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Hana Vu

Corinne Schiavone

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Hana Vu nimmt uns mit ins Depot der emotionalen Dunkelheit

Auf ihrem Debütalbum „Public Storage“ schafft die junge Musikerin Hana Vu mit charmantem elektronischem Indie-Pop Platz zwischen Ängsten und Neurosen.

Von Natalie Brunner

Hana Vu ist eine noch recht junge Sängerin und Musikerin aus Los Angeles. Sie hat bei dem auf Musik zwischen Shoegaze Pop und Electronic spezialisierten Label Ghostly International ihr Debütalbum veröffentlicht, wo sie sich in exzellenter Gesellschaft befindet: Auch Matthew Dear, School of Seven Bells, Tycho oder Gold Panda haben auf Ghostly International Musik veröffentlicht und den Namen zu einem Qualitätsindikator gemacht.

Der Sound von Hana Vu klingt so definiert, als hätte sie Jahrzehnte damit verbracht, an ihrem Klanguniversum zu feilen. Dabei ist Hanna erst Anfang 20. „Public Storage“ hat sie im Lockdown gemacht, in ihrem Schlafzimmer, ohne Kontakt zu anderen Musiker*innen. So habe sie sich auch mit niemanden verglichen, meint sie im Interview, sondern Einflüsse aus den sehr unterschiedlichen Richtungen gezogen, die sie damals gehört hat.

Albumcover: aufgerissener Mund

Ghostly International

„Public Storage“ von Hana Vu

Hana Vu begann schon als Kind Songs zu schreiben und trat mit 14 Jahren in verschiedenen Venues in L.A. auf, die für Nachwuschmusiker*innen offene Bühnen haben. Vor zwei Jahren veröffentlichte die junge DIY-Singer-Songwriterin die Doppel-EP „Nicole Kidman / Anne Hathaway“, benannt nach ihren beiden Lieblingsschauspielerinnen. Charmanter elektronischer Indie-Pop, der um eine Coming-of-Age-Desillusionierung kreist, ist nun auf „Public Storage“ zu hören.

Der Titel klingt seltsam für ein Debütalbum. Hana Vu kann die Metapher, die darin steckt, gut erklären: Während der Arbeit an dem Album zog sie zwischen verschiedenen Stadtvierteln in Los Angeles um. Eine Zeit lang wohnte sie gegenüber einem riesigen Self-Storage-Gebäude. Sie beobachtete die Leute, die dort ihre Sachen hinbrachten und wieder abholten. Das Gebäude wurde nicht nur zu einer Metapher für Hanas aktuelle Lebenssituation, sondern auch für die vergrabenen und in Erinnerung gebliebenen Emotionen in den Songs, die sie für ihr Album schrieb.

Die erste Single von „Public Storage“ ist als Vorbote die Nummer „Keeper“ gewesen. In diesem kühlen Synthpop-Song hat Hana Vu sehr emotionale, persönliche Einblicke gegeben. Der Song handelt nämlich von den permanenten Erwartungen, die man im Alltag an die Menschen, die einem nahe sind, stellt, und wie so Druck und Konflikte entstehen. Er handelt von den Rollen, die man für die Familie und Freund*innen spielt und die zur Belastung werden können, soziale und internalisierte Rollen, die man loswerden möchte, bevor es zu einer Explosion kommt.

In dem Song „Everybody’s Birthday“ geht es nicht um überbordende Freude, Krawall und Remmidemmi, sondern um den Stress, den wir uns selbst an Jahrestagen wie zum Beispiel unserem Geburtstag machen, den Druck zu rekapitulieren, was wir mit unserem Leben machen, wie wir das letzte Jahr verbracht haben und ob wir eh auf Kurs sind. Besonders schlimm wird es am 31. Dezember, da müssen wir nicht nur feiern und Bilanz ziehen, sondern auch gute Vorsätze fürs kommende Jahr fassen. Hana Vu mag diesen Tag nicht besonders und besingt ihn in “Everybody’s Birthday“ - ein Fest der Tränen.

Zu all der Traurigkeit, die in den Texten von „Public Storage“ steckt, hat Hana Vu Distanz. Als sie an dem Album schrieb, habe sie sich vorgestellt, ein character zu sein, sie habe an die Eigenschaften gedacht, die sie für Säulen ihrer Identität hielt, und diese auf negative Weise betont. So hat Hana Vu viel Platz zwischen all den Zwängen und Neurosen geschaffen, die auf „Public Storage“ verpackt sind, um uns Songs zu schenken, die nicht bedrücken, sondern befreien.

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