FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Filmstill Die Hand Gottes

Netflix/Gianni Fiorito

Viennale

Diego Maradona kickt im Viennale-Überraschungsfilm

„Die Hand Gottes“ des legendären argentinischen Fußballspielers Diego Maradona schwebte über dem diesjährigen Überraschungsfilm der Viennale. Der italienische Regisseur Paolo Sorrentino kehrt darin in seine Heimatstadt zurück und erzählt im Rahmen einer Coming-of-Age-Story von seiner eigenen Jugend mit Maradona.

Von Philipp Emberger

Die Frage nach dem Überraschungsfilm gehört zu den spannendsten einer jeden Viennale, und so ist die Spekulation im Gartenbaukino am Nationalfeiertag dementsprechend groß. Auf der Leinwand erscheint ein Zitat Diego Maradonas und für einige im Kino (mich eingeschlossen) scheint ein Albtraum wahrzuwerden: Ein Fußballfilm! Nur eine Livedoku vom 24-Stunden-Autorennen von Le Mans stelle ich mir an diesem Punkt schlimmer vor. Stellt sich aber heraus, dass es gar nicht so schlimm kommt. Beim Überraschungsfilm handelt es sich nämlich um „Die Hand Gottes“ von Paolo Sorrentino.

Von nackten Tanten und exzentrischen Baronessen

Noch bevor der Film beginnt, lacht das Publikum im Gartenbaukino schon. Bei „Die Hand Gottes“ handelt sich um den wohl ersten Viennale-Überraschungsfilm aus dem Haus mit dem großen roten N. Für den Big Screen hat Netflix erst kürzlich sein Intro von Hans Zimmer musikalisch aufpolieren lassen. Es bleiben aber nicht die einzigen Lacher. Gerade im ersten Teil des Films übt sich Sorrentino, der für seinen Film „La Grande Bellezza“ den Oscar als bester fremdsprachiger Film gewonnen hat, nicht gerade in zurückhaltenden Tönen und feuert einige bizarre Szenen ab. „Die Hand Gottes“ spielt in den 80ern und handelt vom aus Neapel stammenden Teenager Fabietto Schisa. Für ihn und seine exzentrische Familie wäre es das Größte, würde der Weltfußballer Diego Maradona nach Neapel kommen, um für den heimischen Fußballclub zu spielen. Sorrentino zeigt das Leben des Jugendlichen zwischen Maradona-Verehrung, Zukunftssorgen und einem tragischen Schicksalsschlag.

Filmstills Die Hand Gottes, Sorrentino

Netflix/Gianni Fiorito

Baronessa Focale (Betti Pedrazzi) mit Pelzmantel & Burrata

Die exzentrische Familie ist tatsächlich außergewöhnlich übertrieben. Da gibt es eine Baronessa, die mit Pelzmantel in der prallen italienischen Sonne sitzt, während sie sich eine tellergroße Burrata hineinstopft. Oder Tante Patrizia, die sich sehr zum Gefallen von Fabietto und der anderen männlichen Familienmitglieder splitterfasernackt auf dem Boot räkelt. Ähnlich übertrieben wie die Familie ist nur die Themenpalette des Films. Da geht es um Liebe, Verlust, Familie, Fußball und schließlich um das Kino selbst.

Filmstills Die Hand Gottes, Sorrentino

Netflix/Gianni Fiorito

Filippo Scotti als Fabietto Schisa

Maradonas Geist all over

Filippo Scotti, quasi der italienische Timothée Chalamet, spielt den 17-jährigen Außenseiter Fabietto. Er hat dafür auch bei den Filmfestspielen von Venedig den Preis als bester Nachwuchsdarsteller gewonnen. Neben ihm sind Toni Servillo und Teresa Saponangelo zu sehen. Scottis Rolle ist von Sorrentinos eigener Jugend inspiriert. Wer also keine Spoiler für den Film möchte, sollte davor keine Sorrentino-Biografie lesen. Mit schönen Bildern nähert sich der Regisseur seiner Heimatstadt Neapel an. Als kurzer Italienurlaub funktioniert der Film deshalb wunderbar. Vor allem gegen Ende hin aber hat der Film ähnlich große Probleme wie Maradona mit seinem skandalbehafteten Leben. Da stolpern viele Szenen daher, die es nicht wirklich gebraucht hätte.

Und dann wäre da natürlich noch Diego Maradona, dessen Geist omnipräsent über dem Film schwebt. Maradona selbst ist noch zu Lebzeiten gegen „Die Hand Gottes“ vorgegangen. Man bekommt aber einen ganz guten Eindruck davon, wie groß die Maradona-Verehrung in Neapel in den 80ern ausgefallen ist und welchen Stellenwert der Fußballer für Sorrentino hatte. Immerhin hat der Superstar dem napolitanischen Fußballklub Siege und Meisterschaftstitel beschert und hatte somit auch direkten Einfluss auf Sorrentinos Leben. Der Titel des Films geht zurück auf die Weltmeisterschaft 1986 in Mexiko, als Maradona eines seiner beiden Siegestore gegen England mit der Hand erzielt hatte. Im Interview später erklärte er dies mit der Hand Gottes. Jene Hand, die Sorrentinos Leben beeinflusst hat und uns nun diesen Film beschert.

Aktuell: