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Alte Frau

Gerd Altmann / Pixabay

Todor Ovtcharov

Die Jugend ist nicht mehr das, was sie früher war

„Wer um die 20 nicht frei war, um die 30 nicht klug und um die 40 nicht reich, wird es nie werden“, sagt ein Sprichwort. Üblicherweise werden Sprichwörter von älteren Menschen verfasst, selbst wenn sie die Jugend beschreiben. Man fragt also die 20-jährigen nicht, ob sie wild leben wollen, 27-jährige nicht, ob sie Weisheit sammeln wollen und auch nicht, wie viel Geld in den Taschen der 35-jährigen steckt.

Eine Kolumne von Todor Ovtcharov

Ich gehe den Donaukanal entlang und höre, wie sich zwei Mädchen hinter mir unterhalten. „Wir sind jetzt Erasmus-Studentinnen, jetzt ist die Zeit, wild zu feiern, scheiß auf die Pandemie!“ Und das ist völlig normal. Denn in der Jugend darf man optimistisch sein. Es ist wurscht, was morgen kommt. Verwundert wäre ich, wenn die eine gesagt hätte: „Ich muss diesen Deal abschließen und 100.000 Euro von meinen Geschäftspartnern bekommen!“ Das passiert nur Menschen wie Mark Zuckerberg, der mit 26 schon 4 Milliarden Dollar hatte. Neulich, mit 37, verlor er 6 Milliarden an einem Tag. Ich weiß nicht, wie es ihm geht, aber ich habe einmal 20 Euro in einen Kanal fallen lassen und ich schaue jeden Tag nach, ob der Regen sie nicht wieder rausgespült hat.

Kanalgitter

Manfred Richter/Pixabay

Aber die Jugend ist nicht mehr das, was sie früher war. Man sagt, dass die 40-er die neuen 20-er sind, und die größten Optimisten meinen, dass die 60-er die neuen 30-er sind. Ich kenne viele Leute, die mit dreißig nicht weiser geworden sind und noch mehr, die mit vierzig immer noch nicht reich sind. Das sagt aber gar nicht, dass sie ihre Jugend verschwendet haben. Man kann nicht erwarten, dass, wenn jemand mit 19 einen Job als Pizzazusteller hat, er mit 20 sofort weiser wird und mit 30 sein eigenes Pizzaimperium hat. Höchstens kann man erwarten, dass er in zehn Jahren der beste Pizzazusteller der Welt ist, der alle Ecken in der Stadt mit all ihren Pizzavorlieben kennt. Außerdem wird er alle Hunde kennen, die ihm nachgelaufen sind. Seine Loyalität zur Firma wird ihn wahrscheinlich auch nicht reich machen. Er könnte sich höchstens ein Elektrorad für seine müden Beine leisten.

Damit möchte ich nur sagen, dass Sprichwörter oft dumm sind. Außerdem lesen junge Menschen keine Sprichwörter - außer sie stehen im Instagram.

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