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Der Song zum Sonntag: yeule - „Friendly Machine“

yeule aus London ist „painter, musician, performance artist & cyborg entity“. Das neue Album „Glitch Princess“ erscheint im Februar, „Friendly Machine“ daraus ist jetzt schon ein Lied über fake Glücksmomente in der digitalen Existenz.

Von Christoph Sepin

Ab jetzt nur noch daheim bleiben und Vorhänge zuziehen, denn draußen in der echten Welt, da gibt’s nur Untergang, Pandemien und Klimawandel. Die Zukunft soll dann nur mehr virtuell mit VR-Brillen und ABBA-Hologramm-Reunion-Shows passieren. Alles bunt und schön und warm, die Computer passen schon auf uns auf. Wenn alle anderen weg sind, gibt’s immer noch das wärmende Leuchten vom Handydisplay in der Dunkelheit.

Was für uns noch dystopische Fiebertraumvisionen sind, ist für Nat Ćmiel alias yeule bereits Realität - zumindest in den Songs. yeule als „Glitch Princess“ aus Singapur und London besingt und vertont die Welt von morgen, Mensch-Maschinen und virtuelle Zufluchtsorte. Im neuen Computerlovesong „Friendly Machine“ passiert das alles offensichtlich und wundervoll pointiert gleichzeitig.

„Always want but never need, don’t have an identity I can feed“, murmelt yeule zu Beginn des Songs, im Hintergrund faden Glitchsounds, Biepen und das beruhigende Zirpen der Computerwelt vor sich hin. Die eigene Identität ist weg, dafür gibt’s jetzt Algorithmen und targeted Advertising. Ich muss mich selber ja zum Glück eh nicht mehr kennen oder definieren, das macht schon das Internet für mich und Social-Media, das da so schön mein vegetatives Nervensystem manipuliert.

„I like to think I’m doing just fine“, dann der Chorus. Alles okay, keine Sorgen, denn der Bildschirm sagt, alles ist schon gut und gesund: „I like to search my symptoms online“. Wenn die Stimmen der anderen leise werden, dann kann man sich wieder auf das konzentrieren, was wichtig ist: Die Beziehung zum Bildschirm und zu der Welt voller Ablenkungen dahinter. „I liked it when the voices were gone, I liked to be with you all alone“ dazu yeules passende Zeile.

  • Alle Songs zum Sonntag auf FM4
  • Auch die geschätzten Wissenschafts- und Popjournalist*innen Thomas Kramar und Heide Rampetzreiter machen sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song ihre Gedanken.

„Painter, musician, performance artist, cyborg entity“, so beschreibt der Pressetext das Projekt von Nat Ćmiel. Das verbindende Element zwischen Mensch und Computer findet man nicht nur im Sound von yeule, sondern auch in den Texten. Düstere Zukunftsszenarien werden hier wie Balladen zerlegt, menschliche Bedürfnisse zu Computercode und Fehlermeldungen reduziert. Wenn die ganze Welt künstlich wird, dann wird man auch selbst irgendwann zur Artificial Intelligence.

„Glitch Princess“ ist nicht nur ein weiteres Alias für yeule, sondern auch der Name des nächsten Albums, das am 4. Februar erscheint. „Flowers are Dead“, „Electric“, „Don’t Be So Hard on Your Own Beauty“ oder „The Things They Did for Me Out of Love“ werden Lieder darauf heißen. Und eben auch „Friendly Machine“, das Lied über vorgetäuschte Glückszustände in der digitalen Existenz.

Denn dass das alles fake ist und das Glück nur vorgegaukelt, das weiß auch yeule in den Lyrics: „Around my neck, a friendly machine, pretends to wipe my memory clean“, sind die Lyrics über die titelgebende, scheinbar freundliche Maschine. „Pretends to make it all go away, pretends to make me feel quite okay“. Alles vorgetäuscht, alles gar nicht echt. Denn nur „quite okay“ sein, ist auch nicht gut genug. Und dann zieht man doch die Vorhänge auf und schaut raus und ist erleichtert, dass es die Welt draußen eh doch noch gibt.

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