Texta wollen es doch noch einmal wissen
Von Stefan Trishes Trischler
Es gab einen Moment, da schien die Bandgeschichte von Texta zu Ende zu sein. In den schweren Monaten nach dem Tod ihres Freundes und Bandkollegen Huckey kamen bei den HipHop-Pionieren aus Linz Zweifel auf, die laut Rapper Laima in einem E-Mail-Verkehr Ausdruck fanden: „DJ Dan hat geschrieben, er will nicht mehr. Flip hat geantwortet, zu zweit macht er auch nicht weiter. Und ich habe mich dann angesoffen.“
Es wäre wahrlich das Ende einer Ära gewesen, denn geht es um österreichischen HipHop, kann man für Texta fast nur Superlative verwenden. Die Linzer Band ist bei weitem die langlebigste und produktivste Kraft in der heimischen Szene. Sie haben in den 28 Jahren ihres Bestehens fast die komplette Entwicklung des deutschsprachigen Rap in diesem Land miterlebt und geprägt. Als Betreiber des Tonträger-Labels waren und sind Texta auch für die Infrastruktur vor allem des Linzer HipHop sehr wichtig.
Zum Glück konnten Laima und der ebenfalls für Raps, aber auch die Beats zuständige Flip bei wöchentlichen Treffen doch einen musikalischen Weg finden, den sie und DJ Dan für verfolgenswert hielten. Die vier verschiedenen Stimmen, die das klangliche Spektrum von Texta in den ersten 20 Jahren ausgemacht haben, gibt es im Song Ein besserer Ort, dank einer Archiv-Strophe von Huckey und einem neuen Refrain des 2013 ausgestiegenen Skero, noch einmal zu hören. Sonst bezieht sich der Titel Mehr oder weniger aber eben auch auf die neue Dreierkonstellation, die diesmal weniger verkopft und konzeptlastig gearbeitet hat als auf vorigen Platten.
Musikalisch verbindet das Album die verschiedenen klanglichen Phasen der Band. Da geht es einerseits spielerisch in die frühen 90er Jahre zurück, an anderer Stelle werden Soul-Samples und 808s zu einer optimistischen Mischung - und auch verpitchte Stimmen und Doubletime-Rap gibt es in einem Song zu hören. Trotzdem biedern sich Texta an keine Trends an und wollen nicht verkrampft „die Kids“ erreichen. Dass sich die Rap-Welt um sie herum stark verändert hat, ist den drei Linzern natürlich bewusst. Auf „Mehr oder weniger“ haben es sich DJ Dan, Flip und Laima aber hörbar in ihrer ganz eigenen Nische gemütlich gemacht, einer Art von „Erwachsenen-Rap“.

Texta
Denn was in anderen Musikstilen wie dem Rock kein Problem ist - in Würde älter zu werden - sollte auch für HipHop-Musiker*innen möglich sein. Im Geburtsland USA gibt es da zwischen Jay-Z, Snoop Dogg, Nas oder Jay Electronica mittlerweile eine ganze Reihe an guten Beispielen dafür - und jetzt eben in Österreich auch! Der Spirit und die Energie, die in „Mehr oder weniger“ steckt, spricht jedenfalls sehr für die (Über-)Lebenskraft von Texta.
Publiziert am 18.10.2021