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Filmstill Cow, Viennale 2021

Viennale

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Kühe hören Billie Eilish auf der Viennale!

Am 24. Oktober feierte der Dokumentationsfilm „Cow“ der britischen Regisseurin Andrea Arnold bei der Viennale Österreich-Premiere. Viel Liebe für die Musik! Dieses Viennale-Tagebuch gilt Arnold und einem der besten Tiere der Erde!

Von Philipp Emberger

Luma ist die Nr. 29. Diese Zahl steht groß auf dem linken Hinterteil der Kuh, die auf einer britischen Milchfarm lebt. Gemeinsam mit Kamerafrau Magda Kowalczyk hat die preisgekrönte britische Regisseurin Andrea Arnold die Kuh über einen Zeitraum von mehreren Jahren immer wieder begleitet und ihr Leben festgehalten. Mit ihren großen, gutmütigen Augen blickt Luma direkt in die Kamera und in die Herzen der Zuseher*innen.

Die Kamera ist dabei, wenn Luma ein Kalb bekommt und es ihr kurz darauf weggenommen wird. Der Film beinhaltet einige Szenen, wenn die Kuh auf den rotierenden Melkstand getrieben wird und die Kamera ist auch dabei, wenn Luma ein weiteres Kalb austrägt. Im Gegenschnitt springt die Dokumentation auch zu Lumas Kalb, das mit anderen Kälbchen lebt und beim sogenannten Spring Turnout, wenn die Kühe im Frühling zum ersten Mal auf die Weide getrieben werden, freudig über das Gras hüpft (empfehle die YouTube-Videos dazu).

Filmstill Cow, Viennale 2021

Viennale

„Cow“ hat bislang noch keinen österreichischen Kinostart. Für einige Länder hat sich der Streamingdienst „Mubi“ die Rechte gesichert.

Filmzuseher*innen, die auf Kühe starren

Kühe nehmen wir, wenn überhaupt, nur als Herdentiere wahr, Arnold richtet den Blick aber auf das Individuum. Für viele mag das verwunderlich sein, aber die Oscar-prämierte Regisseurin verfolgt mit der Doku keinen belehrenden oder aufrüttelnden Ansatz. Sie beobachtet, bewertet nicht. Simpel, aber sehr effektiv hält sie auf Augenhöhe (sprichwörtlich) das Leben von Luma und ihrem Kalb fest.

Die Geschichte entsteht in den Köpfen der Zuseher*innen und erlaubt mehrere Interpretationen. Es mag ein Appell sein, das menschliche Verhältnis zu Nutztieren zu überdenken. Oder es ist der simple Versuch, den Alltag aus Kuhperspektive auf einer Milchfarm festzuhalten. Gesprochen wird wenig, die Kamera ist dafür nah dran an Luma. Manchmal etwas zu nahe, wie die Kamerafrau selbst zu spüren bekommen hat. Zu Beginn des Films sehen wir nur Luma, von den Farmarbeiter*innen sind nur die Knie zu erkennen. Erst im Laufe des Films weitet sich der Blick und hie und da sind Gesichter zu erkennen. Ein weiteres schönes Detail in dem detailreichen „Cow“!

Es ist nicht das erste Mal, dass die Viennale ihre Liebe zu Kühen entdeckt. Vergangenes Jahr war mit „First Cow“ von Kelly Reichhardt ebenfalls ein Kuhfilm im Programm. Wenig verwunderlich, immerhin sind Kühe verdammt gute Filmmotive. „Cow“ hat wie „Moneyboys“ übrigens auch wieder eine Szene, die ich gerne als Poster hätte: Kuh Luma blickt auf einen wunderschönen Abendhimmel!

Kühe und Billie Eilish

Viennale 2021
- FM4 präsentiert „Annette“ am 29.10. um 23 Uhr im Gartenbaukino
- FM4 Homebase zur Viennale am 27.10. (19-22 Uhr)
- Die Viennale auf FM4

Neben Luma ist die große Konstante in der rund 90-minütigen Doku die Musik. Die fällt bei Filmen ja häufig erst dann auf, wenn man sich entweder genau darauf konzentriert oder wenn sie störend hervorsticht. In „Cow“ geht sie hingegen recht flott ins Ohr. Bereits als Luma das erste Mal den Melkstand betritt, ertönt im Hintergrund Billie Eilish mit ihrem Song „Lovely“. „Oh, I hope some day I’ll make it out of here. Even if it takes all night or a hundred years” heißt es da. Von diesen Songzeilen ist es zur Kuh, die nach ihrem Kälbchen außerhalb des Stalles schreit, nicht weit. Im anschließenden Q&A erzählte Arnold, dass die Songs eine Mischung aus bewusst gewählten Stücken und Zufällen waren. Auf der Milchfarm lief während der Dreharbeiten der Popmusiksender BBC Radio 1. Mehr für die Farmarbeiter*innen und weniger für die Tiere, die sind ja ohnehin in der klassischen Musik zu Hause.

Filmstill Cow, Viennale 2021

Viennale

Superstar Luma in „Cow“

Held des Films ist übrigens der Music Supervisor. Der ist bei Filmproduktionen unter anderem dafür verantwortlich, die Filmrechte zu klären und war im Falle von „Cow“ keine einfache Aufgabe. Für die Rechteklärung müssen den Labels die Szenen beschrieben werden, in denen die Musikstücke eingesetzt werden. Stellt euch nun vor, wie schwierig es ist, Musik für eine Szene zu finden, in denen ein Tierarzt gerade seinem Job nachgeht und einer Kuh zum nächsten Kalb verhilft. In diesem konkreten Fall musste das Team den größeren Kontext des Filmes erklären, sagt Arnold, ansonsten wäre es unmöglich gewesen.

Phasenweise war Arnold mit dem Einsatz der Musik auch „cocky“, wie sie selbst sagt. In einer großartigen Szene ist etwa der Song „unfucktheworld“ zu hören. Die Szene überlasse ich jetzt der Fantasie. Am besten gilt sowieso selbst anschauen und genau hinhören. Möglichkeit dafür gibt es im Rahmen der Viennale noch am Freitag, 29. Oktober im Gartenbaukino um 14:30 Uhr!

Heute Abend ist übrigens Lars Eidinger in der Viennale Bar Musikchef. See you there!

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