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Mauersegler im Flug vor blauem Himmel

Pixabay / CC0 / TheOtherKev

Von Schuld und Freundschaft

In ihrem neuesten Roman „Der Mauersegler“ schreibt die deutsche Autorin Jasmin Schreiber über zwei beste Freunde, von denen einer sterben wird und einer alleine zurückbleibt.

von Christian Pausch

Die deutsche Autorin Jasmin Schreiber hat ein Faible für Tiere. Sie lebt nicht nur „mit sehr vielen Tieren“ zusammen, wie es im Klappentext ihres neuen Buches heißt, sie macht die Tiere auch gerne zum Gegenstand ihrer Literatur. Nach ihrem vielbeachteten Debüt „Marianengraben“ veröffentlichte Jasmin Schreiber ein Sachbuch namens „Abschied von Hermine“, in dem sie am Beispiel ihres Hamsters erläutert was passiert, wenn wir sterben. Die studierte Biologin hat außerdem einen Podcast, in dem sie von Nacktmullen und Bärtierchen erzählt.

„Der Mauersegler“

Kein Wunder also, dass ihr neuester Roman ein Tier im Titel trägt: „Der Mauersegler“ heißt das Buch, benannt nach dem Schwalben-ähnlichen Vogel, der Zeit seines Lebens kaum die Lüfte verlässt.

Prometheus fragte sich, wie er wohl gerade von oben für einen Mauersegler aussehen mochte, so eingesperrt in einen fahrenden Metallkasten.

Prometheus, der eigentlich Marvin heißt, rast am Anfang des Romans in seinem Auto nach Dänemark, direkt aufs Meer zu und auch direkt hinein. Diese Flucht aus Deutschland und aus dem Leben ist der Startschuss für eine Geschichte, die eine Mischung aus Roadtrip, Therapie und mystischer Naturerzählung ist.

"Der Mauersegler" von Jasmin Schreiber Cover: gezeichnete Mauersegler

Eichborn Verlag

„Der Mauersegler“ von Jasmin Schreiber ist im Eichborn-Verlag erschienen.

Prometheus wird gerettet: von zwei geheimnisvollen alten Frauen und einem mürrischen Pferd. Die beiden lassen ihn bei sich wohnen, stellen keine Fragen und lassen die Tiere am Hof und den Wald als natürliche Seelenklempner ihr Übriges tun. In gut portionierten Rückblenden erfahren wir von Prometheus’ besten Freund Jakob, der an Krebs erkrankt ist.

Prometheus spürte zum ersten Mal so richtig, dass Stille eine Konsistenz haben konnte. Öl, dachte er. Oder eine Paste. Schuhcreme, Zahnpasta, Sardellenpaste? Stille ist wie Sardellenpaste, was für ein beschissener Satz, unfassbar.

Die Diagnose ist für den besten Freund nicht nur ein Schlag in die Magengrube, sondern auch ein Auftrag: Prometheus ist Arzt und arbeitet zufällig gerade an einer Studie, in der versucht wird, Krebs ganz ohne Chemotherapie zu heilen. Doch jemanden - den besten Freund - in eine solche Studie einzuschleusen wäre gegen die Compliance-Regeln der Klinik und aus medizinischer Sicht ein viel zu hohes Risiko. Es entspinnt sich ein moralisches und ethisches Dilemma, aus dem Prometheus keinen Ausweg sieht. Unter Druck seiner Familie und der Familie von Jakob lässt er ihn in die Studie.

Dann stirbt Jakob. Die Schuld, die man als Mensch, der eigentlich nur Gutes tun wollte, mit sich herumträgt, droht Prometheus nach und nach zu erdrücken, doch seine dänischen Wirtinnen, alte heidnische Rituale und ein paar eigensinnige Kaltblütler heben ihn langsam wieder in die Lüfte.

Der Mauersegler wird von der Autorin leider überstrapaziert. Fast ununterbrochen muss er als Metapher herhalten für den Protagonisten Prometheus. Der kurze Roman ist davon abgesehen ein spannendes und einfühlsames Buch über Schuld und vor allem über Freundschaft geworden und es lohnt sich, diese Geschichte zu lesen.

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