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Aaron Dessner,Justin Vernon eingehüllt in Jacken

Graham Tolbert

„How Long Do You Think It’s Gonna Last?“: Big Red Machines zweite Superstarparade

Aaron Dessner und Justin Vernon haben mit ihrem Bandprojekt Big Red Machine kürzlich ihr zweites Album veröffentlicht. Dessner (The National) und Vernon (Bon Iver) begrüßen auf „How Long Do You Think It’s Gonna Last?“ Gastmusiker*innen wie Anais Mitchell oder Pop-Superstar Taylor Swift. Am besten und berührendsten ist Big Red Machine aber, wenn Aaron Dessner selbst zum Mikro greift.

Von Eva Umbauer

„This is Aaron’s record“, sagt Justin Vernon über das neue Album von Big Red Machine, dem gemeinsamen Bandprojekt von Justin Vernon von Bon Iver und Aaron Dessner von The National. Dennoch sind Justins Spuren schon auch über die ganze Platte verteilt. Aber Justin will damit die ganz besondere Rolle des so bescheidenen Aaron Dessner auf „How Long Do You Think It’s Gonna Last?“ noch einmal extra betonen. Stimmt, wenn Aaron zum Mikro greift...

Taylor Swift revanchiert sich

Aber fangen wir mit Taylor Swift an. Aaron Dessner co-produzierte letztes Jahr viele Tracks der beiden Taylor-Swift-Alben „Folklore“ und „Evermore“, und zum Teil komponierte er die Songs auch mit. Auch Justin Vernon war vertreten, mit seiner Stimme und bei der Instrumentierung. Für das „Folklore“-Album gab es dann einen Grammy für Swift und Dessner. Taylor Swift singt jetzt bei den Big Red Machine Songs „Renegade“ und „Birch“ mit. Letzterer Track ist schon jetzt ein Klassiker, samt geheimnisvollen Hooks. „Renegade“ ist das wohl poppigste Stück am neuen Album von Big Red Machine und hat eine herrlich frenetische Akustikgitarre, gespielt von Aaron Dessner.

Noch eine Pop-Songwriterin findet sich am neuen Album von Big Red Machine: Ilsey. Ilsey Anna Juber ist eine kalifornische Songschreiberin, die für die aktuell Großen des Pop schreibt: von Miley Cyrus über Bebe Rexha bis zu Rita Ora. Ilsey kommt aus einer kreativen Familie - ihr Vater war der Gitarrist von Paul McCartney & The Wings und ihr Großvater mütterlicherseits produzierte US-Fernsehserien wie „Gilligan’s Island“ oder „The Brady Bunch“. Der Track, auf dem Ilsey am neuen Big -Red-Machine-Album zu hören ist, heißt „Mimi“.

Viele tolle Gastsängerinnen

Neben Ilsey oder Taylor Swift: die US-Musikerin Anais Mitchell. Der Song, bei dem sie die Lead-Vocals übernimmt, heißt „Latter Days“. Er war einer der ersten, den Aaron Dessner und Justin Vernon für die zweite Platte von Big Red Machine fertig hatten, und er sollte gewissermaßen die Grundstimmung für dieses Album legen.

Anais Mitchell hat bisher sieben Alben veröffentlicht. Die Singer/Songwriterin aus dem US-Ostküstenstaat Vermont landete mit der Bühnenversion ihres 2010er-Albums „Hadestown“ einen Broadway-Hit, für den es acht Tonys gab - die große Broadway-Musical-Auszeichnung. In der Rolle des Orpheus war übrigens Justin Vernon von Bon Iver zu sehen. Justin ist ein großer Fan von Anais Mitchell, so coverte er etwa ihren Song „Coming Down“.

Plattencover von Big Red Machines "How Long Do You Think It’s Gonna Last?“

Jagjaguwar

„How Long Do You Think It’s Gonna Last“ ist bei Jagjaguwar erschienen.

Anais Mitchell singt am neuen Album von Big Red Machine noch bei zwei weiteren Songs: „New Auburn“, wo es heißt „Who are you to listen? Who are you to care?“ Es geht um die Beziehung zwischen Künstler*in und Publikum. Außerdem ist Anais bei „Phoenix“ zu hören, einem Stück mit beschwingtem Piano, leicht sentimentalem Refrain und einer tollen Melodie; der Track erinnert an die großen Rocksongs der 60er und 70er Jahre. Die Lead-Vocals kommen von Robin Pecknold von der US-Band Fleet Foxes.

Neben den singenden Gästen - weitere sind die Kanadierin Ariel Engle aka La Force, Naem Juwan (ex-Spank Rock), Sharon van Etten, die Britin Kate Stables aka This Is The Kit oder Ben Howard - gibt es noch viele weitere Musiker*innen auf der neuen Platte von Big Red Machine. So spielt etwa James Krivchenia von Adrianne Lenkers Band Big Thief Schlagzeug und steht dabei in direkter Konkurrenz zu den programmierten Beats von Aaron Dessner und Justin Vernon und ihrer Drum Machine.

Aaron Dessners Heart of Darkness steht im Zentrum

Da ist der hübsche Groove von „Easy To Sabotage“, da ist das tolle Songwriting von „Reese“ und das irgendwie meditative „Hoping Then“ mit der ganz besonders klingenden Akustikgitarre. Da ist die Stimme von Justin Vernon, seine kryptischen Gedanken durch Auto-Tune gesungen, da sind glitchy Electronics, oder da sind dezente Bläser- und Streicher-Arrangements - von Aaron Dessners Bruder Bryce höchstpersönlich angefertigt. Aber etwas fehlt noch, nämlich das tiefe, innerste Herz dieser neuen Platte von Big Red Machine. Es ist ein Heart of Darkness, das von Aaron Dessner.

„This is Aaron’s record“, sagt Justin Vernon. In der Tat, das ist sie, mit Songs wie „Magnolia“ - über eine Frau, die sich nach einer gewalttätigen Beziehung komplett isoliert, „The Ghost Of Cincinnati“, einem folkigen Song über emotionales Burnout. Cincinnati, die Stadt, wo The National ursprünglich herkamen, irgendwo im amerikanischen Midwest, im Bundesstaat Ohio. Dort wuchsen die Dessner-Brüder auf. Zwillinge. Bryce schaute schon als Kind auf Aaron, weil Letzterer schon damals mit Depressionen zu kämpfen hatte. „You watched my back when we were young, you stick around when we are old“, singt Aaron Dessner in „Brycie“, einem zärtlichen Song für den Bruder und lebenslangen musikalischen Weggefährten.

Um einen Freund, den Aaron Dessner verloren hat, geht es in „Hutch“, einem erst kargen Song, der den Freitod des schottischen Musikers Scott Hutchison beklagt. Scott war der Sänger der Band Frightened Rabbit und Aaaron Dessner hatte deren letztes Album produziert. „How did you lose your way?“, singt Justin Vernon in „Hutch“ und ein Chor, bestehend aus Sharon Van Etten, einer anderen US-Musikerin - Shara Worden aka Shara Nova (My Brightest Diamond) - und der Irin Lisa Hannigan unterstützt ihn in diesem Song.

„How Long Do You Think It’s Gonna Last?“ von Big Red Machine ist ein melancholisches, nostalgisches, zart-nebeliges, spätsommerliches, frühherbstliches Album, in dem man sich richtig gut verlieren kann. How long do you think it’s gonna last? - Von mir aus für immer.

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