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Der Song zum Sonntag: Yot Club - „Deer Island“

Alles absichtlich nebulös und verschwommen in der Musik von Yot Club aus Mississippi. „Deer Island“ ist ein mysteriöses Stück Lo-Fi-Country - oder wie man dieses Genre auch immer nennen soll.

Von Christoph Sepin

Allzu viel weiß man nicht über Ryan Kaiser alias Yot Club aus Mississippi. Aber das muss man in diesem Fall auch gar nicht, sondern kann dieses Lied für sich alleine stehen lassen, ohne zu viel zum Interpreten zu schreiben. Wichtige Eckdaten halt: „Santolina“ wird die neue EP des Musikers heißen, eine „Hymne zum Reisen“, das sagt der Pressetext dazu.

Viel wichtiger ist es aber zu wissen, warum dieser Song so catchy ist. Denn das ist er. Da wäre einmal der Mark-Mothersbaugh-mäßige Rhythmus zu Beginn, diese schön-einlullende Wiederholung des elektronischen Drumcomputers wie direkt aus dem Bordradio von Steve Zissous U-Boot. Und dann, gleich darauf, die simplen, schnell gespielten Gitarrensaiten, wie aus den Fingerspitzen eines Zachary Cole Smith mit seiner verwaschenen Whatever-Gaze-Revival-Band DIIV.

Dann drückt man die Daumen, dass sich das alles ausgeht. Dass in dem Moment, in dem die Stimme einsetzt, alles Sinn ergibt und zusammenkommt, wie man das erhofft hat. Und Ryan Kaiser liefert ab: Schon die erste Zeile ist genauso understated und in vorsichtig und wohl absichtlich unterproduziertem Hall eingepackt wie gewünscht und wie das gemeinsam mit der restlichen Instrumentierung Sinn ergibt.

Lieder über Inseln sind sowieso schon einmal super, weil sie eine kompakte, oft auch mysteriöse Welt beschreiben. Auch „Deer Island“ wirkt passend wie vom Soundtrack des nächsten Lieblings-Mumblecore-Films, der in so einem Ort spielt. „She lives out on deer island“, fängt diese Erzählung an. „You know there’s a place in mind, she wants to go.“ Also doch der Coming-of-Age-Soundtrack? Der Wunsch, aufs Boot zu steigen und aufs Festland zu fahren? Oder doch etwas ganz anderes?

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  • Auch die geschätzten Wissenschafts- und Popjournalist*innen Thomas Kramar und Heide Rampetzreiter machen sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song ihre Gedanken.

Die Melodien wiederholen sich und die kleine Welt am Deer Island versinkt in der Alltäglichkeit: „People out on the docks, others punch in the clocks, there’s a million ways I could go.“ Schau, da, die Leute, wie sie emsig ihrer Arbeit nachgehen und ihr Leben leben - am Pier und dann zum Feierabend endlich nach Hause. Dazwischen der Songwriter, der nicht von den Gedanken wegkommt, was denn noch für eine andere Welt da draußen warten könnte.

Denn diese Vorstellungen können nicht so leicht ignoriert werden: „With a growing persistence to, add on the distance from everything that I know.“ So weit weg von allem kann sich das anfühlen, wenn man von Kleinstadtidylle umgeben ist. Man könnte ja auch einfach raus aus dem eigenen Kopf und den eigenen Gedanken und mit den anderen reden, die auf der Insel sind. Aber nicht dieses Autoren-Ich: „Making up for the distance, decline all assistance, I’ll make it on my own.“ Und steigt aufs Boot und entdeckt eine neue Welt. Oder nicht und wundert sich in zwanzig Jahren darüber, welches Leben sonst noch gewartet hätte.

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