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Arc de Triomphe, wrapped in silver-blue fabric, as it was designed by late artist Christo, in Paris as part of the 38th European Heritage Days

JOEL SAGET / AFP

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Mit Akzent: Christo und sein letztes Werk „Arc de Triomphe“

Der Tod ist für einen Künstler nur eine Nebensache: Aus dem bulgarischen Kunststudenten Hristo Yavashev wurde der weltberühmte Künstler Christo.

Eine Kolumne von Todor Ovtcharov

Viele junge Künstler*innen auf der ganzen Welt migrieren und suchen ihr Glück anderswo. Und das ist etwas ganz Natürliches – Kunst kennt keine Grenzen. Viele von diesen Menschen werden schnell enttäuscht, sie leben am Rande des Existenzminimums und hoffen, dass ihre Kunst entdeckt wird und das die ganzen elenden Jahre wieder gut macht. Sie sind alle auf der Suche nach Freiheit. Und was gibt dir mehr Freiheit als Kunst?

Ein in Bulgarien geborener Künstler hat das mit seinem Leben und Werk bewiesen. Er lebt nicht mehr, aber er arbeitet auch nach seinem Tod. Seine Kreationen kann man nicht kaufen, man braucht auch kein Ticket fürs Museum, um sie zu sehen – sie stehen alle im öffentlichen Raum. Er hat einmal den Pont Neuf und den Reichstag verpackt, er baute seine Portale im New Yorker Central Park. Seine Kunst wird widersprüchlich aufgenommen, und sowohl die, die ihn verehren, als auch die, die ihn hassen, können bestätigen, dass er niemanden gleichgültig lässt. Das ist Hristo Yavashev, bekannt als Christo.

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Der junge Christo wird in einer kleinen Provinzstadt in Bulgarien geboren. Das kommunistische Regime verstaatlicht die Fabrik seines Vaters, der danach nach Scheinbeschuldigungen verurteilt wird. Der junge Christo studiert auf der Kunstakademie in Sofia und findet schnell heraus, dass er da keinen Platz hat. Die Ausbildung, die er wie ein Überbleibsel aus dem 19. Jahrhundert empfindet, sowie die ganze Atmosphäre im kommunistischen Bulgarien ersticken seine künstlerische Freiheit.

In den 1950-er Jahren flüchtet Christo über Prag nach Wien und schließlich nach Paris. Er wäscht Teller, putzt Straßen und zeichnet Porträts (schaut euch gut zuhause um, vielleicht hat sich ja eure Oma ein Porträt auf der Mariahilferstraße malen lassen und der Maler war Christo. Das wird euch um Einiges reicher machen). In Paris trifft er auf seine zukünftige Frau Jeanne-Claude – seitdem wird jedes Werk von beiden unterzeichnet. Wegen ihr hört er auf, bulgarisch zu sprechen und sie französisch. Die beiden leben in New York und sprechen nur englisch.

Das Paar gehört zu den erfolgreichsten Künstler*innen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sie werden mit ihren riesigen Projekten im öffentlichen Raum bekannt - und mit der Hartnäckigkeit, mit der sie für deren Realisierung kämpfen. Sie lehnen Sponsor*innen und Werbung ab und kämpfen oft jahrzehntelang mit Beamt*innen und Regierungen. Und sie haben auch Erfolg! Sie verpacken den Reichstag in Berlin, obwohl der damalige Bundeskanzler Kohl dagegen ist. Heute steht das in den Kunstlehrbüchern und ist ein Teil der Geschichte des Gebäudes. Alltagsmaterialien werden in den Werken von Christo ganz anders kontextualisiert.

Christo starb vor einem Jahr, sein letztes Werk – der verpackte „Arc de Triomphe“ wurde am 18. September in Paris eröffnet und kann bis zum 3. Oktober besichtigt werden. Die absolute Kunstfreiheit, die Christo verfolgt hat, wird durch das Projekt symbolisiert. Der Tod ist für einen Künstler nur eine Nebensache.

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