscheinung auftreten und wegproduziert werden. De-Breath! De-Click! Alles, was man so verwendet, bei modernen Pop-Produktionen. Da haben wir uns wirklich NUR auf das akustische Ereignis an sich fokussiert.“

Akkordfolgen, die bei Original-Songs per Knopfdruck am Synth zu hören waren, mussten nun am Klavier gespielt werden. Mit Benny Omerzell am Klavier kein Problem. Über Bennys Rolle innerhalb der Band meint Mira Lu Kovacs: „Er hält das Schiff immer sehr gut zusammen. Ich finde, er ist so ein bisschen der Leim zwischen den Stücken und trägt zur Dynamik unfassbar viel bei.“

Die fünf Bandmitglieder von 5K HD

Hanna Fasching

Um Hall-Effekte zu erzeugen, für die man theoretisch ebenfalls einen Knopf bedienen könnte, wollten 5K HD gar keine „künstlichen Räume“ verwenden: „Wir benützen das Klavier als unseren Raum“, sagt Manu Mayr im FM4-Interview. „Sobald das Klavier an das Halte-Pedal drückt, sind alle Saiten auf einmal freischwebend und der ganze Klavier-Körper wird zu einer Resonanzkammer, und alles, was man da reinsingt oder -schickt, oder alles, was da drin aufgefangen wird, kriegt über die schwingenden Saiten und über den ganzen Korpus und den Holzboden so einen natürlichen Hall.“

Songs ohne Effekt-Geräte akustisch „zu übersetzen“, klingt nach einer aktionistischen Aufgabe. Im Studio haben die Musiker*innen zum Beispiel das Körperinnere des Klaviers mit Magneten und Filzen „präpariert“, Verzerrungen am Kontrabass wurden mit Fingernägeln nachgestellt, Trompete ohne Mundstück spielen hat ebenfalls geholfen, neue Sound-Elemente zu kreieren.

Mira Lu Kovacs freut sich, dass auf dem Album nun auch ihre Bandkollegen im mehrstimmigen Chor zu hören sind. Sie erzählt, dass sie bei den Studioaufnahmen ihre Gesangsparts „noch leiser gesungen“ hat, als sie es bei „normalen“ 5K HD-Sessions macht, um die Intimität der akustischen Klangwelt hervorzuheben. Ein höchst positiver Nebeneffekt ist, dass genau dadurch die Stimme präziser klingt und Lyrics noch verständlicher werden. Gleich beim zweiten Track, „Selfish Lover“, hört man nun viel klarer als beim Original-Song die Zeile, die nun als Albumtitel dient: „creation eats creator“

Less is more!

Die Dringlichkeit der Originalsongs - man höre nur „What If“ mit der atemberaubenden Zeile „the government sold you to comfort and shame“ –, diese Dringlichkeit bedeutet in akustische Sprache übersetzt, dass die neu arrangierten Songs auf „Creation eats Creator“ zeitweise viel trauriger klingen. Was sich für manche vielleicht wie ein Innehalten am Rande eines schwarzen Lochs anfühlt, kann aber für andere auch ein Moment des sich heranbahnenden Empowerments sein, ein Standpunkt in der Stille, ein Um-sich-Blicken in der Reduktion. Mira Lu Kovacs meint: „Für mich persönlich sind diese Power-Momente oft in den langsam getragenen Balladen. Das heißt aber nicht, dass da nicht voll die Post abgeht und es voll den Aufbau gibt.“

Albumcover: Die fünf Bandmitglieder liegen ausgestreckt auf einer großen Treppe im Freien. Sie haben alle das gleiche gelbe Shirt und die gleiche braune Hose an.

5K HD

„Creation Eats Creator“ erscheint am 10. September 2021 via fiveK Records/ink Music.

Für Manu Mayr war die Auseinandersetzung mit ‚less is more‘ schon immer essentiell: „Das ist so ein bisschen ein Motto geworden für viele von uns. Auch im persönlichen, künstlerischen Schaffen, auch abseits der Band. Für mich ist das ein Riesenthema. Bei ‚weniger ist mehr‘ hat man auch Zeit und Platz, das Genaue im Detail auch auszuarbeiten und das ‚mehr‘ ist dann irgendwie das ‚weniger‘, das schöner, oder nicht unbedingt schöner, aber sagen wir einfach detailreicher ausformuliert werden kann!“

Höre zum Beispiel die acoustic Version von „In, Out“ oder eben den Überhit „Happy Fxxxing Life“ der im Akustikgewand mit der Energie vom Original zwar nicht mithalten kann, aber warum auch das Eigenleben der Songs gegeneinander ausspielen. Wenn man beide Versionen des 5KHD-Klangkosmos genießen und darin eintauchen kann.

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