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Solar Floater: Schwimmende Photovoltaikpaneele

SolOcean

Schwimmende Photovoltaik - ein Turbo für die Energiewende?

Bis 2030 soll Österreich 100 Prozent seines Strombedarfs aus erneuerbaren Quellen decken, was auch bedeutet, dass viele neue Kraftwerke entstehen müssen. Eine neue Technologie bringt sich dafür als Ergänzung in Stellung: schwimmende Photovoltaik.

Von Simon Welebil

Nichts anderes als eine Revolution der Stromproduktion soll es sein, aber sie kommt ziemlich unscheinbar daher, steht im Eingangsbereich eines Industriebetriebs im 23. Wiener Gemeindebezirk und ist etwa so groß wie eine Tür: Ein zwei Meter langes und einen Meter breites Photovoltaikpaneel, eingebettet in einen massiven Rahmen aus Kunststoff, das den Namen Solar Floater trägt.

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Sein Erfinder Gerold Guger schwärmt vom Solar Floater als ein „Energiegewinnungsprodukt, das es in dieser Form noch nicht gegeben hat“, weil man es überall dort einsetzen könne, wo es Wasserflächen gibt, sowohl auf Süß- als auch auf Salzwasserflächen.

Gerold Guger vor einem Prototyp seines Solar Floaters, einer schwimmenden Photovoltaikeinheit

Simon Welebil

Gerold Guger mit seinem Solar Floater

Kein Landverbrauch

Der augenscheinlichste Vorteil von schwimmender Photovoltaik (PV) ist, dass es kaum Konkurrenz auf Wasserflächen gibt. Beim Ausbau der PV an Land werden in letzter Zeit hingegen vermehrt Flächen in Betracht gezogen, auf denen bisher Bauern ihre Felder und Weiden bewirtschaftet haben.

Guger sieht vor allem bereits bestehende Speicherseen als ideale Orte, um sie mit Dutzenden, hunderten oder tausenden seiner Floater zu bestücken. Alleine in Österreich gäbe es dafür ein riesiges Potenzial für die Stromerzeugung.

Wenn wir nur ein Drittel unserer Süßwasserspeicherflächen verwenden würden, könnten wir zusätzlich fünf Gigawatt, das ist ein Volumen von zwei Atomkraftwerken, saubere, emissionsfreie Energie generieren.

Beim Einsatz von schwimmender PV auf Speicherseen würden außerdem Synergieeffekte auftreten: Wenn Speicherseen großflächig bedeckt werden, kommt es zu weniger Wasserverdunstung, die für Kraftwerksbetreiber zu einem immer größeren Problem wird. Auch das Algenwachstum in den Gewässern würde durch die Bedeckung gehemmt. Der größte Vorteil wäre aber, dass die Strominfrastruktur, etwa die bereits vorhandenen Leitungen, mitgenutzt werden könnte.

Solar Floater: Schwimmende Photovoltaikpaneele

SolOcean

Die beiden SolOcean-Geschäftsführer Gerold Guger und Martin Aichinger

Anwendungsgebiete weltweit

SolOcean, Gerold Gugers Firma, ist nicht die einzige, die schwimmende PV vertreibt, seine Mitbewerber sind ihm mit bereits installierten Anlagen teilweise schon voraus. Warum Guger dennoch denkt, dass sich sein Produkt durchsetzen wird, liegt an dessen Bauweise, an der er fast acht Jahre lang getüftelt hat. Zwischen 40 und 50 verschiedene Floater hat er in dieser Zeit gebaut oder simuliert, bis er zur jetzigen Form gekommen ist.

Durch die aktuelle flache Bauweise werfen die einzelnen Module keine Schatten auf die anderen, weshalb mehr Energie pro Fläche erzeugt werden kann. Da die Module auch nur knapp über der Wasseroberfläche schwimmen, werden sie damit auch natürlich gekühlt.

Die flachen Module würden auch den Problemen im offenen Wasser am besten trotzen, Sturm, Wellen und Strömung. Bis zu drei Meter hohe Wellen könnten ihnen nichts anhaben. „Das hat es bis dato nicht gegeben“, erzählt Guger stolz und verweist auf das schier unendliche Potenzial an Einsatzflächen, das dadurch entstehe: „Unser Floater ist ja hauptsächlich für das Meerwasser konzipiert worden, denn weltweit gibt es 97,5 Prozent Salzwasserflächen und 2,5 Prozent Süßwasserflächen.“

Solar Floater: Schwimmende Photovoltaikpaneele

SolOcean

Technologie ohne Nachteile?

Wenn man den Erfinder auf mögliche Nachteile anspricht, wollen ihm keine einfallen. Die Errichtungskosten von schwimmender PV würden nur etwa 20 Prozent über jener herkömmlicher Photovoltaik liegen, außerdem sei sie sogar im Meer wegen einer speziellen Beschichtung sehr wartungsarm. Bedenken zu Einschränkungen für Flora und Fauna unter den Paneelen aufgrund von Lichtmangel will er entgehen, indem maximal ein Drittel einer Wasserfläche bestückt werden soll.

Alles eitel Wonne also? Im Moment sieht es zumindest so aus. Selbst Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von Global 2000, verfolgt schwimmende PV mit großem Interesse, wobei man natürlich die Auswirkungen und möglichen Probleme dieser neuen Technologien genau beobachten müsse, wie er meint.

Produktion und Vertrieb stehen bei Gernot Gugers Firma SolOcean allerdings noch ganz am Anfang, Ideen, die vom Prinzip her überzeugend klingen, müssen deshalb nicht automatisch auch am Markt funktionieren oder gar zu einer Revolution führen.

Gerold Guger hat vor kurzem jedenfalls seine ersten Solar Floater zu Wasser gelassen. Die Vorbereitung für die Serienproduktion, die komplett in Österreich und Europa erfolgen soll, ist angelaufen und im ersten Quartal 2022 sollen die ersten Floater ausgeliefert werden. Das Interesse an seinen Anlagen sei groß, so Guger, allein für 2022 würden bis jetzt schon Aufträge für 12 Megawatt Leistung mit schwimmender Photovoltaik vorliegen, „da reden wir etwa von 25.000 Floatern“.

Das entspricht von der Leistung her ziemlich genau dem größten Solarkraftwerk Österreichs, das im März 2021 in Wien in Betrieb genommen wurde. Im ganzen Jahr 2021 werden laut Prognosen 450 Megawatt an neuen PV-Anlagen in Österreich installiert. Für die ehrgeizigen Ziele des kürzlich beschlossenen Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes ist das aber noch immer viel zu wenig, da bräuchte es schon ein Terawatt neue Anlagen pro Jahr bis 2030. Um da einen signifikanten Beitrag zu leisten, müsste schwimmende PV extrem schnell in die Gänge kommen, und dann würden wir hunderttausende Solar Floater allein in Österreich sehen.

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