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Gloomhaven

Asmodee Digital

Komplexitätsmonster digital

Das Kultbrettspiel „Gloomhaven“ gilt als eines der komplexesten taktischen Gesellschaftsspiele. Die Videospielversion bringt das Erlebnis perfekt auf die Bildschirme.

Von Rainer Sigl

Wer bislang das komplexe Taktikspiel „Gloomhaven“ spielen wollte, brauchte so einiges: Ein bis vier MitspielerInnen ab 14 Jahren, eine Basisspielbox mit beinahe zehn Kilogramm Gewicht und stolze 150 Euro, die diese Grundausstattung kostet. Außerdem benötigt man einen großen Spieletisch und Zeit - ziemlich viel Zeit sogar. Das Spielen der ganzen Kampagne braucht so circa 100 Spielstunden, und an den ersten von diesen Spieleabenden wird man - wie bei allen modernen Brettspielen - seine Nase ziemlich lang in die umfangreichen Regeln stecken müssen.

Ja, „Gloomhaven“ zu spielen, ist kompliziert - aber es zahlt sich aus. Das sagen zumindest alle, die das 2017 per Kickstarterkampagne finanzierte „Tactical Dungeon Crawling Tabletop Game“ ausprobiert haben.

Genau dieses Ausprobieren ist jetzt bedeutend einfacher geworden, denn „Gloomhaven“ gibt es seit kurzem auch in der Umsetzung als Videospiel.

Ein hartes Söldnerleben

In „Gloomhaven“ steuere ich eine kleine Gruppe von sehr unterschiedlichen Söldnern durch eine Fantasywelt. Stolze zwölf Tutorials erklären mir Schritt für Schritt die Grundregeln, dann geht es los: In kurzen Missionen muss ich meist Monster besiegen und Schätze einsammeln und dabei meine Fähigkeiten Runde für Runde taktisch einsetzen.

„Gloomhaven“, entwickelt von Flaming Fowl und vertrieben von Asmodee Digital, ist für Windows erschienen.

Cover der Spieleschachtel von "Gloomhaven"

Feuerland

Die analoge Brettspielversion gibt’s auf Deutsch von Feuerland, im englischen Original von Cephalofair.

Was in anderen Videospielen quasi unsichtbar als Spielmechanik im Hintergrund versteckt wird, ist in einem Brettspiel natürlich anders geregelt: Hier stehen spezielle Spielkarten für meine Möglichkeiten, und ich muss gut mit meinem schmalen Vorrat davon haushalten.

Der zentrale Clou im taktischen Kampf: Jeder Charakter hat zehn Karten im Deck, die jeweils zwei Aktionen zeigen, eine oben, eine unten; wenn ich bei Karte 1 die obere Aktion ausspiele, darf ich bei Karte 2 nur die untere nehmen und umgekehrt. Nach jeder Runde werden beide Karten abgelegt, oder, bei besonders mächtigen Aktionen, „verbrannt“, so dass sie in dieser Mission nicht nochmal gezogen werden können. Aus dem sorgfältigen Managen meiner knappen Aktionen ergibt sich ein spannendes Abwägen und der Zwang zum kreativen Taktieren.

Die Videospielumsetzung hat diese und alle weiteren die Grundtaktiken noch höchst diffizil erweiternden Brettspielmechaniken sehr originalgetreu übernommen; nur das hin und wieder noch nötige Würfeln findet quasi „unter der Haube“ statt. Wer sich digital eingeübt hat, kann aber vermutlich ohne Weiteres auch die analoge Version spielen.

Gloomhaven

Asmodee Digital

Gemeinsam noch besser

Am Anfang stehe ich etwas hilflos vor diesem einschüchternden Komplexitätsmonster, aber nach und nach entfaltet „Gloomhaven“ seinen Reiz. Jeder Spielzug ist wie ein kleines taktisches Puzzle, jeder Charakter wächst mir nach und nach ans Herz. Im „Gildenmodus“ kann ich mich behutsam beim Spiel mit den unterschiedlichen Heldinnen und Helden einüben, die Kampagne verlangt mir mit merkbar höherem Schwierigkeitsgrad alles ab - dafür lockt aber ein wirklich episches Erlebnis, in dem ich meine Figur durch ein gewaltiges Abenteuer steuern kann.

Ja, ich kann den Hardcore-Brettspielfans nur zustimmen: „Gloomhaven“ ist ein großartiges Spiel - es analog im Kreis von guten FreundInnen über viele lange Abende zu spielen, ist sicher außergewöhnlich. Aber auch die digitale Variante ist allen, die Strategie-Games lieben, wärmstens ans Herz zu legen; wer sich nicht sicher ist, ob die 10-Kilo-Box zum hohen Preis den Kauf wert ist, kann sich mit der digitalen Version ein perfektes Bild machen.

Und natürlich kann ich auch das digitale „Gloomhaven“ online mit echten MitspielerInnen spielen. Eine tröstliche Alternative, falls uns Corona auch in diesem Winter die realen Spielabende vermiesen sollte.

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