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Tereza_Mundilova

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Die Nihils und ihr interplanetarer Elektro-Pop

Wie würde es klingen, wenn wir neue Planeten entdecken, auf denen ein besseres, friedliches Miteinander möglich wäre? Das österreichische Wahl-Berliner Trio Nihils haben mit ihrer neuen EP versucht, genau das herauszufinden.

von Andreas Gstettner-Brugger

Vor etwas mehr als einem Jahr hat uns das mittlerweile in Berlin lebende Tiroler Trio Nihils mit ihrer EP „AM/PM Pt. 1“ an ihren Reiseerlebnissen rund um die Welt teilhaben lassen. Ramon Riezouw (Gesang, Gitarre), Thomas Lackner (Drums) und Florian Nothegger (Gitarre) haben sich damals eine Auszeit genommen und getrennt voneinander Australien, Bali und Portugal erkundet. Ihre Eindrücke haben sie im Berliner Proberaum geteilt und dadurch neue Songs entstehen lassen.

Für den zweiten Teil ihrer EP haben Nihils sich Corona-bedingt einen neuen Rahmen gesteckt. Jeden Freitag haben sie sich in ihrem Studio getroffen und sich so einen zeitlichen Freiraum geschaffen, in dem alles möglich sein darf. Nach zwei, drei Songs war den drei Musikern klar: Diese EP klingt, als wäre sie nicht von dieser Welt.

Zurück auf Start

Wie viele Menschen hat die Pandemie letztes Jahr auch die Nihils dazu gebracht, über die eigenen Muster, Verhaltensweisen, über die Lebensart und unsere Welt überhaupt Gedanken zu machen. Für die neue EP war es also ein guter Zeitpunkt, den Reset-Knopf zu drücken. Da das Trio sich mit seiner letzten EP soundtechnisch schon gefunden hat, haben sich Nihils diesmal von der Musik selbst leiten lassen.

„I Won’t Be“ ist der erste Track, der entstanden ist und thematisiert das endlich wieder hinausgehen und zusammen arbeiten können nach dem ersten Lockdown. Der dancige Track beschreibt auch das Gefühl der weltweiten Verbundenheit. Das Innehalten und Nachdenken, was einem im Leben wirklich wichtig ist. Insofern ist die Nummer auch beschwingter, wärmer und hoffnungsvoller als die manchmal kühlere Atmosphäre der EP.

Nach der zweiten und dritten Nummer vermittelte der Klang den drei Musikern das Gefühl, die Musik gehöre nicht auf unsere Welt. Assoziationen mit dem Thema space exploration haben sich aufgetan und mit dem Eröffnungstitel „Back To The Start“ begann auch für die Band die Reise ins All. Zischende Synthies, ein treibender Beat, verhallte Vocals, angezerrte Melodien und Basslinien entführen uns sofort in den interplanetaren Raum der Nihils.

Songs als eigenes Planetensystem

Inspiration fanden die Nihils diesmal weniger auf musikalischer Ebene sondern vielmehr durch Film und bildende Kunst. Ein Besuch der König Galerie in Berlin hat ihnen da einen push gegeben, ihr „Space Konzept“ weiter zu verfolgen. Dort wurden die Bilder des Künstlers Basim Magdy ausgestellt, die mit ihren bunten Science-Fiction-Motiven die Gedanken und Assoziationen der drei Musiker zum Fließen gebracht haben. Auch die filmische Auseinandersetzung mit dem Thema space hat den Nihils viele Ideen geliefert. Von den klassischen Weltraumerkundungsfilmen bis zu Dokumentationen über den Alltag Besatzung der ISS Raumstation war alles dabei. Auch die Endsequenz von „Melancholia“ von Lars von Trier hat das Trio dazu animiert, über ein mögliches Ende der Welt und einen Ausweg im Weltall nachzudenken.

EP Cover "AM/PM Pt.2" von den Nihils

Nihils/Spacefiller

Die neue EP „AM/PM Pt. 2 - Interplanetary Maze“ von Nihils erscheint am 26.11.2021 auf n-recordings.

Nihils haben sogar ihr eigenes Planetensystem entworfen. Stories und Themen haben sie dabei in bestimmte Planeten verpackt. Es war eine große Freiheit, sich neue Welten auszudenken ohne gleich zu überlegen, wie sich diese Ideen auf unserer Erde umsetzen ließen. Auch wenn nicht immer sehr konkret, so finden sich doch Leitthemen in den Planeten, die sich zu Songs entwickelt haben.

Bei dem Song „Low On Energie“ beschreiben Nihils drei Astronauten und Wissenschaftler, die eine drohende Zerstörung der Erde hinter sich lassen und ins Weltall aufbrechen, um eine neue Heimat zu finden. Getrieben von dem Aufbrechen und Entdecken des Neuen wollen sie sich keine Gedanken darüber machen, wie man die Probleme zuhause auf der Erde vielleicht lösen kann. Insofern soll die EP auch zum Nachdenken anregen, was wir hier auf unserem Planeten in unserer unmittelbaren Umgebung tun können, um Dinge zum Positiven zu verändern.

Die Songs „AM/PM Pt. 2 - Interplanetary Maze“ leben von diesem Spannungsfeld, einerseits in das Neue und Unbekannte aufzubrechen und andererseits hinzuschauen, was man bisher getan hat, was man hinter sich lassen möchte und wo es an der Zeit ist, Verantwortung zu übernehmen und nicht wegzulaufen. Ein Song, der diese widersprüchlichen Gefühle gut zum Ausdruck bringt, ist „Halfmoon“. Er beginnt mit einem eher euphorischem Beat und dem Entdeckergeist, entlarvt aber im Laufe des Songs die Gedanken als Fantasien, wobei der Track in sich zusammenzufallen droht und mit einer dunkleren Atmosphäre dann doch wieder Fahrt aufnimmt.

Das visuelle Gesamtkonzept zu dieser spacigen Reise hat übrigens das Künstler-Duo Alexander Nagy und Alexander Miller alias Spacefiller entworfen und umgesetzt.

Die Utopie in der Realität

Mit dem Song „Lajares“ endet die interplanetare Musik-Reise mit einem dunklen Elektro-Pop-Stück das die Aufgeregtheit vor dem Unbekannten hörbar und spürbar macht. Mit dem verschlungenen, mehrstimmigen Gesang wird die unterkühlte, technoide Stimmung gebrochen. Ein Song, der einen fragend hinterlässt, was für Erkenntnisse die Nihils durch ihre sehr persönliche space exploration gewonnen haben und ob diese sich auch in der Realität umsetzten lassen könnten. Das werden wir wohl erst bei EP Pt. 3 erfahren.

Ein Experiment haben Nihils jedoch umgesetzt. Sie haben den Space-Gedanken weitergesponnen und wollten ihre neue EP in einem anderen Raum stattfinden lassen. So haben sie nach längerer Recherche eine Lösung gefunden, ihre Musik in 35.000 Meter über der Erde erklingen zu lassen. Die Nihils haben einen eigenen Speaker gebaut und ihn auf einen Wetterballon montiert. Zusammen mit zwei GPS-Trackern, einem Fallschirm, Powerbanks, einer Action-Kamera und Mikrofonen haben sie einen 2,5 stündigen Flug in die Stratosphäre gestartet, um dort die EP in einer Schleife abzuspielen. Ausgangspunkt war Berlin, gelandet ist der Ballon in einem kleinen Wandstück nördlich von Leibzig hinter einem Gelände das „Fantasy Forrest“ heißt. Das Ergebnis dieses Fluges kann man sich heute Donnerstag 25.11. ab 19:30 hier ansehen:

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