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Screenshot aus dem Computerspiel "Stray"

Blue Twelve Studio

Persönliche Games-Empfehlungen fürs neue Jahr

Kann ein Computerspieljahr besonders gut oder besonders schlecht sein? Eigentlich liegt es immer im Auge der Betrachtenden. Games gibt es mittlerweile für jeden Geschmack, und das wird sich im Spielejahr 2022 nicht ändern. Deshalb gibt es an dieser Stelle eine persönliche Empfehlungsliste.

Von Robert Glashüttner

Was gefällt einem, was nicht? Kommt ein neuer Teil der eigenen Lieblingsserie raus oder dauert es noch etwas länger? Ist man eher der Riesengame-Typ, die oder der seit Jahren dasselbe Spiel spielt, wo man dann auf neue Modi oder Inhalte hofft? Steht man auf innovative Indie-Games, wo man oft mit einer spielerischen Wundertüte überrascht wird? Oder ist man eher im klassischen Triple-A-Bereich gut aufgehoben, wo hochpolierte Games einen ein paar Tage bis mehrere Monate lang gut unterhalten bis man zum nächsten Titel weiterzieht?

In welche Kategorie man auch fällt: Die zahlreich verästelten Welten der Computerspielkultur und der Gamesindustrie bedienen einen immer irgendwie - sofern man nur gut genug hinschaut, was es gerade Neues gibt. Natürlich geizt auch 2022 nicht mit großen Ankündigungen, verblüffenden Überraschungen und etablierten Marken und Figuren. Ich habe mich durch die in den nächsten knapp zwölf Monaten erscheinenden Spieletitel gewühlt und meine zehn Favoriten rausgepickt.

„Citizen Sleeper“

Unser Hauptcharakter hatte offenbar keinen guten Job, sonst wäre sie oder er nicht vor ihm geflüchtet. Nun sind wir auf einer heruntergekommenen Raumstation gelandet, wo es ebenso gefährlich wie spannend ist. „Citizen Sleeper“ verspricht ein unkonventionelles, storygetriebenes Game zu werden, das sich spielerisch an klassischen Pen-and-paper-Rollenspielen orientiert, wo Ereignisse und deren Ergebnisse ausgewürfelt werden. Hinter dem Spiel steckt der Designer und Autor Gareth Damian Martin, einer der aktuell klügsten Köpfe in Sachen Computerspiel-Sci-Fi, der im Frühjahr 2020 mit dem fantastischen „In Other Waters“ begeistert hat.

„Terra Nil“

Aufbauspiele sind gerade in einer starken Wandlung ausgesetzt. War es in den 80er, 90er und 2000er Jahren noch üblich, sich designtechnisch im klassischen 4X-Konzept zu suhlen (auskundschaften, ausbreiten, ausbeuten, auslöschen; im englischen Original: explore, expand, exploit, exterminate), machen heutzutage Ausbeuten und Auslöschen keinen so schlanken Fuß mehr. Zu recht. Einige Games, darunter auch in die Jahre gekommene Marken wie „Civilization“, legen die Spielziele mittlerweile zumindest teilweise nachhaltiger und diplomatischer an. „Terra Nil“ geht allerdings noch einen Schritt weiter: Hier bauen wir nicht mehr für Menschen, sondern für die Natur bzw. fürs Klima. Alles, was gebaut wird, dient dazu, totes Land wieder fruchtbar zu machen. Dann bauen und hauen wir wieder ab.

„Bomb Rush Cyberfunk“

Manche Games bleiben auch Jahrzehnte später noch im Gedächtnis - selbst, wenn man gar nicht (mehr) genau weiß, wie sie sich eigentlich spielen. Wenn Look und Konzept außergewöhnlich sind, macht das irgendwie auch gar nichts, und wenn auch noch genügend Zeit vergangen ist, setzt dann zusätzlich die Nostalgie ein. Das futuristische Hiphop- und Skate-Game „Jet Set Radio“ aus dem Jahr 2000 ist so ein Fall. Das niederländische Spielestudio Team Reptile (das sich vor allem mit dem bunten Squash-artigen „Lethal League“ einen Namen gemacht hat) werkt derzeit am inoffiziellen Nachfolger „Bomb Rush Cyberfunk“. Das könnte schon ziemlich super werden, doch auch hier wäre es schade, wenn es zu nostalgisch würde. Derzeit sieht es nämlich sehr nach Late-90ies-Revival aus. Was aber auch nicht das Schlimmste wäre.

„Dordogne“

Letztes Jahr ist der Begriff der wholesome games aufgekommen. Damit sind Spiele gemeint, in denen man sich niederlassen und wohlfühlen kann, in denen eine freundliche, vielleicht sogar utopische Welt gezeichnet wird. Das französische „Dordogne“, wo die 32-jährige Mimi nach dem Tod ihrer Großmutter deren Heimatort wieder aufsucht und dort dann diverse Rätselaufgaben lösen muss, passt sehr gut in diese Kategorie. Kitschig ist das im Aquarell-Look präsentierte Spiel trotzdem nicht, vielmehr macht es neugierig auf das, was die sonnenbestrahlte Landschaft so an Überraschungen feilbieten wird.

„Loot River“

Wenn Elemente vermischt werden, deren Zusammenspiel kreativ nur mäßig begabte Menschen sich nicht in ihren kühnsten Träumen vorstellen können, dann ist die Chance groß, dass etwas Cooles dabei herauskommt. Schon jetzt sehr lässig sieht deshalb „Loot River“ aus, ein Hybrid aus „Tetris“ und grimmigem Action-Game im pixeligen Retro-Stil. Bereits im Trailer fühlt sich alles so geschmeidig, viszeral und punktgenau an, dass es schwerfällt, Hype und Vorfreude zu bremsen. „Loot River“ wird federführend von dem eine Zeit lang in der Wiener Indieszene umtriebig gewesenen, slowakischen VR- und Gamedesigner Miro Straka entwickelt.

„Hollow Knight: Silksong“

Ich gebe es zu: Ich habe das originale „Hollow Knight“ damals nur einige Stunden angespielt und es dann aufgrund des schon spürbar großen Umfangs wieder weggelegt. Seither habe ich einige Male die Begeisterung so mancher Spielerinnen und Spieler wahrgenommen, die im positivsten Sinn in das entzückende Metroidvania reingekippt sind. Meine Vermutung war allerdings richtig, denn so 40-50 Stunden braucht es schon, bis man durch das ganze Spiel gereist ist. „Hollow Knight: Silksong“, der heiß erwartete zweite Teil der Serie, verspricht mindestens so umfangreich und entzückend zu werden wie das Original. Egal, wie lange ich es diesmal spielen werde, die Zeit in dieser zauberhaften Unterwelt wird gut investiert sein.

„Saturnalia“

Bleistiftzeichnungen im „Take On Me“-Stil, ein bedächtig groovender Retrowave-Soundtrack und eine kleine Gruppe neugieriger junger Menschen auf einer verwunschenen Insel, die sich immer wieder selbst remixed: „Saturnalia“ präsentiert sich in seinen Trailern schon mal großartig, und dürfte inhaltlich auch einiges zu bieten haben. Das Survival-Horror-Abenteuer erinnert vom Stil her an das famose „Mundaun“ aus dem Vorjahr und hat definitiv das Potenzial, eine der unkonventionellsten Indie-Horror-Veröffentlichungen des Jahres zu werden. Ich freue mich drauf, und außerdem will ich den Pulli der Protagonistin.

„Oxenfree II: Lost Signals“

Bereits ein halbes Jahr bevor die erste Staffel „Stranger Things“ Mitte 2016 veröffentlicht wurde, hat das Adventure-Game „Oxenfree“ einen sehr ähnlichen Vibe versprüht. Eine Gruppe Teenager fährt dabei auf eine verlassene Insel (schon wieder!), eigentlich nur um beim Lagerfeuer am Strand abzuhängen. Das mitgebrachte Radio wird jedoch bald vom beiläufigen Unterhaltungsgegenstand zu einem Tor in seltsame Fremddimensionen. Bei „Oxenfree“ mischt sich launenhaftes Teeny-Geplänkel mit weirdem Glitch-Grusel, der erfreulicherweise nie zu aufdringlich wird. Das dahinter stehende Team Night School Studio wurde letzten Herbst von Netflix für neue Projekte aufgekauft, „Oxenfree II: Lost Signals“ erscheint dennoch wie geplant dieses Jahr.

„Stray“

Endlich! „Stray“ ist eines der ersten Games mit einer nicht-vermenschlichten Katze als Heldin. Damit wir aber in der Cyberpunk-Welt von „Stray“ mit den humanoiden Robotern kommunizieren können, tragen wir praktischerweise unseren KI-Sidekick als Halsband, der die sprachliche Schnittstelle zwischen uns als Spielerin bzw. Spieler und den Figuren, auf die wir treffen, darstellt. Unsere Katze selbst macht, nun ja, kätzische Dinge. Sie klettert, läuft, macht gezielte Sprünge und kratzt sich unendlich gerne an diversen gut befestigten Gegenständen. Blue Twelve Studio, die Firma hinter „Stray“, besteht naturgemäß so gut wie ausschließlich aus Katzen-affinen Menschen, die viele Monate das Verhalten und die Bewegungen der Tiere analysiert haben. Ist aber auch nicht die schwierigste Recherche, schließlich sind Web und Social Media schon seit Jahren voller Katzen.

„Horizon Forbidden West“

Kein Spiel hat mich in den letzten Jahren so geprägt wie „Horizon Zero Dawn“. Nach einem pragmatischen Start bei der originalen Veröffentlichung vor fünf Jahren, bin ich circa ein Jahr später in der post-apokalyptischen Welt von Protagonistin Aloy aufgeblüht (und habe sogar ein Blog dazu erstellt). Aloy ist gütig und hoffnungsvoll, aber ebenso kämpferisch und alles andere als naiv. „Horizon Forbidden West“ setzt die vielschichtige Ambivalenz von atemberaubenden Naturlandschaften und höllischen Killermaschinen in einer wohl noch größeren Spielewelt fort. Diesmal werden die tierartigen Maschinen nicht nur zu Land, sondern auch zu bzw. unter Wasser bekämpft. Doch Beobachtung und Planung sind ebenso wichtig wie die oft nervenaufreibenden Kämpfe, bei denen für den besten Erfolg ständig die originellen Waffen gewechselt werden sollten.

Unter ferner liefen

Spielkultur auf FM4: fm4.orf.at/game

Ebenfalls groß, interessant, ungewöhnlich oder zumindest einen ausführlichen Blick wert sind zehn weitere Spiele, die (voraussichtlich) 2022 erscheinen werden: „The Legend of Zelda: Breath of the Wild 2“, „Starfield“, „Ghostwire Tokyo“, „Elden Ring“, „Little Devil Inside“, „Moss, Book II“, „Nightingale“, „Splatoon 3“, „STALKER 2“ und „Somerville“.

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