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Ein Buch für harte Zeiten: Clara Louises „Über mir die Wolke“

„Über mir die Wolke“ ist eine hoffnungsvolle Geschichte. Die Musikerin, Lyrikerin und Autorin Clara Louise erzählt in ihrem Roman von einer jungen Frau, deren Leben von einer Wolke verdunkelt wird. Aber auch davon, wie sie lernt, damit umzugehen, und die Hoffnung nicht verliert.

Von Livia Praun

Ihr Buch ist gerade erschienen, und schon arbeitet Clara Louise an neuer Musik. In ihrer Wohnung in Salzburg tobt sich Clara Louise kreativ aus: Sie dichtet, zeichnet, musiziert, und schreibt. Mit dem Schreiben angefangen hat sie schon früh, mit 12 Jahren. Damals hat sie ihre erste depressive Episode erlebt, in der sie stark unter Schlaflosigkeit gelitten hat. In diesen schlaflosen Nächten hat sie sich dann an den Schreibtisch gesetzt und drauf losgeschrieben.

„Über mir die Wolke“: Wenn eine psychische Erkrankung das Leben verdunkelt

cover von Über mir die Wolke

rororo

„Über mir die Wolke" ist mit 128 Seiten am 19.10.2021 im Rowohlt-Verlag erschienen.

2018 veröffentlicht sie dann ihren ersten Gedichtband, zwei weitere folgen, und am 19. Oktober 2021 ist schließlich ihr erster Roman erschienen: „Über mir die Wolke“. Hier erzählt sie die Geschichte von Lina, einer jungen Frau, die in eine ausweglose Situation geraten ist: Über Linas Kopf schwebt nämlich eine Wolke, die ihr das Leben schwer macht. „Sie bedeckt die Sonne, den Mond, die Sterne. Sie verdunkelt den Himmel, den Tag, die Nacht.“

Und egal wohin sie geht, die Wolke folgt ihr. Lina wird sie einfach nicht los. Diese Wolke steht für eine Depression oder andere psychische Erkrankung, die man mit sich rumschleppt, erklärt Clara Louise im FM4-Interview: „Natürlich, ich habe an Depressionen gedacht, weil es für mich ein persönliches Thema ist, habe aber trotzdem versucht die Geschichte recht offen zu halten, damit sich jeder damit identifizieren kann.“

Lina sehnt sich nach ihrem Leben vor der Wolke und hat Angst, dass ihr Leben nie mehr so unbeschwert wird. Lina will die Wolke loswerden, weiß aber nicht wie. Sie kann sie nicht akzeptieren, und erzählt deshalb auch niemandem davon: „Zwischen alles schob sich die dunkle Wolke, die immer allumfassender wurde, obwohl ich krampfhaft versuchte, sie vor den anderen zu verbergen. Doch je mehr ich mich bemühte, desto weniger sahen sie mich.“ Lina zieht sich immer mehr zurück, bis sie eines Tages eine kryptische Nachricht erhält, die sie zum Hafen lotst: Hier beginnt eine unerwartete Reise für sie. Gemeinsam mit einer kleinen Schiffsmannschaft, die sie davor noch nie gesehen hat, sticht sie in die See.

Einsam, Schlaflos, Leer: Die schwere Last der Wolke

Clara Louise mischt diese Erzählung mit kleinen Zeichnungen und Aphorismen. Das alles klingt sehr nach Kinderbuch – ist es aber nicht. Clara Louise behandelt hier psychische Gesundheit und Erkrankungen und will mit diesem wichtigen Thema damit vor allem Jugendliche und junge Erwachsene ansprechen. Genau in diesem Alter machen nämlich viele ihre ersten Erfahrungen mit emotionalen und psychischen Krisen.

Die schwere Last der Wolke beziehungsweise einer Depression beschreibt Clara Louise sehr wahrheitsgetreu: Lina zieht sich immer mehr zurück, auch von ihren engen Vertrauten, sie hat Schlafprobleme und in sich drinnen spürt sie nur eine tiefe Leere. Und trotzdem ist es kein deprimierendes Buch - Clara Louise fokussiert sich nämlich in ihrer Erzählung darauf, wie Lina es schafft, ihre psychische Erkrankung anzuerkennen und zu akzeptieren. Ignorierte Lina anfangs die Wolke noch, so kommt sie irgendwann an den Punkt, wo sie denkt: „Es war okay, dass sie noch da war. Ich wusste immer besser, was ich tun konnte, wenn sie sich in den Vordergrund drängte. Ich sagte ihr, dass ich sie nicht länger ignorieren würde, dass ich sie als Teil meines Lebens verstand.“

Die Erkrankung anzuerkennen und nicht mehr zu ignorieren, das war auch für Clara Louise ein großer erster Schritt zur Besserung: „Ein wichtiger Teil war, dass ich das auch zum Thema mache, und das nicht immer so klein rede.“ Dazu gehört auch, sich den Freunden und der Familie anzuvertrauen, und vor allem professionelle Hilfe suchen: „Da muss man einfach durchhalten, und schauen, dass man jemanden findet, der einen unterstützt und hilft, diese Zeiten zu überstehen.“ Ihr helfen Psychotherapie und Medikation dabei, Krisen zu überstehen und auch für die nächsten besser gerüstet zu sein.

„Kopfchaos“ in Kunst verarbeiten

Aber auch ihre Arbeit hilft ihrer mentalen Gesundheit. Wie für viele andere Künstler*innen ist das Schreiben für Clara Louise eine Art Ventil. In ihren Texten, ihren Gedichten und ihrer Musik verarbeitet Clara Louise ihr ganzes „Kopfchaos“, wie sie es liebevoll ausdrückt. „Wenn ich schreibe, habe ich das Gefühl, ich lerne mich selbst besser kennen, verarbeite mehr und lerne dabei auch darüber, was in mir so vorgeht“, erzählt sie, „und beim Musizieren, da fühle ich mich so richtig lebendig.“ In Zeiten, in denen sie eher nachdenklich gestimmt ist, ist sie besonders kreativ und inspiriert. Es sind auch sehr simple Momente, in denen ihr Melodien oder Texte einfallen – etwa, wenn ihr Geschirrspüler kaputt ist, wie sie bei einem Live-Auftritt erzählt.

In ihrer Wohnung arbeitet Clara Louise wieder an neuer Musik, erzählt sie im FM4-Interview. Im Gegensatz zu ihren letzten Alben, die alle komplett deutschsprachig waren, soll das nächste Album englischsprachig werden. Einen kleinen Vorgeschmack gibt es schon, im Juli veröffentlichte sie das englische „I Care“.

Auch musikalisch soll es in eine andere Richtung gehen: „Es wird mehr Soul, mehr Rock-Elemente geben, das ist grad meine Vision, dass wir das miteinander vermischen.“

„Eine hoffnungsvolle Geschichte für dunkle Tage“

Clara Louise ist in der ganzen Erzählung vor allem eines wichtig: Die Hoffnung. Die hat ihr in den vergangenen Jahren stets geholfen, diese schwierigen Zeiten durchzustehen: „Die Hoffnung hat mich immer dazu gebracht, dass ich realisiere: Das ist jetzt echt eine schlechte Phase und die wirkt gerade sehr aussichtslos, aber trotzdem glaube ich daran, dass es wieder besser wird.“ Die Hoffnung durch dieses Buch auch zu vermitteln, war ihr ein großes Anliegen, „weil sie überlebenswichtig ist.“ Und das hat sie auch geschafft. Mit vielen, schönen Metaphern erzählt Clara Louise, dass das Leben eine Zeit lang bewölkt und verregnet sein kann, erklärt, wie man sich in dieser Zeit vor dem Wetter schützen kann und - amaller wichtigsten -, dass diese Schlechtwetterphasen auch wieder vergehen. Das Buch ist tatsächlich das, was der Untertitel verspricht: „Eine hoffnungsvolle Geschichte für dunkle Tage“.

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