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Philipp Carl Riedl springt mit Skateboard

Markus Berger / Red Bull Content Pool

Wie geht ein Skate-Pro in Pension?

Philipp Carl Riedl (vormals Schuster) hat 16 Jahre lang geschafft, was sonst kaum jemand in Österreich zusammenbringt, vom Skateboarden anständig leben zu können. Mit seinem allerletzten Skate-Part hat er jetzt einen Schlussstrich unter seine Profi-Karriere gezogen.

Von Simon Welebil

„Was ich jetzt schon gemerkt habe, ist, dass mein Körper jetzt auch wirklich ‚Danke‘ sagt, dass ich nicht mehr so wild Skateboard fahre“, sagt Philipp Carl Riedl beim lockeren Cruisen im Skatepark im Wiener Prater und deutet auf seine Sprunggelenke, die mittlerweile drei bis vier Tage brauchen würden, um sich von heftigen Skateboard-Sessions zu erholen.

Glückliche Zufälle ermöglichten die Skate-Karriere

Philipp kann auf eine lange Skateboard-Karriere zurückblicken. In den 1990er-Jahren hat er zu skaten begonnen. Anfang der 2000er, gleich nach dem Zivildienst, hat er dann seinen ersten bezahlten Sponsoring-Vertrag unterschrieben. „Vom Skateboarden leben zu können, war nie mein Plan oder meine Mission“, erzählt er, aber für ihn hat sich das durch einige glückliche Zufälle ergeben.

„Die Motivation und die Passion muss halt stimmen, und dann geht’s viel darum, international aufzuzeigen, denn wenn man nur in Österreich gut unterwegs ist, bringt einem das finanziell nicht viel.“ Zu Beginn seiner Karriere ist er noch relativ viel und erfolgreich Contests gefahren, 2007 hat er sogar die European Championships im Street-Skateboarding gewonnen.

Bald darauf sind Philipp die Contests dann zu langweilig geworden und er hat sich auf Videoparts und lifestyle-lastige Projekte gestürzt, mit denen er immer wieder Schlagzeilen generieren konnte, mit einem DIY-Skatepark in einer alten Villa etwa oder einer DIY-Skatebowl in einem alten Kohlenkeller. Besonders gern blickt er auf sein eigenes Skateboard-Mag „Trottoir Skateboarding“ zurück, das er zwischen 2007 und 2012 herausgegeben hat. „Das war ein Projekt, bei dem ich alles gemacht habe, von der Redaktion über Fotos, Produktion, Anzeigenverkauf etc. Das war ein Sprung ins kalte Wasser, aber ich habe unheimlich viel gelernt.“

Mehr als ein Umbruch

In seiner Karriere hat Philipp Carl Riedl auch einige Veränderungen im Skateboarding erlebt, Boom-Zeiten und Flauten und große mediale Umbrüche - von großen Magazinen, die in der Finanzkrise 2008/2009 eingegangen sind über kleine, regionale Zines zu den neuen Möglichkeiten im Internet und Social Media. Ganz wichtig findet er, dass in den letzten fünf bis zehn Jahren auch Frauen im Skateboarden sichtbar geworden sind. „Skateboarden war halt früher extrem männerdominiert, und mittlerweile gibt’s halt richtig viele richtig gute Mädels, die die Szene vielfältiger machen, was richtig schön zu sehen ist.“

Eine Entwicklung, bei der Philipp nicht mehr wirklich mitgehen wollte, ist die Social-Media-Revolution:

Ich muss ja sagen, ich bin ein Social-Media-Nackerpatz. Ich mach’s nicht gern und hab’s auch nie wirklich gut können. Ich bin definitiv von der Generation VHS.

Die große Social Media Followerbase, die mittlerweile für Skate-Profis dazugehört, hat Philipp nicht wirklich angestrebt, sondern versucht, da ein bisschen durchzutauchen, auch weil er längst andere Pläne für seine Zukunft gehabt hat. Denn dass man als Skate-Pro in Österreich ein Ablaufdatum hat, ist ihm schon klar gewesen, als er seinen ersten Vertrag unterschrieben hat. Philipp hat von vornherein die Fotografie forciert, weil es für ihn etwas ähnlich Kreatives ist wie das Skateboarden, aber man es ein bisschen länger auf hohem Niveau betreiben kann als Skateboarden.

Ausstieg jahrelang vorbereitet

Zu Jahresbeginn hat Philipp all seine Sponsorenverträge gekündigt, aus körperlichen und familiären Gründen, und auch um sich neue Herausforderungen zu suchen. Seinen Namen hat er schon davor von Schuster auf Riedl geändert, nach seiner Hochzeit, auch ein deutliches Zeichen der Veränderung. Philipp Carl Riedl ist jetzt als Fotograf selbständig und konzentriert sich auf die Themen Sport und Bewegung, Porträt und Reportagen, wofür Skateboarden eine sehr gute Schule gewesen sei. „Man darf nicht vergessen, dass es sehr viele kreative Fotografen, Regisseure, Kameraleute gibt, für die Skateboarden der Nährboden für ihre kreative Karriere nachher war.“

Welche Skater in Österreich man jetzt im Auge haben sollte

„Marco Kada und Levi Löffelberger sind zwei Kandidaten, die grad unglaublich durch die Decke gehen, auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Levi ist so der absolute Techniker, der das Ledge-Skaten wirklich international auf ein ganz anderes Level hebt, der ist ein Wahnsinn.“

„Und Marco Kada ist ein Original, der sich Skateboarding zu 100% verschrieben hat, sich überall runterschmeißt und die ganz harten Stuntmanöver liefert. Die beiden sind auf internationalem Level richtig gut unterwegs. Die zwei sind immer gut für unglaubliche Überraschungen.“

Als Skateboarder ist Philipp jetzt nur mehr Amateur, was für ihn aber auch Vorzüge hat, weil er jetzt einfach entspannt skaten gehen kann und nicht mehr bei jedem Spot daran danken muss, was er da filmen, fotografieren oder in ein Projekt einbauen könnte.

Eine letzte Ausnahme hat er diesen Sommer gemacht, als er gemeinsam mit dem Skater und Filmemacher Johannes Wahl seinen letzten Skatepart gefilmt hat. Darin wollte er zeigen, dass man auch als älterer Skater noch sein Niveau halten kann, und dafür hat er auf den Straßen Wiens Clips gesammelt. Ganz mit dem, was er vor zehn, fünfzehn Jahren abgeliefert hat, könnten die zwar nicht mehr mithalten, „aber ich glaube es ist ein würdiger Abschied.“

Philipp Carl Riedl "Moving Forward" from High Society on Vimeo.

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