FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Christl Clear Porträt

FM4

Interview

Let me be Christl Clear

Sie hat 38.000 Follower auf Instagram, ist eine der erfolgreichsten Blogger*innen des Landes und sie hat ein Buch geschrieben: über Selbstermächtigung, über Feminismus und darüber, wie man als schwarze Person in der österreichischen Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Christl Clear im Gespräch mit FM4 Moderatorin Alexandra Augustin über ihr neues Buch „Let me be Christl Clear“ das heute auf der Buch Wien präsentiert wird:

Buchcover "Let me be Christl Clear"

Kremayr & Scheriau

„Let Me Be Christl Clear“ ist bei Kremayr & Scheriau erschienen.

Alexandra Augustin/FM4: Wie geht es dir jetzt, nachdem das Buch heraußen ist, da stecken ja doch manchmal Jahre an Arbeit im Vorhinein drinnen?

Christl Clear: Tatsächlich habe ich nicht ein paar Jahre daran geschrieben, sondern ein paar Monate. Es geht mir gut. Ich habe nicht mit dieser Resonanz gerechnet, ich sag’s ganz ehrlich, aber ich freu mich sehr über diese Resonanz. Es ist mindblowing, aber geil.

FM4: Für jemanden, der vielleicht noch nicht von dir gehört hat: Worum dreht sich dein Buch? Wie könntest du das in ein paar Sätzen zusammenfassen, was findet man in deinem Buch „Let me be Christl Clear“?

CC: Ich habe ein Buch geschrieben über Themen, die mir aus der Sicht einer schwarzen Frau beziehungsweise auch einfach als einer Frau „am Oasch“ gehen“, literally, und habs mit eigenen Beispielen aus meinem Leben erklärt. Ich habe versucht, das Ganze möglichst simpel herunterzubrechen und tatsächlich nicht allzu sehr in die Tiefe zu gehen, weil viele dieser Geschichten und Themen, die ich in diesem Buch abarbeite, für jeden selbst anders interpretierbar sind und auch anders interpretierbar sein sollen.

FM4: Was geht dir da besonders am Arsch, wenn wir es schon beim Namen nennen?

CC: Die Lage der Frau hier, aber eigentlich überall auf unserer Welt. Die Art und Weise, wie wir behandelt werden, was für eine Position wir haben, auf was für eine Position wir uns selber gestellt haben und dass wir gefühlt „stuck“ sind in dieser Situation, aber nicht sein müssen.

FM4: Was an deinem Buch auffällig und schön ist: es hat einen sehr niederschwelligen Zugang. Du beschreibst auch viele Erlebnisse aus deinem Leben. Es ist kein akademisches Buch, in dem du analysierst. Inwiefern war das eine bewusste Entscheidung, inwiefern war das ungeplant?

CC: Das war tatsächlich eine bewusste Entscheidung, weil ich wollte, dass sich jede Frau und jeder Mann abgeholt fühlt und auch weil man einfach mit vielen dieser hochgestochenen Ausdrücken überfordert wird. Ich glaube, dass es zugänglicher ist und gewisse Themen leichter verständlich sind, wenn man sie klar, simpel und ohne zu viele Fremdwörter runterbricht. Und es funktioniert offensichtlich.

FM4: Das funktioniert sichtlich gut. Christl Clear, du hast rund 40.000 Follower auf Instagram. Was ist das Geheimnis? Was sind die Themen, bei denen du denkst, dass sich die Menschen auch so gut damit identifizieren können, dass das dann auch so gut funktioniert?

CC: Ich versuche meinen Instagram-Account möglichst real zu halten, nicht zu filtern, nicht zu kuratieren und einfach authentisch zu sein und Beispiele zu bringen, mit denen sich möglichst viele Menschen identifizieren können und natürlich: jeder von uns ist anders, aber grundsätzlich versuchen wir alle, nur möglichst gut durchs Leben zu kommen und dabei nicht den Verstand zu verlieren. Ich glaub darum geht’s – I´m keeping it very clear!

FM4: Du hast heute noch Buchpräsentation von „Let me be Christl Clear“ auf der „Buch Wien“. Ist es das erste Mal, dass du dein Buch lesend vorstellst oder hast du schon den Publikums-Check gehabt?

CC: Ich habe das schon hinter mir, letzens in Berlin, und es ist immer geil. Die Reaktionen der Menschen sind so überwältigend. Ich weiß noch, bei der ersten Lesung war ich extrem aufgeregt und hab mir gedacht, okay, hoffentlich kommt das gut an, und dann war’s aber tatsächlich so, dass einige Menschen in den ersten Reihen, also die, die ich sehen konnte, zum Weinen angefangen haben, weil das Thema sie so abgeholt hat und das ist schon sehr cool!

FM4: Und es gibt auch einiges zu mögen in deinem Buch! Es gibt jetzt in den vergangenen zehn Jahren wahrscheinlich schon einen sehr starken Trend in Richtung Authentizität – auch in sozialen Medien, wo man sonst hauptsächlich viele „Hochglanzbildchen“ sehen kann. Was von dir zum Beispiel thematisiert wird, sind Dinge wie Älterwerden in unserer Gesellschaft, Rassismus, Body Politics. Das sind sehr emotionale und wichtige Themen, die unterrepräsentiert sind, oder?

CC: Ja, ich glaube, man möchte sich nicht mit dem Bullshit aus dem eigenen Leben auseinandersetzen, aber wir sollten uns damit auseinandersetzen. Und Fakt ist: Nur Hochglanzcontent zu konsumieren, tut uns nicht gut. Es geht uns besser, wenn wir wissen, dass es uns eh allen gleich geht. Dass uns allen mal etwas nicht gelingt, dass wir Ängste haben und nervös sind, dass halt Sachen nicht funktionieren und wir uns halt nicht 365 Tage im Jahr wohlfühlen in unserer Haut.

FM4: Du schreibst in dem Buch: Auch schwarze Menschen und all die anderen People Of Colour wollen nichts anderes als genauso behandelt werden wie weiße Menschen auch – fair und mit Respekt. Du bist Wienerin, deine Familie kommt aus Nigeria. Du bist aufgewachsen im Gemeindebau in Wien, Donaustadt. Wie hat sich Rassismus in deiner Sozialisation ausgewirkt und wie hast du auch begonnen, dich da zu wehren?

CC: Ich habe mich schon immer gewehrt, weil meine Mutter sich immer gewehrt hat. Ich kenn’ das nicht anders und hab’ das immer so gesehen. Ich hab’ meistens was gesagt. Immer, das weiß jeder, der betroffen ist, geht eh nicht, denn sonst geht man ein dabei, aber ich habe meistens was gesagt: in der Schule, wenn alteingesessene Lehrer wieder irgendeinen Scheiß von sich gegeben haben. Ich habe mich immer artikuliert und mich gewehrt, und irgendwann bin ich drauf gekommen, dass sich nur zu wehren, oft nicht reicht. Man muss oft auch erst erklären, wo das Problem liegt.

FM4: Und was würdest du jungen Frauen ganz speziell mitgeben? Dein Buch dreht sich ja um Body Politics, wie man als Frau in unserer Gesellschaft wahrgenommen wird, wie man als Person of Colour in unserer Gesellschaft wahrgenommen wird. Was muss sich ändern?

CC: Ich würd’s so cool finden, wenn wir uns immer wieder daran erinnern, wie toll Individualität ist. Und dass wir nicht alle normschön sein müssen, um vollständig oder gut genug zu sein. Dass es okay ist, wenn man zum Beispiel auf natürliche Weise keine Kinder bekommen kann, denn das geht vielen so. Und dass es okay ist, das klingt jetzt kitschig, aber dass es wirklich okay ist, Fehler zu machen, denn wir machen sie alle. Wirklich alle, auch Beyoncé.

mehr Buch:

Aktuell: