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Oxyjane

Numavi Rec

Soundpark Act des Monats: Oxyjane

Oxyjane aus Graz machen Musik, die auf wunderbare Art mit Grunge Rock der 90s, Alternative Rock und zeitgenössischem Pop spielt. Introspektiver, melancholischer Indierock über Abgründe und Emotionen an der Kippe.

Von Alexandra Augustin

Das Leben kann schon sehr gemein sein: Stell dir vor, du gründest eine Band, schmiedest große Pläne, schreibst viele Songs, arbeitest auf ein Album hin, planst eine Tour und dann passiert: nichts! Weil dir eine verrückte Pandemie dazwischenfunkt. Achso, ja, that really happened!

Alles hatte so gut angefangen: Die Grazer Musikerin Selina Galka besuchte 2018 ein Wolf-Alice-Konzert in Wien. Die ganze Show war fantastisch, sie selbst war danach völlig im Glücksrausch. Noch auf der Heimfahrt hat sie ganz euphorisch auf Facebook eine Statusmeldung gepostet: „Wer will mit mir eine Grungeband gründen?“

Ein paar lose Bekannte haben die Meldung kommentiert, unter anderem traurige Smileys darunter gepostet. Denn Grunge ist doch längst tot, oder etwa nicht? Zwei interessierte Menschen aus der Grazer Musik-Bubble haben sich dann aber doch auf den Aufruf hin gemeldet. Denn irgendwie schwebte da schon etwas in der Luft: Gitarrenmusik der 1990er Jahre - das sollte sich vor drei Jahren bereits abzeichnen - würde bald ein größeres Revival feiern.

Erste Songs entstanden. Ein ganzes Jahr lang wurde an Ideen geschraubt. Anfang 2020 war dann der erste Release in Form eines Debüt-Minialbums mit fünf Liedern geplant. Und dann wurde die neu gegründete Band Oxyjane eiskalt von der Pandemie erwischt. Exakt zum Veröffentlichungstermin im März 2020 wurde der erste Lockdown besiegelt, die zur Platte geplante Tour musste abgesagt werden. Das Leben ist in diesen Zeiten nicht fair. Aber für manche Menschen ist es noch ein wenig mehr beschissen. Selina Galka erzählt im FM4 Studio, wie ihre Welt damals plötzlich zusammengebrochen ist:

„Das war wirklich traurig, dass dann alles ins Wasser gefallen ist. Für mich war das sehr tragisch, und ich habe drei Wochen nur durchgeweint. Corona hat den ganzen Wind aus der Sache genommen, damals ist mir einfach alles weggebrochen und weggenommen worden.“

Schweres Herz

Statt richtig durchzustarten, wurde alles auf Eis gelegt. Ein paar Sommerkonzerte gingen sich dann 2020 und 2021 zwar aus, aber das war nur ein schwacher Trost. Zum Glück machten die Songs der EP „Mint Condition“ im Netz und hier auf FM4 die Runde. So auch die Nummer „Carry Me Home“.

Das von der Band selbstgedrehte Video spiegelt mit einfachen Mitteln ganz schön, wo die Band verortbar ist: Schwarze, locker geschnürte Doc Martens spazieren im Videoclip durch die Stadt. Die oversized Jeans sitzt locker. Carry me home. „Zuhause“, das ist ein Zustand des Unterwegs-Seins. Das ist das Leben, das im Dämmerzustand zwischen Tag und Nacht pulsiert, in den Straßen und Kellerclubs der Stadt. Zuhause, das ist im besten Fall ein wärmendes Stück Musik, das man unterm Herzen trägt, das hier im lockeren 4/4-Takt vorantrabt, unterstützt von schweren Gitarren.

Oxyjane

Numavi Rec

Apropos Gitarren: Davon gibt es im Trio Oxyjane gleich zwei, dafür keinen eigenen Bass. Gitarristin und Sängerin Selina Galka schreibt die Songs, Lukas Schneeberger spielt die zweite Gitarre und Robert Wiese sitzt an den Drums. Auch die ursprüngliche Idee hat sich etwas transformiert: Das Projekt Oxyjane kommt poppiger als ursprünglich geplant daher. Viele Einflüsse sind hörbar und setzen sich aus den unterschiedlichsten Vorbildern zusammen. Da wären Nirvana, The Strokes, St. Vincent, aber auch aktuelle Musik von den IDLES, Tame Impala und King Gizzard and the Lizard Wizard. Auch die heimischen Schmieds Puls sind wichtig und sogar am Bandnamen „Oxyjane“ mit schuld, wie Selina erzählt:

Ein FM4 Gästezimmer mit den Lieblingssongs von Oxyjane gibt es am 9. Jänner 2022 auf FM4 zu hören! Mit Musik von: Wolf Alice, Nirvana, Schmieds Puls, Black Francis, The Soft Pack und Indigo De Souza.

„Ich saß in meinem WG-Zimmer und habe ‚Don’t Love Me Like That‘ von Schmieds Puls gecovert. Dabei habe ich das Wort ‚Oxygen‘ so komisch ausgesprochen und gesungen, dass mein Mitbewohner gemeint hat, nennt euch doch einfach… Oxyjane!“

Das mag eine heitere Anekdote sein, tatsächlich ist Oxyjane aber eine Band, die sonst wenig dem Zufall überlässt. Sie jammen nicht, wie sie im FM4 Interview erzählen. Stattdessen wird gezielt an der Umsetzung neuer Songideen gearbeitet. Selina Galka hat eine klassische Musikausbildung absolviert und weiß genau, was sie musikalisch wie in Form bringen möchte. Wenn sie davon erzählt, wie sie ihre Gitarre spielt und wie sie Lieder komponiert, dann wandelt sich das Interview schnell zu einem anregenden Fachgespräch über das Stimmen von Basssaiten.

Mehr Oxyjane auf FM4:

3. Jänner Morning Show
6. Jänner Soundpark
9. Jänner Gästezimmer
12. Jänner House of Pain
19. Jänner Homebase

Textlich sind die Lieder allesamt sehr introspektiv gehalten, etwa die aktuelle Single „Don’t Take it for Granted“: Es geht um Beziehungen, Abgründe, Depressionen und die Schattenseite der Liebe, wenn der Zauber sich gelegt hat, oder anders gesagt, abgelegt worden ist, wie Selina und Lukas erzählen:

„Da geht es um diese ganze Beziehungskiste. Man würde gerne gehen, kann aber nicht, schafft es nicht. Noch nicht. Es geht darum, gefangen zu sein zwischen dem, was man will, und dem, was gut für einen wäre. Alles könnte so einfach sein: Wenn du nicht du wärst und ich nicht ich.“

Solche Themen kommen bei Oxyjane aber nie fordernd oder mäandernd daher. Oxyjane hält es vielleicht eher mit der Tradition von 90s-Ikonen wie Mazzy Star oder den Breeders: Ein druckvolles Instrumentarium trägt die Songs, über denen ein harmonischer und verträumter Gesang thront. Also die Musik, die heute auch als Wegbereiter des sogenanntem Dream Pop à la Beachhouse gehandelt wird. In vielen Momenten hat die Stimme von Selina Galka aber auch sehr viel von Nina Persson von den Cardigans.

Neue Platte, viele Konzerte, so wird 2022

An eine große Tour wird aktuell gedacht, denn im Frühjahr wird dann das erste längere Album der Band bei Numavi Records erscheinen. Die Platte wird den Titel „0 2 9“ tragen. „Zero, Two, Nine“: Das ist, wie der Bandname, ein Wortspiel. Etwas schneller und flapsiger ausgesprochen klingt das wie „Serotonin“. Erste Lieder der kommenden Platte tragen Titel wie „Heavy Heart“ oder auch „Trash“. Die Songs klingen wunderbar zeitlos, sodass man beim ersten Hören gar nicht einordnen kann, ob diese Musik bereits vor 25 Jahren oder eben erst gestern entstanden ist.

Plattencover: Swimmingpool und reich gedeckter Tisch

Numavi Rec

„0 2 9“

Das ist eben das Schöne, wenn Musik auf gut gemachte Art und Weise mit Referenzen spielt. Sie klingt nie wie ein Abklatsch einer vergangenen Zeit, sondern wie eine spannende, neue Idee davon. Wie eine Variation, die auf einer höheren künstlerischen Ebene operiert. Oxyjane sind im allerbesten Sinne eine Band, die den aktuell sehr präsenten 90s-Hype aufgreift und es schafft, eine Brücke zwischen den Generationen zu schlagen. Musikfans, die die 1990er Jahre noch miterlebt haben, werden mit Oxyjane ebenso viel anfangen können wie spätgeborene, die heute erst diese Dekade feiern.

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