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So geht es Studierenden im vierten Corona-Semester

Warteschlangen vor den Institutsgebäuden, Maskenpflicht in den Hörsälen und „hybride“ Lehrveranstaltungen: An der größten Hochschule Österreichs, der Universität Wien, sind Studierende seit Anfang Oktober wieder zurück in den Hörsälen und Seminarräumen. Zumindest teilweise – denn ganz so wie früher ist es dort noch immer nicht.

Von Melissa Erhardt

Hitzige Diskussionen in Seminaren, gemeinsame Kaffeepausen zwischen den Bib-Sessions oder das Verlaufen auf der Suche nach einem Hörsaal in den tiefsten Labyrinthen der Universität: Vieles von dem, was eigentlich typischer Uni Alltag ist, kennen viele Studierende wegen Corona kaum bis gar nicht. Und das, obwohl sie teilweise schon einen Großteil ihres Studiums hinter sich gebracht haben. So etwa Mathias. Er studiert im dritten Semester Politikwissenschaft und war letzte Woche das erste Mal an der Uni: „Ich hab‘ mich voll gefreut auf Präsenz. Es ist schon ein bisschen schwierig, immer nur daheim zu sitzen.“ Ganze 70 ECTS-Punkte habe er von seinem Schreibtisch aus absolviert. Gar nicht so wenig, wenn man bedenkt, dass man für den Bachelortitel insgesamt 180 Credits braucht. Das Austauschen mit anderen ist dabei aber wohl auf der Strecke geblieben: „Ich hab’ in einer Übung vier Personen kennengelernt, weil wir zusammen ein Forschungsprojekt gemacht haben. Das waren aber auch die einzigen“.

Vor-Ort, digital oder doch hybrid?

So wie Mathias geht bzw. ging es vielen Studierenden: Das Distance-Learning hat seine Spuren hinterlassen. Im vierten Corona-Semester, das am 1. Oktober losging, setzt die Universität Wien wie viele andere Unis und FHs auf ein gemischtes System: Etwa 40 Prozent der Lehrveranstaltungen finden vor Ort statt, 30 Prozent hybrid und weitere 30 Prozent rein digital, wie Uni Wien-Rektor Heinz W. Engl in einer Presseaussendung der Uni Wien zitiert wird. Aussuchen können sich Studierende allerdings nur bedingt, ob sie ihre Kurse online oder vor Ort machen wollen. Denn in welcher Form die Lehrveranstaltungen stattfinden, hänge letztendlich davon ab, „welche Personen dafür zuständig sind – und das sind meistens eh die Lehrenden oder die Professor*innen“, erklärt ÖH-Uni Wien Vorsitzende Toma Khandour. Will ich beispielsweise unbedingt das Soziologie-Seminar „Sozialwissenschaftliche Aspekte des Klimawandels“ besuchen, muss ich in Kauf nehmen, dass dieses nur digital stattfindet.

Die allgemeine 40-30-30-Aufteilung kann bei den einzelnen Studierenden also gänzlich anders ausschauen. Eva, die gerade mit dem Master Raumforschung und Raumplanung begonnen hat, hat etwa ein Drittel ihrer Lehrveranstaltungen vor Ort und zwei Drittel online:

„Ich finde es ein bisschen schade. Ich hätte mir ein bisschen mehr vor Ort erwartet, hätte mich auch gefreut bezüglich Menschen kennenlernen.“

Bei ihrer Kollegin Angelika schaut es schon ganz anders aus: „Ich habe aktuell eigentlich alles vor Ort, aber mal sehen, wie’s weitergeht. Ich hoffe aber inständig, dass es vor Ort bleibt, weil wir dadurch einen viel besseren Austausch haben und die sozialen Kontakte nicht so stark leiden wie die letzten drei Semester.“ Max, der im dritten Semester seines Lehramtsstudiums ist, hat die meisten seiner Kurse online. Ganz klar ist die Aufteilung für ihn aber nicht: „Hybride Lehre heißt inzwischen teilweise nicht mehr, dass es sowohl online als auch vor Ort angeboten wird, sondern dass man nur darauf vorbereitet ist, in den Online-Modus zu wechseln, falls es zu einem neuerlichen Lockdown kommt. Das wird zum Teil aber nicht klar kommuniziert. Dann denkt man sich: Okay, ich hab‘ jetzt eine Online-Vorlesung, wird knapp, dann mach ich die andere auch online und dann ist das aber gar nicht möglich, weil die Vorlesung doch vor Ort ist."

Einen Vorteil hat die (gezwungene) Umstellung und die damit einhergehende Ankurbelung des Online-Angebots aber schon: Vorlesungen, für die man früher den Weg an die Uni in Kauf nahm, nur um sich dann – wenn’s gut ging – auf die kalten Stufen zwischen andere Student*innen zu quetschen, da der Hörsaal aus allen Nähten platzte, kann man jetzt gemütlich vom Sofa aus verfolgen. Dieses System könnte künftig beibehalten werden. Rektor Engl bekräftigt in der anfangs bereits zitierten Presseaussendung, dass es in Zukunft „sowohl Vor-Ort als auch digitale Lehre geben“ werde, um zur Qualitätssteigerung an der Uni beizutragen.

82 Prozent der Studierenden an der Uni Wien geimpft

Auf der Uni selbst gilt bei den einzelnen Vorlesungen und Seminaren der 2,5G Nachweis. Ohne Impfung, Genesung oder PCR-Test kommen Studierende also nicht in die Hörsäle, drinnen gilt Maskenpflicht. Die Nachweise werden von Security Personal vor den Institutsgebäuden kontrolliert - und das kann auch schon mal zu längeren Schlangen vor den Gebäuden führen, wie vor dem NIG, dem Nebeninstitutsgebäude der Universität Wien in der Universitätsstraße 7.

„Es ist an manchen Standorten schon ein bisschen chaotisch, weil es oft mehrere Eingänge, mehrere Gebäude und mehrere Institute gibt – etwa am Campus. Aber wir begrüßen natürlich, dass endlich wieder die Möglichkeit da ist. Es sind 82 Prozent der Uni Wien-Studierenden geimpft, und das zeigt ja auch schon, dass viele Studierende bereit sind, endlich mal wieder - oder bei vielen auch zum allerersten Mal -, präsent eine Vorlesung zu besuchen und nicht immer vor dem Bildschirm zu sitzen“, so Toma Khandour, die seit Ende Juni die Zweierkoalition von VSStÖ und KSV-Lili (Verband sozialistischer Student_innen und Kommunistischer Student_innenverband – Linke Liste) an der Universität Wien anführt.

Trotzdem fehle es an einem konkreten Konzept für Studierende: „Für uns als ÖH war es sehr lange unklar, wie das Wintersemester ausschauen wird. Solche Situationen sind natürlich maßgebend der Grund dafür, warum wir Studierende immer noch keine Klarheit und Sicherheit haben und warum wir unser Semester nicht gut planen können. Es wäre besser, wenn es ein konkretes Konzept gibt, damit wir uns auskennen und beispielsweise wissen: Muss ich jetzt wieder zurück in meine Wohnung nach Wien oder kann ich noch bei meinen Eltern wohnen, weil es billiger ist? Es braucht einfach endlich Klarheit für uns Studierende“.

Toma Khandour (ÖH Uni Wien)

Melissa Erhardt

ÖH Uni Wien Vorsitzende
Toma Khandour

Studierenden, die neu an der Uni sind und sich noch nicht so gut auskennen, empfiehlt sie die Beratungsangebote der ÖH in Anspruch zu nehmen: „Es gibt das Referat für Soziales, es gibt das Referat für Bildung und Politik, das Referat für ausländische Studierende und zahlreiche weitere beratende Referate. Wir haben eine Mietrechtsberatung, eine Steuerrechtsberatung und auch einen Sozialtopf, den Studierende in Anspruch nehmen können, wenn sie beispielsweise Rechnungen nicht bezahlen können.“ Und wenn man sich an der Uni noch gar nicht auskennt? „Eine erste Anlaufstelle ist natürlich die Website, da gibt es zahlreiche Anleitungen wie man sich zum Beispiel auf Moodle für Kurse anmeldet. Das wird aber normalerweise auch in den ersten Einheiten der Vorlesungen erklärt. Eine andere wichtige Anlaufstelle sind auch die Studienvertretungen, das ist der direkte Kontakt für Studierende bezüglich ihres Studiengangs. Und ansonsten sind die Referate der ÖH immer für Studierende da.“

FM4 Auf Laut – Die hybride Uni

3G-Nachweis und Maske im Hörsaal, E-Learning zuhause und Platzreservierung in der Bibliothek – für Studierende im ersten Semester ist das normaler Uni-Alltag. An der Universität Wien finden im aktuellen Wintersemester etwa 40 Prozent der Lehrveranstaltungen im Präsenzunterricht statt, 30 Prozent hybrid und weitere 30 Prozent rein digital.

Welche Vor- und Nachteile hat diese hybride Lehre? Wie geht es Studienanfänger:innen damit, neben all den anderen Herausforderungen wie Semesterplanung, Uni-Bürokratie und den ersten wissenschaftlichen Arbeiten? Und welche Auswirkungen hat dieses System auf das Erlernen von kritischem Denken und Debattenkultur? Claudia Unterweger bespricht all das mit Studierenden und Vertreter:innen der ÖH, am Dienstag, 19.10. ab 21:00 in FM4 Auf Laut.

Ruft an und diskutiert mit unter 0800 226 996!

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