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Michelle Zauner

Barbora Mrazkova

Die US-Musikerin Michelle Zauner alias Japanese Breakfast als Buchautorin

Die US-Amerikanerin Michelle Zauner macht unter dem Namen Japanese Breakfast Musik. Zuletzt hat sie aber auch ein Buch geschrieben. In „Tränen im Asia-Markt“ geht es um das Andersein, Identität, den Traum vom erfolgreichen Musikmachen, vor allem aber um den frühzeitigen Tod ihrer aus Südkorea stammenden Mutter. Das Buch wurde in den USA ein Überraschungserfolg.

von Eva Umbauer

Michelle Zauner hat als zweiten Vornamen den Namen Chongmi. So hieß ihre Mutter. Michelle war erst Mitte 20, als ihre Mutter die Krebsdiagnose erhielt. Michelle lebte damals in Philadelphia, also ziemlich weit weg von ihrer Heimatstadt in Oregon, im Nordwesten der USA. Nach Philadelphia war sie zum Studieren gegangen und blieb dann dort, um ihre Band namens Little Big League voranzubringen.

„Mein neues Zuhause war weit von dem meiner Kindheit entfernt, wo alles in einem tadellosen Zustand und an seinem vorgesehenen Platz gehalten wurde, wo die Möbel und die restliche Einrichtung sorgfältig nach den Vorgaben meiner Mutter zusammengestellt worden waren. Die Regale in unserem WG-Wohnzimmer waren aus Sperrholz und Betonsteinen, die Ian, mein Schlagzeuger und Mitbewohner, voller Stolz von einem Haufen Sperrmüll gerettet hatte. Unsere Couch war eine der hinteren Sitzreihen aus dem Fünfzehnsitzer-Van, den wir für unsere Touren benutzten.“

Von Little Big League zu Japanese Breakfast

Mit Little Big League veröffentlichte Michelle Zauner zwei Alben; das Ende der Band kam aber, als Michelle aus der Anonymität der Großstadt heim in das abgelegene Eugene, Oregon zog, um ihre schwer erkrankte Mutter zu unterstützen. Der Verhältnis der beiden war nicht immer einfach. Chongmi war für ihre Tochter eine fördernde Mutter gewesen, aber auch eine fordernde. Manchmal, so dachte das heranwachsende Kind, begriff die Mutter einfach gar nichts.

„‚Du weißt nicht, wie es ist, das einzige koreanische Mädchen auf der ganzen Schule zu sein‘, ließ ich mich bei meiner Mutter aus, die mich nur verständnislos ansah. ‚Aber du bist doch keine Koreanerin‘, sagte sie. ‚Du bist Amerikanerin.‘“

Michelle Zauner und ihre Mutter hatten jedoch immer wieder über das Essen zusammengefunden. Gemeinsam kochten sie wunderbar aussehendes, duftendes und schmeckendes koreanisches Essen. Als die Mutter schließlich ihre unheilbare Krankheit nicht mehr aufhalten kann und stirbt, geht Michelle zum Trauern regelmäßig in den asiatischen Supermarkt der Stadt. Es ist ein Ort, an dem sie sich der Mutter nahe fühlt und wo sie weinen kann.

H Mart

"Tränen im Asia-Markt" - Michelle Zauner

Ullstein Buchverlage

„Tränen im Asia-Markt - Eine Geschichte von Trauer, Liebe und koreanischem Essen“ wurde aus dem amerikanischen Original, „Crying in H Mart - A Memoir“, von Corinna Rodewald für den Ullstein Verlag ins Deutsche übersetzt.

Der H Mart ist eine koreanisch-amerikanische Supermarktkette, die sich auf asiatische Lebensmittel spezialisiert hat. Das H steht für Han Ah Reum, eine koreanische Wendung, die sich in etwa mit „ein Arm voll Lebensmittel“ übersetzen lässt. Im H Mart scharen sich, so Michelle Zauner, etwa allein in die USA gekommene junge Leute, um genau die Marke Instantnudeln aufzutreiben, die sie an zu Hause erinnert.

„Hier kaufen koreanische Familien Reiskuchen für Tteokguk ein, die Suppe, die an Neujahr serviert wird. Nur hier gibt es ein riesiges Fass voller geschälter Knoblauchzehen, denn nur hier weiß man, welche Unmengen an Knoblauch für das Essen aus der Heimat tatsächlich benötigt werden.“

Humor

Michelle Zauner hat sich, obwohl sie schon in so jungen Jahren mit dem Tod der Mutter konfrontiert wurde, Humor bewahrt. Auch wenn sie vom Krankenhaus schreibt, in dem ihre Mutter lag, schwingt Humor mit, neben den herzzerreißenden Szenen, die ein Krebstod für die Angehörigen mit sich bringt. Dass Zauner nun darüber geschrieben hat, brachte ihr „closure“, wie sie sagt, also dass sie abschließen konnte mit dieser so schwierigen Zeit ihres Lebens.

Dieses Abschließen ist auch am aktuellen Album von Michelle Zauner aka Japanese Breakfast zu hören. „Jubilee“ ist zum Großteil viel poppiger und freudvoller als ihre beiden ersten Alben.

Michelle Zauner hat an der Universität auch kreatives Schreiben studiert. Insofern ist es gar nicht so überraschend, dass die Musikerin nun auch Autorin ist. Bereits vor fünf Jahren schrieb sie für das amerikanische Magazin „Glamour“ einen Artikel über den Tod ihrer Mutter, zwei Jahre später dann wieder einen - unter dem Titel „Crying in H Mart“ für das US-Wochenmagazin The New Yorker. Aus Letzterem entstand schließlich das Buch.

Angst vor diesem Buch-Projekt hatte Zauner nicht wirklich, schließlich hatte sie als Musikerin schon viele Songs geschrieben und ganze Alben veröffentlicht, was ja auch etwas ist, wofür man zumeist einen recht langen Atem braucht.

Liebeserklärung

„Tränen im Asia-Markt" ist eine wunderschöne Coming-of-Age Story, die ganz eigen und besonders ist, gleichzeitig aber auch universell berührend. Es handelt sich um eine Liebeserklärung an jene Person, die Michelle Zauner geformt hat. Es geht um den offenen Umgang mit dem Thema Tod, um Trost, um Identität, um das nie wirklich ganz Dazugehören - "...als wäre ich eine Außerirdische oder eine exotische Frucht“.

Das Buch handelt von quirligen Sommernächten im Familienurlaub in Seoul, von Musik und vom jüdisch-amerikanischen Vater, zu dem Michelle kaum eine Beziehung hat. Es ist eine sehr persönliche Erzählung voller Lebenshunger, und so ganz nebenbei hat die Autorin Michelle Zauner der Musikerin Michelle Zauner aka Japanese Breakfast einen ordentlichen Boost gegeben. „Tränen im Asia-Markt“ fand sich nach der Veröffentlichung letztes Jahr gleich auf Platz 2 der Bestsellerliste der New York Times.

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