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Screenshot aus dem Computerspiel "Inscryption"

Daniel Mullins / Devolver Digital

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„Inscryption“ ist geniales Kartengruseln mit Metaebene

Wir wagen uns in eine Holzhütte in den Wald, wo uns ein äußerst seltsamer Zeitgenosse überrascht. Er will uns erst mal nicht jagen, quälen oder töten, sondern wir spielen mit dem gruseligen Gastgeber eine Partie Karten. „Inscryption“ ist eine weirde und wundervolle Mischung aus Storytelling, Found-Footage-Horror der Marke „Blair Witch Project“ und eben Kartenspielen.

Von Robert Glashüttner

What the fuck, sagt eine verwirrte Stimme im Trailer von „Inscryption“ in verängstigt-panischem Ton, und das ist schon mal eine ziemlich gute Kurzzusammenfassung von diesem Spiel. Der irre Holzfäller hält uns in seiner Hütte gefangen und zwingt uns zum Kartenspielen. „Inscryption“ ist ein verhältnismäßig simples, aber dennoch durchdachtes Sammelkartenspiel wie „Magic The Gathering“, wo jeder seine Kreaturen ausspielt, die dann gegeneinander kämpfen. Doch das ist nur ein Aspekt eines Füllhorns an skurrilen Ideen und spannenden Erlebnissen aus dem Kopf des Indiegame-Designers Daniel Mullins, die einem hier unterkommen.

Aber bleiben wir vorerst bei der Hütte: Aus der können wir jetzt eh nicht raus, also hilft nur weiterspielen. Doch bald schon beginnt plötzlich eine Karte, ein zerzaustes Wiesel, mit uns zu sprechen und deutet an, dass eine Flucht nicht ausgeschlossen ist.

Nach den ersten paar Runden dürfen wir zum ersten Mal den Spieltisch verlassen. Der Kidnapper erlaubt, dass wir uns umsehen: Da gibt es Schränke mit seltsamen Schlössern, einen sprechenden grünen Schleim oder eine eigenartige Kuckucksuhr. Wir finden Gegenstände, lösen kleine Puzzles und lernen, wie man bei dem Kartenspiel gewinnt. Dazu gehören auch bizarre Techniken wie das Ziehen eigener Zähne, die wir dann auf die Waage legen, die die Spielpunkte anzeigt. Es wird von Minute zu Minute absurder, und dennoch: Ohne den Grusel-Holzfäller und seine von ihm selbst gespielten Zwischenbosse im Kartenspiel zu besiegen, scheint es keinen Weg vorwärts zu geben.

Screenshot aus dem Computerspiel "Inscryption"

Daniel Mullins / Devolver Digital

Das Sammelkartenspiel ist eine ausgeklügelte und kurzweilige Mischung diverser Mechaniken, die man aus diesem Genre kennt: Es gibt mehrere Bahnen (wie etwa in „Artifact“) und eine Brettspiel-artige Oberwelt, durch die man seine Figur bewegt und wo man neue Karten und diverse Boni sammeln und freischalten kann (wie etwa in „Slay The Spire“).

„Inscryption“, entwickelt von Daniel Mullins, ist im Vertrieb von Devolver Digital für Windows erschienen.

Die Hauptressource ist Blut, das man durch das Opfern bereits gespielter Kreaturen erhält. Im Laufe des Spiels werden der Karten-Pool als auch Features und Funktionen der Karten erweitert. Gewonnen hat immer, wer als erster einen fünf Einheiten großen Punkteabstand zum Kontrahenten erreicht. Punkte werden gemacht, indem Kreaturen oder Effekte den gegnerischen Spieler direkt attackieren (face damage, wie in „Magic“ oder „Hearthstone“).

Keine Ahnung, was hier los ist, aber es ist großartig

„Inscryption“ ist weird, verrückt und vor allem vielschichtig. Das Spiel im Spiel repräsentiert nur zwei von mehreren Ebenen, zwischen denen hin- und hergewechselt wird. Obwohl wir mit unserem irren Gastgeber ein paar Stunden verbringen, ist er erst der Anfang eines Kaninchenbaus, in dem immer wieder erstaunliche Haken geschlagen werden.

In den Trailern zu „Inscryption“ sieht man etwa einen jungen Mann, der anscheinend Videos von sich selbst dreht. An dieser Stelle seine Rolle zu erklären, würde zu viel vorwegnehmen, doch was man sagen kann: Auch diese Dimension trägt zur Mehrschichtigkeit des Spieles bei, die „Inscryption“ zu einem äußerst spannenden Erlebnis macht.

Der einzige Wermutstropfen an dieser wilden Videospielreise ist, dass man zumindest ein grundlegendes Interesse an Sammelkartenspielen mitbringen sollte – denn die Kartenduelle ziehen sich durchs gesamte Game.

Screenshot aus dem Computerspiel "Inscryption"

Daniel Mullins / Devolver Digital

„Inscryption“ ist mit Abstand das unkonventionellste Halloween-Spiel der letzten Jahre und ganz allgemein eine der größten Indie-Veröffentlichungen des Jahres.

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