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Teocida

Vikintor

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Esoterisch hart

Der ungewöhnliche Pixel-Plattformer „Teocida“ verbindet Hardcore-Plattforming mit originellen Puzzles und jeder Menge okkulten Geheimnissen.

Von Rainer Sigl

Ich sag’s gleich: Ich bin nicht der hartnäckigste, ehrgeizigste Gamer, keiner, der stundenlang den einen perfekten Sprung übt, keiner, der geduldig alles ausprobiert, bis die Lösung eines Rätsels klar wird. Eigentlich müsste mich „Teocida“ aus diesen Gründen absolut kalt lassen, denn in diesem Spiel eines brasilianischen Solo-Entwicklers ist genau das alles gefragt.

In einer bizarren, biomechanischen Welt muss ich in dem Plattformer aus der Seitenansicht immer schwieriger werdende, genau getimte Geschicklichkeitstests bestehen und gleichzeitig fiese Rätsel mit Teleportation und Klonen lösen. Faszinierend ist das vor allem deshalb, weil knapp unter der Oberfläche merkbar dunkle Geheimnisse lauern; und hinter dem Optionsmenü finden sich dann noch seltsame Login-Terminals, verwackelte Schwarzweiß-Fotos und codierte Texttabellen. Mit anderen Worten: „Teocida“ ist als Ganzes ziemlich mysteriös.

Esoterisch und okkult

„Teocida“ sei „eine esoterische Erfahrung in einem Mikrokosmos voller symbolischer Glaubenslandschaften und erotischer Albträume“. Das sagt zumindest sein Entwickler über sein Spiel. Der direkte Vorgänger „Tamashii“ hat Spielelemente und Härte bereits vorgelebt, die verbesserte, grafisch beeindruckende Lo-Fi-Glitch-Horror-Pixel-Ästhetik in „Teocida“ hebt das neue Spiel aber auf ein anderes Niveau.

Als mystische Prophetin tritt man in dieser Welt gegen dämonische Föten, alte abstrakte Götter und bizarre Monstrositäten an, muss Wahrsagetests mit Karten absolvieren und führt Gespräche, in denen es etwa um die „Gnosis der Matriarchin“ geht. Schwurbeligkeit im Gameplay braucht man aber nicht befürchten: Trotz aller gekreuzigten Pixelmonster, schwebender Totenköpfe und okkulter Symbolik ist „Teocida“ ein auf den Punkt designter Plattformer. Der fordert zwar Präzision und Geschick, ist aber dank optionaler Zeitlupenfunktion auch überraschend zugänglich.

„Teocida“ wurde vom brasilianischen Entwickler Vikintor geschaffen und ist auf itch und Steam für Windows erschienen.

Die Rätsel, die hier nicht selten unter Zeitdruck gelöst werden sollen, sind sehr originell geraten; ein wenig Frustresistenz ist aber trotz der genannten Helferlein auf jeden Fall vonnöten. Eine große Community oder ausführliche YouTube-Erklärungen zum Spiel gibt es, zumindest noch, nicht.

Teocida

Vikintor

Geheimnisse ohne Ende

Wie bei „Nix Umbra“ ist auch hier das Aufdecken von Spielelementen, Funktionsweisen und Geheimnissen zentral. Wie dort würde ich das im Wortsinn als „okkultes Gamedesign“ bezeichnen, und zwar nicht wegen der Pentagramme, sondern weil vieles absichtlich verdunkelt ist (lat. occultare, verbergen, verstecken).

Nach fünf Stunden hatte ich zumindest ein allzu offensichtliches Ende des Spiels erreicht, doch jede Menge Fragen waren noch offen, ganze Bereiche des Labyrinths noch nicht betreten und vor allem das hinter den Optionen versteckte „Metagame“ außerhalb des eigentlichen Plattformers noch kaum erforscht. In den (noch raren) Foreneinträgen zum Spiel tüftelten die Puzzle-Pioniere schon an der Entschlüsselung eines Hinweises, für den man allerdings eine Zusatzsoftware zum Analysieren von Soundfiles bzw. Schallwellen zum Einsatz bringen muss. The rabbit hole, it goes deep.

„Teocida“ ist ein ungewöhnliches Spiel, und das mit voller Absicht. Wer Lust auf eine Sammlung bizarrer, vielschichtiger Rätsel hat, die zugleich die Reflexe herausfordern, ist hier richtig. Wer nur wegen der einzigartigen Ästhetik in diese Welt stolpert, wird sich an ihren Geheimnissen und Herausforderungen schnell die Zähne ausbeißen.

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