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Lederhosen und altertümliches Gewehr

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Todor Ovtcharov

Maschinengewehre und Lederhosen

Wenn Österreicher nach Bulgarien reisen, erzählen sie Geschichten von Mafiosi mit Maschinengewehren. Dabei sind die wahren Kriminellen auf der Fußballwiese hinter dem Plattenbau zu finden.

Eine Kolumne von Todor Ovtcharov

Mein Freund Georg berichtet mir über seine Reise nach Bulgarien. Menschen mit Maschinengewehren sammeln dort täglich Schutzgeld aus Lokalen und Geschäften ein.
„Hast du schon wen mit einem Maschinengewehr in der Hand gesehen?“, frage ich ihn.
„Nein“, meint er.
„Und warst du in einem Lokal?“
Das war er schon. Das Essen und den Wein fand er ausgezeichnet. Woher wisse er denn das mit den Maschinengewehren? Leute hätten ihm davon erzählt. Ich frage ihn, ob er dabei diesen guten Wein getrunken habe. Er kann sich nicht erinnern, wie viel Wein er getrunken hat, aber er ist sich sicher, dass Mafiosi mit Maschinengewehren Schutzgeld von den Lokalen einsammeln. Er hat daran gar keinen Zweifel.

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Pistolen sind wie Lederhosen

Ich versuche ihm zu erklären, dass die Aussage, alle Bulgaren würden mit Pistolen in Kaffeehäusern sitzen, ähnlich der Feststellung sei, dass in Österreich alle Lederhosen tragen. Dabei bin ich mir sicher, dass es hier mehr Lederhosen gibt als Pistolen in Bulgarien. Ich will die Lederhosen nicht verallgemeinern, aber Georg verallgemeinert gerne die Maschinengewehre. Bulgarien ist ein armers und korruptes Land, was für ihn automatisch heißt, dass die Lokale voller Menschen mit Maschinengewehren sind. Ich habe 19 Jahre in Bulgarien gelebt, sogar in den dunkelsten 1990-er Jahren, und habe noch nie jemand mit einem Maschinengewehr gesehen. Vielleicht haben sie die gut versteckt. Denn die Lederhose kann man nicht verstecken, das Maschinengewehr aber sehr wohl.

Panzer

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Erpressung im Plattenbauviertel

Eigentlich wollte ich eine Geschichte aus meiner Kindheit erzählen, die Erpressung beinhaltet. Ich war 12 oder 13 Jahre alt und auf dem Weg von der Schule nach Hause. Ich lebte in einem Plattenbauviertel am Stadtrand. Ich hatte mit Freunden Fußball auf einer Wiese gespielt und meine neuen Sneakers ausgezogen, um sie nicht schmutzig zu machen. Es war warm, ich ging dann barfuss nach Hause und vergass sie auf der Wiese. Als ich an sie gedacht habe und sie suchen wollte, waren sie weg. Um dem Zorn meiner Eltern zu entgehen, habe ich ihnen erzählt, dass ein älterer Bub mich aufgehalten hat, mir die Schuhe auszog und verschwand. Deshalb sei ich barfuss nach Hause gekommen. Meine Eltern kauften mir neue Sportschuhe, ohne von meinem Betrug - wenn nicht sogar Erpressung - zu erfahren. Denn eigentlich war ich ein kleiner Erpresser.

Vielleicht sollte ich Georg und meinen österreichischen Freunden erzählen, dass ich anderen die Schuhe ausgezogen habe und nicht sie mir. Außerdem hatte mein Vater ein Maschinengewehr. Er schoss damit auf unseren Nachbarn, als dieser unsere Wohnung überflutet hatte. Eigentlich hatten alle meine Verwandten Maschinengewehre. Und zur Schule bin ich mit dem Panzer gefahren.

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